Bekannt ist, dass die Querkela den Staffelberg für immer verlassen haben. Der Ort der Überquerung über den Main wird unterschiedlich benannt. Unnersdorf, Nedensdorf oder Wiesen: Hier seien sie mithilfe des Fährmanns weitergezogen. Weniger bekannt ist die tragische Geschichte eines Fährmanns, der wegen eines schrecklichen Erlebnisses mit 51 Jahren seinen Beruf „an den berühmten Nagel gehängt hat.“
Diese Erzählung hat vor fast 100 Jahren die bekannte Sagensammlerin Elise Gleichmann aufgeschrieben. Sie steht in ihrem Buch: „Von Geistern umwittert“ aus dem Jahre 1927. Unter dem Titel: „Die grausige Überfahrt“ findet sich die Geschichte im Buch „Sagen und Legenden des Lichtenfelser Landes“ von E. u. K. Radunz. Wer das inzwischen vergriffene Sagenbüchlein zu Hause hat, sollte sich zum Lesen etwas Zeit nehmen. Die Geschichte wurde im Dialekt aufgeschrieben. Viele Begriffe sind heute nicht mehr geläufig und bekannt.
Fährmann ist es „eiskold den Buggel nunder geloffen“
Der Ort des Fährmanns ist in diesem Beitrag nicht überliefert, es dürfte aber eines der bekannten Dörfer bei Staffelstein sein, wo Überfahrten stattfanden. Es wird berichtet, weshalb ein Mann seinen Fährmannsberuf aufgab. Der Grund war eine nächtliche Überfahrt. Der Fährmann wurde nach Mitternacht mit dem mehrmaligen Ruf: „Huehl übe“ aus dem Schlaf gerissen. Er setzte über zu des Rufers Seite, bemerkte aber in der Dunkelheit keinen Fahrgast. Da sagte er zu sich: „Bevo ich mei Zeid veblembe, dreh ich widde um.“
Da hörte er eine eigenartige Stimme fragen: „Ferch, bisd suweid? Wir sen vier Jächer un hom Wildbredd dabei.“ Schon flogen die Hasen in den Kahn, begleitet von grausigem Lachen, dass es dem Fährmann „ eiskold den Buggel nunder geloffen is.“ Als er übergesetzt hatte, lief er aus Angst schnell in sein Fährhaus; die seltsamen Gäste folgten in die Stube. Dort legten sie ein Pergament für eine Unterschrift auf den Tisch.
Der Frau des Fährmannes wurde es unheimlich; sie begann zu beten. Bei ihren Worten „Heiliger dreieiniger Gott, beschütze uns vor bösen Geistern“ verstanden die eigenartig aussehenden Jäger keinen Spaß mehr. Einer schrie einen schauerlichen Fluch aus, dass es dem Ehepaar durch Mark und Bein ging.
Unter den Fahrgästen: der als Jäger verkleidete leibhaftige Teufel
Der Fährmann erkannte, dass sich hinter einem der Jäger der leibhaftige Teufel verbarg. Das Fährmannshäuschen war bald voller Schwefeldampf und furchtbarem Gestank. Da wusste der Ferch, was er und seine Frau auf dem Pergament unterschreiben sollten: Sie sollten ihre Seele verkaufen. Hartnäckig verweigerten sie sich; so verließen die „Jäger“ im Morgengrauen das Häuschen. Der Fährmann schlich zum Main und wollte nach dem Kahn sehen. Mit großem Schrecken sah er darin einen Mann mit umgedrehtem Genick liegen. Daneben stand ein „Jäger“ mit Pferdefuß, der in den Kahn einstieg und davonfuhr. Dabei rief er dem Fährmann nach: „Hier Dein Lohn, dass Du uns nicht umsonst übergesetzt hast.“
Vor den Füßen des Fährmanns lagen vier funkelneue Dukaten. Er rührte sie nicht an, sondern holte auf der Stelle den Kaplan. Der wollte die Dukaten aufheben; dabei verbrannte er sich die Finger. Daraufhin verließ der Fährmann mit seiner Frau für immer diesen grauslichen Ort; sein ganzes Leben stieg er in keinen Kahn mehr ein.
Fährmann besaß in vielen Kulturen eine mythologische Bedeutung
Der Fährmann ist nicht nur in vielen deutschsprachigen Volkssagen bekannt; er ist ebenso in Mythen, Märchen und anderer Literatur auf der ganzen Welt verbreitet. Die Gestalt des Fährmanns wurde oft mit dem Übergang vom Leben in den Tod assoziiert. Schon in Altbabylon taucht ein namentlich nicht bekannter Fährmann auf. Ebenso in der ägyptischen und griechischen Mythologie.
Zu den bekanntesten Beispielen gehört das Märchen der Brüder Grimm: „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren.“ Dem schlafenden Teufel reißt seine Großmutter ein Haar aus und sagt, sie habe von einem ratlosen Fährmann geträumt, der seiner Aufgabe auf ewig verfangen sei. Der Teufel weiß die befreiende Lösung: Der Fährmann müsse einfach nur die Ruderstange aus der Hand geben, sie dem nächsten Gast in die Hand drücken, dann sei er befreit. Diesen Ratschlag gibt die Großmutter weiter.
Seit 1000 Jahren gibt es Fähren am Main
Der Fährmann wurde am Obermain Ferch genannt, in anderen Gegenden Ferge oder Färer. Im heutigen Sprachgebrauch sagt man Fährführer oder Fahrführerin. Fährleute gab es an vielen Orten; Brückenverbindungen an den Flüssen waren eine Seltenheit. Die Fähre war ein übliches Verkehrsmittel, wenn Reisende keine Furt nutzen konnten.
Die Fähren am Main haben eine lange Tradition. In Würzburg wird schon um das Jahr 1030 ein Fährprivileg vergeben. Die ersten Fähren waren einfache Einbäume; es folgten Schelche und Kähne. Schon im Spätmittelalter transportierten die Fähren auf dem Main ganze Fuhrwerke. Sechs Fährverbindungen gibt es heute noch in Unterfranken.
1816 ersetzte bei Unnersdorf eine feste Brücke den Fährmann
Am Obermain hatte es lange Zeit nur eine Furt zwischen Staffelstein und Unnersdorf gegeben; dort lebte ein Fährmann. Ferche nannte man den Übergang; 1719 erhielt der Ferchenhof durch den Bischof die Braugerechtigkeit. 1816 wurde eine feste Brücke gebaut. Diese Holzbrücke wurde um 1900 durch eine Gitterbrücke abgelöst, die 1936 durch eine neue Betonbrücke ersetzt wurde. Diese überstand nur neun Jahre, sie wurde kurz vor Kriegsende sinnlos gesprengt.
Die heutige Mainbrücke besteht seit 1975. Seit fast 30 Jahren gibt es im Bad Staffelsteiner Land nur noch Hobby-Fährleute, welche für Wanderer und Touristen oder zur Unterhaltung bei Dorffesten mit ihrem Kahn über den Main ziehen.