Kaum eine Wolke stand am Himmel und abends war es noch annähernd 30 Grad warm. Einen Raunen ging durch das Publikum, denn obwohl das Konzert schon beginnen sollte, strömten noch Besucher herein und auf der Bühne fächerte sich eine Violinistin in rotem Kleid sich Luft zu. Dann betrat das zwölfköpfige Orchester die Seebühne und der Kammerton A erklang. Vom Badesee her waren fröhliche Stimmen zu hören. Der Sommer zeigte Präsenz und alles erinnerte an ein Promenadenkonzert.
Dirigent Markus Elsner eröffnete die „Nacht der Tenöre“ bei hellem Sonnenschein und teilte mit, dass vor einigen Tagen „zwei von drei Tenören krank geworden“, doch es sei gelungen, das seit Monaten geplante Konzert dennoch zu retten, da sich kurzfristig Ersatz fand. Jubel im Publikum und das Orchester hebt zu spielen an: die Ouvertüre aus „Barbier von Sevilla.“ Deutlich wurde, dass auch ein personell reduziertes Orchester klanglich zwar in Richtung Kammermusik tendiert, aber darum noch lange nicht dünn klingen muss.

Meister der Töne und Pausen
Und dann trat er auf, der erste Tenor und erste Ersatzmann: Roberto Ortiz aus Mexiko. Dass er kurzfristig einspringen konnte, hatte auch damit zu tun, dass er in Franken ein berufliches Engagement hat. Dirigent und Moderator Elsner erklärte, dass dieser Mann auch schon in der Carnegie Hall gesungen hat. Ortiz begeisterte mit seiner Arie „Lunge da lei“ aus „La Traviata“ als Sänger, der Töne und sogar Pausen perfekt ausformt.
Ein Weltstar ist auch Han Bo Jeon, der aus Korea stammt und inzwischen in Nürnberg lebt. Mit „Una furtiva lagrima“ von Donizetti interpretierte er eine der schönsten Melodien des Abends, bevor sich mit Oscar de la Torre der zweite Ersatzmann vorstellte. Abermals ein Mexikaner, abermals jemand, der für seine eindrucksvolle Darbietung von Lehars „Dein ist mein ganzes Herz“ Bravo-Rufe erntete.

Infotainment bot Dirigent Elsner neben der Orchesterleitung. Unterhaltsam erklärte der Kapellmeister in Doppelfunktion dem Publikum Hintergründiges zu den Darbietungen. Und wer hätte schon gewusst, dass der Tango-Sänger und Komponist Carlos Gardel (1887-1935) in Argentinien in so hohem Ansehen steht, dass man zu seiner Musik eben nicht tanzt? Heiter-wissenswert war auch die Information, dass Rossini mit dem Komponieren der Arie „La danza“, die alle drei Tenöre gemeinsam sangen wurde, mal eine Zeche im Schankhaus bezahlte. Es waren auch Dinge wie diese, die den den Abend mit den drei Tenören und den Mitgliedern der Frankfurter Sinfoniker zu einem Erlebnis machten.
Der „Wow“-Moment
Später, als alle drei Tenöre „Nessun dorma“ sangen, fand eine Frau in schwarz-weißem Kleid den für sie den passenden Kommentar: „Wow!“ Als sie zum Applaudieren aufstand, taten es ihr viele im Publikum nach. Dass der Abend so gut verlaufen könnte, war so nicht zu erwarten, wenn man sich an einem traditionellen Künstleraberglauben orientieren wollte, dass eine gelungene Generalprobe ein schlechtes Omen für ein Konzert sei. Doch Dirigent Elsner erklärte, nicht abergläubisch zu sein. Nach 18 Darbietungen, darunter zwei Zugaben, war Schluss. Es dunkelte schon, die Nacht brach herein, doch die Nacht der Tenöre war vorüber.