Esther Schadt brillierte an der Rieger-Orgel der Basilika Vierzehnheiligen am Samstag. In gut 15 Meter Höhe spielte sie auf der Empore. Ihr Dankeschön für ein Stipendium des Bamberger Richard-Wagner-Verbands gelang nach Noten. Die junge Musikerin aus Lichtenfels meisterte dabei auch eine kleine historische Einmaligkeit. Beobachtungen am Rande.
„Ist es schon 18 Uhr?“, fragte Esther Schadt auf der Orgelempore den Regionalkantor Georg Hagel. Er ist ein Förderer der 24-Jährigen. Bei hat sie ihre Ausbildung zur nebenberuflichen Kirchenmusikerin abgeschlossen. Sie will pünktlich sein, alles richtig machen. Denn heute wird ihr vor Publikum ein Diplom verliehen. Aus den Händen des Stipendienbeauftragten des Bamberger Verbands, Harald Schneider, sowie unter den Augen von Ulrike Müller, der Vorsitzenden dieses Verbands. Vor allem aber unter den Augen von Konzertbesuchern. Und nahezu alle Bankreihen waren gefüllt. Doch hätte Esther Schadt von der Orgelempore aus nach oben über die Pfeifen geblickt, hätte sie etwas entdecken können: die große runde Uhr. Menschelnde Vergesslichkeit im Eifer des Gefechts.

Bach muss es sein
Es folgt ein Auf und ein Ab. Nach einem Präludium und Fuge in G-Moll des von Ester Schadt verehrten Johann Sebastian Bach wird sie am Gnadenaltar erwartet, um die Auszeichnung entgegenzunehmen. Sie sputet sich, nach unten zu kommen, stellt sich freudig dem Prozedere und in ihren Dankesworten bedenkt sie auch ihre Oma und ihren Opa. Posthum. Spätestens jetzt dürften die Besucher die junge Lichtenfelserin, die als Grundschullehrerin im Landkreis Kronach arbeitet, ins Herz geschlossen haben.

Wieder sputet sie sich, sie muss erneut die Stufen zur Orgelempore hinauf. Dann beginnt sie mit Bachs Choral „Jesus bleibet meine Freude“ in G-Dur. Schadt arbeitet an akustischen Schwebezuständen. So ist das bei Bachs berühmten Choral, dessen sich wiederholender Melodiefolge man nie überdrüssig wird.
Musik und Architektur
An der Seite der Orgelempore liegt eine weitere Empore. Freunde, Kollegen, Verwandte und ihre Mutter Dagmar Schadt haben hier Platz genommen. Mit Blick auf die Organistin und mit Blick auf das, was sie leistet. Die Rieger-Orgel ist gewaltig und vor ihr wirkt die junge Frau winzig. Dieses Bild bleibt auch erhalten, als Georg Hagel während mancher Stücke bei Schadt steht.
Und während vom Gang zur Seitenloge Licht einfällt, passen Schadts Töne zu dem Blick aus einem aus 162 Scheiben bestehenden Fenster auf die nördlich gelegenen Mittelgebirgslagen des Thüringer Waldes. Schnee liegt dort auf den Kämmen. Man möchte es kaum glauben. So wie man die Schönheit des Klangs kaum glauben mag. Hier oben, wo man den Tönen näher ist, scheint man auch ihrer Absicht näher.
Esther Schadt spielt Alexandre Guilmants Invocationen in B-Dur, Opus 18. Wenn man es leise genug anstellt, lässt sich zur Musik auch die Seitenloge erkunden. Als Schadt Lemmens Fanfare in D-Dur in all ihrer Kraft und schlichten Erhabenheit vorbrachte, lohnt der Blick auf das ergriffen wirkende Publikum. Und oberhalb einer Putte ist ein geschwungenes Halbrund aus Stuck zu sehen. Blickt man durch dieses Halbrund auf die Orgel, untermalt Schadts Musik die Schönheit luftiger Räume. Architektur und Musik scheinen sich zu vermählen.

Ovationen und eine Zugabe
Johann Sebastian Bach, Nicolas Jacques Lemmens, Alexandre Guilmant, Théodore Dubois, Dennis Eliot, Marko Hakanpää und Léon Boellmann – alles große Orgelkomponisten, die Ester Schadt interpretiert. Sie macht das so meisterlich, wie es von ihr erwartet wird. Am Ende wird sie von der Orgelempore aus dem ihr Ovationen spendenden Publikum winken. Noch später wird sie lächelnd zugeben, sich „natürlich“ auch mal verspielt zu haben.
Sie gilt als studierte Virtuosin und das, obwohl sie Grundschullehrerin ist. Eine Zugabe gab die junge Frau auch, das forderte das Publikum mit lauten Bravo-Rufen.