„Ständig hast du schlechte Träume, Bauchschmerzen und dazu noch blaue Flecken. Außerdem findest du dein Matheheft auch nicht.“ Die Mutter macht sich ernsthafte Sorgen um ihre Tochter Sabrina, die in die sechste Klasse geht. Wieder einmal ist die Schülerin schweißgebadet aus einem Albtraum aufgewacht. Sabrina geht es wie vielen Kindern und Jugendlichen, die jeden Tag systematisch ausgegrenzt, gedemütigt oder geschlagen werden. Kinder, deren Schulzeit durch Mobbing-Attacken ihrer Mitschüler zur Qual wird.
Mit dem Thema Mobbing befasste sich am Montag auch das Schauspielteam Sarah Hieber, Sandra Pagany und Olaf Dröge von Theater Eukitea aus Diedorf (Landkreis Augsburg) in seinem Theaterstück „Raus bist Du!“. Etwas über 300 Schüler der sechsten und siebten Jahrgangsstufen aus Mittelschulen des Landkreises Lichtenfels sahen gestern im Verlauf von zwei Aufführungen in der Peter-J.-Moll-Halle das Stück, welches ohne Schuldzuweisung die Entstehung und Wirkungsweise von Mobbing aufzeigt. Neben der Sensibilisierung für das Thema werden am Ende auch Handlungsstrategien aufgezeigt. „Wichtig ist, dass solche Themen auch aufgegriffen werden“, erklärt Reinhold Zellmann, Konrektor an der Adam-Riese-Mittelschule. Allzu oft passierten Mobbing-Attacken auf dem Pausenhof oder dem Nachhauseweg. Eltern oder Lehrer würden dies meistens erst relativ spät erfahren.
In einer Rückblende zeigt das Theaterstück auch, wie Mobbing entsteht. Eigentlich ist es eine ganz normale Klasse, in die Sabrina geht. Ihr Leidensweg beginnt, als sie ihrer Mitschülerin Daniela verwehrt, die Mathehausaufgabe aus ihrem Heft abzuschreiben. Weil sie ihre Hausaufgabe nicht hat, bekommt Daniela Ärger mit dem Lehrer und daraufhin zwei Wochen Hausarrest von ihren Eltern. Danach vergeht kaum ein Tag, an dem sich Daniela nicht über Sabrina lustig macht oder sie vor der gesamten Klasse bloßstellt.
Mitschüler Johannes würde ihr gerne helfen, aber er fürchtet, selbst in die Schusslinie zu geraten. Als Einzige ihrer Klasse wird Sabrina nicht von ihrem Mitschüler Martin zu dessen Geburtstagsparty eingeladen. „Mobbing kann jeden treffen, nicht nur die Schwachen“, sagt Sandra Neubert, Jugendsozialarbeiterin an der Adam-Riese-Mittelschule in Bad Staffelstein, die gemeinsam mit Kerstin Heinlein vom Landratsamt die Theateraufführung organisiert hat. Finanziell unterstützt wurde der gewaltpräventive Vormittag durch die Kampagne „Gesund.Leben.Bayern.“
Schülern, die von Mobbing betroffen sind, rät Jugendsozialarbeiterin Sandra Neubert, sich Hilfe durch eine Person des Vertrauens zu holen. Das können Lehrer, Eltern oder die Jugendsozialarbeiter an Schulen sein. In dem Theaterstück bittet Sabrina ihren Klassenlehrer um Hilfe. Dem Pädagogen geht es nicht um Schuldzuweisung, sondern um die Frage, was jeder Einzelne tun kann, damit sich Sabrina wieder in der Klassengemeinschaft wohlfühlt.
Eine Frage, die die Schauspieler an ihre jungen Zuschauer weitergaben. Die Antworten lauteten: Sich mit Sabrina anfreunden, Daniela sollte sich bei Sabrina entschuldigen und sie fortan in Ruhe lassen.