Zwei meterlange Betonklötze versperren die Zufahrt zur Apotheke am Obermain in Ebensfeld. Wie überdimensionale Legosteine wirken die Barrieren, von denen vier weitere die angrenzende Fläche blockieren, die bisher von den Kunden der Apotheke als Parkplatz genutzt wurden. Apothekerin Claudia Latteier war schockiert, als sie die Klötze vor der Tür sah. Sie wusste sich nicht anders zu helfen, als den Kunden mit einem Flugblatt mitzuteilen, dass der Betrieb trotz der Blockade weitergeht. Das Flugblatt wurde im Internet verbreitet und hat bei den Lesern mächtig für Kopfschütteln gesorgt. So hat es auch die OT-Redaktion erreicht.
„Einige Kunden haben gefragt, ob wir überhaupt noch offen haben.“
Claudia Latteier, Apotheke am Obermain
„Einige Kunden haben gefragt, ob wir überhaupt noch offen haben“, berichtet die Apothekerin. Seitdem stellt sie jeden Morgen ein Schild mit dem Hinweis „Apotheke geöffnet“ vor die Betonklötze. Sie ist über die Blockade schockiert. „Mir fällt dazu nichts ein“, sagt sie hilflos. Noch sei die Beeinträchtigung nicht geschäftsschädigend, doch auf längere Sicht könnten ältere und gehbehinderte Kunden, denen der Weg zum rund 30 Meter entfernten Parkplatz zu mühsam sei, ausbleiben. Seit 16 Jahren betreibt sie die Apotheke und beschäftigt dort sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Die Eingangstür liegt wegen des schmalen Gehsteigs an der Hauptstraße seitlich am Gebäude und ist nur über das Nachbargrundstück zu erreichen. Das war bisher kein Problem. Der Nachbar stellte der Vermieterin des Gebäudes die Fläche vor dem angrenzenden Baumarkt als Parkplatz für die Apotheke zur Verfügung und erhielt dafür im Austausch Stellplätze auf dem an den Markt angrenzenden Grundstück.

Nachdem der Baumarkt Ende Mai geschlossen hat, benötigt der Nachbar diese Stellplätze nicht mehr und fordert für die bisher genutzte Fläche Miete. „Wenn es ein realistischer Betrag wäre, würde ich ihn zahlen, aber für die Summe könnte man ein Wohnhaus mieten“, sagt die Apothekerin. Das rechne sich für eine Fläche von rund 120 Quadratmetern nicht, auf der ihre Kunden meist nur einige Minuten parkten.
Der Nachbar fordert Miete, doch die ist der Apothekerin zu teuer
Prompt hat der Nachbar die Fläche blockiert. „Das ist mein Grundstück, wer es nutzen will, kann es mieten“, betont Nachbar Joachim Raab auf Anfrage. „Ich würde es als großzügig bezeichnen, dass ich den Eingang, der auf meinem Gelände liegt, nicht gleich komplett gesperrt habe.“ Er habe die Stellplätze für den Baumarkt schließlich auch nicht ohne Gegenleistung bekommen. Wenn er den Markt ausräume, brauche er die Fläche, um Container aufzustellen. Eine neue Nutzung des Gebäudes sei noch nicht absehbar.
Weil Raab ab August auch den Zugang über sein Grundstück untersagen will, hat sich die Claudia Latteier entschlossen, den Eingang zur Hauptstraße hin verlegen zu lassen. Da der Gehweg zu schmal ist, muss die Ecke des Hauses geöffnet werden, um einen barrierefreien Zugang zu ermöglichen. Dadurch verliert die Apothekerin nicht nur Schaufensterfläche, sondern auch der Verkaufsraum wird kleiner. Sie hoffe, dass der Umbau ohne längere Schließung möglich ist.
Bürgermeister Bernhard Storath will die Apotheke auf jeden Fall in Ebensfeld halten. Er will mit dem Nachbarn verhandeln und prüfen, welche Möglichkeiten es für eine Einigung gibt. Wenig Hoffnung hat er allerdings, dass der Zugang über das Gewohnheitsrecht gesichert ist, denn das gilt nur für Feld- und Waldwege, nicht für Grundstücke im Ortskern.