Flohmarkt – das sagt sich so leicht dahin. Aber es gibt Unterschiede, Geschichten und Einblicke. Wer dabei sein will, muss oft früh aufstehen. Sonntagsbeobachtungen zu einem Phänomen, bei dem es nicht allein um Geld geht.
Manuela Schneider trägt eine gelbe Weste. Dann und wann. Das kennzeichnet die Burgkunstadterin beim Durchschreiten des Geländes Rewe-Parkplatz als Autorität und Veranstalterin. „Marktleitung Manu“ steht auf der Weste geschrieben. Und Marktleitung Manu ist erfahren in ihrem Tun. Seit 2007 finden Flohmärkte auf dem hiesigen Parkplatz statt, seit einigen Jahren unter ihrer Ägide.
„Das ist meine Familie“
Manuela Schneider, Marktleiterin über die Händler
Doch Flohmarkt sagt man nicht mehr, eher liest und spricht man hier von Trödelmärkten. Für 21 solcher Märkte zeichnet Schneider allein zwischen Juni und Juli verantwortlich, verstreut in ganz Oberfranken. „Das ist meine Familie“, sagt sie über die Händler, die oft schon in den frühesten Morgenstunden unter einem bewölkten Himmel ihre Waren drapieren. Man kenne sich untereinander, erklärt Schneider und geht noch weiter: „Wenn einer Geburtstag hat, bringt oft wer einen Wein mit.“ Und einmal, als eine Trödlerin zur Witwe geworden war, hätten viele Händler zum Zeichen der Verbundenheit spontan eine Kollekte für die Frau organisiert. „Da ist Zusammenhalt da, das glaubt kein Mensch“, betont Schneider.
Die Frau mit dem Hut
Petra Emily ist die „Frau mit Hut“ und eine Erscheinung. 100 Hüte habe sie in ihrem privaten Gebrauch. Und was sie privat nicht in Gebrauch hat, das hat sie hier. Das fiel auch einer Verkäuferin aus Lichtenfels auf, die einen wohlwollenden professionellen Blick auf die Art und Weise mancher Warenpräsentation warf und davon sprach, dass es Stände gibt, auf denen mal mehr, mal weniger Inspiration zu erkennen ist. „Ich freue mich, dass andere Leute noch Freude daran haben. Deswegen gebe ich es nicht in die Altkleidersammlung“, erklärt die Frau mit Hut ihren Beweggrund zur Teilnahme.
Seit geraumer Zeit aber hätten sich die Flohmärkte verschlechtert. Das sage sie aus eigener Beobachtung heraus und nennt Gründe. „Vor fünf, sechs Jahren wurde einem die Ware noch aus den Händen gerissen. Das ist vorbei. Die Kunden klagen, dass sie kein Geld mehr hätten.“ Zudem erführen Trödelmärkte noch von anderer Seite Nachteile: „Es sind halt auch Billigangebote aus dem Boden geschossen“, so die Frau zu Billig-Discountern. „Das sind Sachen, die Flohmärkte im Laufe der Jahre vernichten werden“, zeigt sich die Haßfurterin überzeugt. Ihre Laune bessert sich wieder, als sie zu ihren Hüten gefragt wird. In Coburg habe mal ein Hutladen zugemacht. Von dort habe sie daraufhin Hüte und Rohlinge bekommen und selbst verziert.
Ein absoluter Abzeichenexperte
Einer, der über seine Waren gut Bescheid weiß, ist Roland Gallasch. Der Rödentaler hat es mit Militär und Kordeln und Litzen und Abzeichen. Und mit Hintergrundwissen. Dann zeigt er eine Erstaunlichkeit vor. Burberry, jene seit 1856 existierende Luxusmarke für edle Bekleidung, fertigt auch gestickte militärische Abzeichen an. Von „Bouillonstickerei“ ist die Rede und davon, dass Militärabzeichen prunkvoller verarbeitet werden, je weiter man nach Osten geht. Eine der schmuckvollsten Litzen, die Gallasch in diesem Zusammenhang vorzuzeigen weiß, stammt aus Kasachstan.
Gallasch lebt von Trödel und von Warenan- und abkauf. Er durchforstet für Käufer von Militaria das Internet und sei zweimal pro Woche unterwegs. Als Bezugsquelle nennt er eine Weißenburger Uniformstickerei, die nach Insolvenz wohl ins dortige Stadtarchiv eingelagert habe.
Gelbes Faxgerät gesucht
So kurios die Händler, so kurios mitunter auch das Publikum. Ein Mann sucht ausgerechnet nach einem gelben Faxgerät. Begründung: „Ich habe viele gelbe Sachen in der Wohnung.“
Kommen wir noch mal zurück zur „Marktleitung Manu“. Manuela Schneider mag den Standort Bad Staffelstein, weil „wir auch Kurgäste da haben, ein ganz anderes und wechselndes Publikum“. Tatsächlich sprechen nicht wenige Händler davon, sich eben auch gerne in Gespräche zu begeben und nicht einfach nur das Verkaufen im Sinn zu haben. Viele sind selber Sammler und mögen auch das Fachsimpeln mit anderen am Stand.
Die Solidarität untereinander fiel auch einer Besucherin auf: „Wenn da einer seinen Stand mal verlässt, passt der Nachbar darauf auf, dass dort in der Zwischenzeit keiner stiehlt.“ Familiäres Verhalten eben.