Schon in der Antike soll die keltische Stadt auf dem Staffelberg so bekannt gewesen sein, dass sie in der Weltkarte des Ptolemaios als Menosgada erwähnt wurde. Ob diese Deutung stimmt, darüber streiten sich Wissenschaftler. Anhand archäologischer Funde ist jedoch belegt, dass auf dem Staffelberg das einzige keltische Oppidum (Stadt) in Franken stand. Das haben die archäologischen Ausgrabungen am Westtor unter Leitung von Dr. Markus Schußmann bestätigt. Jetzt hat der Archäologe unter dem Titel „Menosgada“ einen archäologischen Führer über die keltische Stadt auf dem Staffelberg verfasst. Eine lesenswerte Einführung in die Welt der Kelten und ihre Siedlung.
Nach der Grabung als erstem Stein auf dem Weg zur besseren Erkundung des Erbes der Kelten, sei das Buch der zweite Stein, meinte Landrat Christian Meißner bei der Vorstellung des Werks am Montag in der „Alten Darre“ in Bad Staffelstein. Zwar habe sich die Rekonstruktion des Westtors als zu kostspielig erwiesen, doch sollten die Erkenntnisse der Grabungen zumindest in Form von Eichenpfosten am Standort und einem Informationszentrum präsentiert werden. Über einen Standort werde der Bad Staffelsteiner Stadtrat befinden müssen.
Fibeln als „Leitfossil“ zur Bestimmung der Besiedlungsgeschichte

Auf das Westtor ging Dr. Markus Schußmann in seiner Vorstellung des Buchs nur beispielhaft ein – ist es doch ein wesentliches, aber nur ein Kapitel in der Geschichte der keltischen Stadt. Als eine Art „Leitfossil“ zur Bestimmung der Siedlungsgeschichte beschreibt der Archäologe die Funde von Fibeln (Gewandnadeln aus Metall), deren Form sich mit der Mode änderte und so die Datierung ihrer Herstellungszeit ermöglicht. Obwohl das Plateau des Staffelbergs bereits im fünften Jahrhundert in Form einer Burg oder eines Fürstensitzes befestigt war, entstand das Oppidum erst in einer Phase spätkeltischer Wiederbesiedlung der Region zwischen 180 und 150 vor Christus. Anhand der Fibeln und Münzfunde lasse sich nachweisen, dass die keltische Stadt zwischen 50 und 40 vor Christus verlassen wurde, so Schußmann. Damals gaben die Kelten angesichts eindringender Germanenstämme und der dadurch gestörten Handelsverbindungen viele Siedlungen auf.
Vermutlich der älteste geschotterte Weg Bayerns
Anschaulich erläutert Schußmann anhand der archäologischen Funde die besondere Bedeutung der keltischen Stadt, die Handelsbeziehungen bis in den Mittelmeerraum unterhalten habe. So führte der vermutlich älteste geschotterte Weg Bayerns, womöglich sogar Deutschlands, durch das Westtor in die Stadt. Daneben gibt es Belege für weitere drei Tore. Während die trichterförmige Zangentor-Konstruktion auch von anderen Orten bekannt ist, sei das 9,2 Meter lange Torgebäude aufgrund seiner Bauweise ohne Parallelen. Die Pfostenstärke von 50 bis 60 Zentimetern und die gitterartigen Fachwerkverbindungen lassen auf eine Höhe von bis zu 20 Metern und einen zweistöckigen Überbau schließen. Spannende Details wie Opfergaben beim Bau, der Fund von Schlehensamen und der erhaltene Fußabdruck eines Bauarbeiters im matschigen Boden, die auf eine Bauzeit im Herbst hindeuten, faszinieren den Leser. Sogar Reste vegetarischen Essens wurden an einer Feuerstelle der Bauarbeiter gefunden. Anschaulich geht Schußmann auch auf die Bautechnik der Befestigungen durch Pfostenschlitzmauern aus Eichenpfosten mit dazwischen aufgeschichteten Steinen sowie fachwerkartigen Verstrebungen und Verankerungen in der Böschung ein. Spannend wird die Darstellung durch Beschreibungen der keltischen Krieger und ihrer Waffen anhand von Fundstücken oder die Kleidung der Kelten.
Schmiede waren die wichtigsten Handwerker der Kelten

Bei der Beschreibung der Siedlungsflächen (auf dem Plateau der von einem eigenen Wall geschützte Adelssitz, auf dem darunter liegenden Plateau die Siedlungen der Bauern und Handwerker mit Werkstätten) geht er auch auf die keltische Gesellschaft und ihre Ernährung ein. So erfährt der Leser anhand der Rückschlüsse aus den Funden, dass der wichtigste Handwerker in spätkeltischer Zeit der Schmied war. Anhand von Schlacken ist sogar zu vermuten, dass vor Ort Eisenerz verhüttet wurde.
Ein Überblick über die Geschichte der archäologischen Erforschung des Staffelbergs, beginnend mit Dr. Gustav Roßbach im 19. Jahrhundert, ein Ausblick auf die Besiedlung vor den Kelten sowie auf die keltische Besiedlung in Oberfranken runden die Darstellung ab. Die anschaulichen Erklärungen, zahlreiche Fotos und Grafiken sowie ein Glossar zu den wichtigsten Fachbegriffen machen das Buch lesenswert und regen zu Erkundungen und weiterer Lektüre an.
Das Buch: Markus Schußmann: Menosgada. Die keltische Stadt auf dem Staffelberg.
Reihe: Archäologie in Bayern.
ISBN 978-3-7917-3315-9 (128 Seiten).

Schußmann: Nur Rekonstruktion vermittelt realistischen Eindruck Als Leiter der archäologischen Ausgrabungen bedauert Dr. Markus Schußmann, dass das Westtors der Keltenstadt auf dem Staffelberg nicht, wie ursprünglich geplant, rekonstruiert wird. „Nur eine Rekonstruktion vor dem Gipfelplateau kann dem Betrachter eine Vorstellung von der außergewöhnlichen Größe des Gebäudes und damit auch der Bedeutung des gesamten Oppidums vermitteln“, sagte er auf Anfrage. Die vor Ort installierten Eichenpfosten könnten nur den Grundriss der Anlage markieren. Außerdem seien sie viel kleiner als die von den Kelten verwendeten Pfosten mit einem Durchmesser von 50 bis 60 Zentimetern. Auch eine Visualisierung etwa per VR-Brille in einem Informationszentrum könne ein solches Erlebnis im Gelände nicht ersetzen. Gerade wegen der außergewöhnlich massiven Konstruktion gehe er davon aus, dass das Tor eine Höhe von rund 20 Metern gehabt habe. Das spreche für ein zweistöckiges Torhaus. Aufgrund des Rückziehers werde das Landesamt für Denkmalpflege, das die Ausgrabung des Westtors eigens wegen der Absicht einer Rekonstruktion genehmigt habe, wohl keine weiteren Grabungen auf dem Staffelberg mehr zulassen. Dabei gebe es noch viele Bereiche der Keltenstadt, die nicht erforscht seien – vor allem auf dem unteren Plateau. Mit Blick auf die Diskussion um das geplante Informationszentrum rät der Archäologe zu einem Standort beim Parkplatz in Romansthal. „Wenn es nicht in der Nähe des Denkmals liegt, wird es kaum angenommen“, betont er.