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EBENSFELD: Schaustellerfamilie strandet wegen Pandemie in Ebensfeld

EBENSFELD

Schaustellerfamilie strandet wegen Pandemie in Ebensfeld

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    Schaustellerin Andrea Fuchs in ihrem Süßigkeitenstand. Trotz allem, was derzeit das normale Geschäft und die Einkünfte behindert, lässt sich ein freundliches Lächeln nicht nehmen.
    Schaustellerin Andrea Fuchs in ihrem Süßigkeitenstand. Trotz allem, was derzeit das normale Geschäft und die Einkünfte behindert, lässt sich ein freundliches Lächeln nicht nehmen. Foto: Markus Häggberg

    Man sitzt zusammen, man hat ja Zeit. Was idyllisch klingt, ist an diesem Freitag an der Thüringer Straße in Ebensfeld allerdings auch eine Problem für Andrea Fuchs und ihren Mann Bernhard. Denn eigentlich wären die Schausteller jetzt ganz schön unterwegs, hätten Hochsaison und Einkommen. Aber Corona lässt das nicht zu. Und trotzdem haben sie es nicht verlernt zu scherzen.

    Das Geschäft bleibt in diesem Jahr eingeklappt. Im wahrsten Sinne des Wortes.
    Das Geschäft bleibt in diesem Jahr eingeklappt. Im wahrsten Sinne des Wortes. Foto: Markus Häggberg

    Eine erfrischende Stimme, eine junge Stimme, eine fröhliche noch dazu. Das ist der erste Eindruck, den man von Andrea Fuchs erhält, sobald man sie ans Telefon bekommt. Die Verabredung auf eine Begegnung klappt und ja, sie möchte darüber reden, was Corona mit Schaustellern macht. Oder was die Politik zu Corona mit Schaustellern macht. Aber sie bettet dies in ein Heiterkeit und so ist von Verbitterung keine Spur.

    „Wir kommen vom Verkauf, wir sind an der Front – da will keiner schlechte Laune sehen.“

    Andrea Fuchs, Schaustellerin

    Jeden Freitag und jeden Samstag sind Andrea und Bernhard Fuchs bis auf Weiteres in der Thüringer Straße 2 in Ebensfeld zu finden. Am Freitag um 17 Uhr nähert sich eine junge Frau dem Süßigkeitenstand der „Süßen Hexe“, bestellt zweimal Banane mit Schokoglasur und rundet beim Bezahlen kulant auf. „Was nach Einnahme klingt, ist ein Tropfen auf den heißen Stein“, erklärt Andrea Fuchs freundlich und mit einer Spur Humor. Den braucht sie auch, denn innerhalb der vergangenen drei Stunden hatte sie gerade mal drei Kunden.

    Betritt man das Gelände in Ebensfeld, zu dem eine Lagerhalle gehört, kommen einem so Gedanken. Beispielsweise, dass das Naturbad gleich in der Nähe ist. „Doch an Sommertagen, wenn nicht gerade Kirchweih oder Schützenfest ist, drängt es die Menschen eher zu Eis als zu gebrannten Mandeln, Lebkuchenherzen, Popcorn, Crepes oder Zuckerwatte“, erklärt Andrea Fuchs. Hinzu kommt, dass die Lage nicht zentral ist, etwa am Marktplatz. Eine große Lagerhalle steht hier. Seit Jahresbeginn haben die Eheleute Fuchs hier ihren Fuhrpark stehen: Zugmaschine, eine aufklappbare Autoscooter-Bahn mit Hydraulik, ein Lastwagen-Hänger mit den dazugehörigen Fahrzeugen, eine Kinderschiffschaukel, eine Losbude, zusammengefaltet und zu einer Art Zirkuswagen verräumt. Wie all die Fahrzeuge so nebeneinander stehen, wirken sie trotz Sonnenscheins wie ein kleines verlassenes Dorf.

    Sonst folgte ein Fest auf das andere, jetzt herrscht Stillstand

    Das bin ich, scheint das Bild sagen zu wollen. Andrea Fuchs hat sich mit Süßigkeiten auf Kirchweihen und Schützenfesten in der Region einen Namen gemacht. Aber dieses Geschäftsjahr ist im Grunde gelaufen.
    Das bin ich, scheint das Bild sagen zu wollen. Andrea Fuchs hat sich mit Süßigkeiten auf Kirchweihen und Schützenfesten in der Region einen Namen gemacht. Aber dieses Geschäftsjahr ist im Grunde gelaufen. Foto: Markus Häggberg

    „Das ist der Chef von einem stillstehenden Betrieb“, sagt Andrea Fuchs schmunzelnd und deutet auf ihren Mann. Sie führt in die Halle, wo eine Art langgezogener Wohnwagen steht und wo auch all das in den Regalen lagert, was zu anderen Zeiten an Spielsachen und Stofftieren an Besucher der Los- und Wurfbude vergeben worden wäre. Wenn es denn Kirchweihen gäbe, wenn es denn Schützenfeste gäbe.

    „Auf Kirchweihen sind wir bekannt – seit Generationen“, sagt die Frau mit der roten Schürze. Sie zählt all die Feste und Kirchweihen auf, an denen sie präsent gewesen wären: da wäre ein traditionelles Bratwurstfest gewesen, eine Kirchweih hier, ein Tagesmarkt dort oder ein Kart-Event fürs ganze Wochenende in Sonneberg. Und sie hätten ihren Autoscooter in Ellwangen (Baden-Württemberg) stehen gehabt. Sieben, acht einträgliche Termine, ohne die sie jetzt auskommen müssen. Wenigstens eine Dorfkirchweih sollte doch erlaubt sein, jetzt, wo die die Zahl der Infizierten täglich sinkt: „Wer ist denn auf einer Dorfkirchweih? Das sind ja doch die Leute, die ich im Baumarkt treffe und mit denen ich im Supermarkt eh schon zu tun hatte – die kommen ja nicht aus USA oder Bolivien.“

    Warum dürfen Freizeitparks öffnen, aber die Dorfkirchweih ist verboten?

    Freizeitparks etwa durften nach Pfingsten wieder öffnen, doch Schausteller werden mit Großveranstaltungen in Verbindung gebracht und Großveranstaltungen bleiben verboten.

    Nicht süß, eher bitter: die Krise macht sich bemerkbar.
    Nicht süß, eher bitter: die Krise macht sich bemerkbar. Foto: Markus Häggberg

    Doch abgesehen vom Finanziellen bedeutet der Lockdown für Großveranstaltungen noch, dass „durch den Ausfall von Veranstaltungen auch langjährige Bekanntschaften brachliegen“. Gemeint sind damit Kollegen und Stammkunden, denen man auf Kirchweihen begegnet wäre.

    Einen „kleinen Lichtblick in Aussicht“ habe man dennoch, nämlich Ende Juni in Rattelsdorf. Mit zwei Verkaufswagen werden die Eheleute Fuchs dort auf dem Marktplatz stehen. Ab September sei wieder mit mehr Festen zu rechnen. Doch wie viel ist dann noch von der Saison übrig?

    Seit Mai ist der Stand in Ebensfeld offen. An Freitagen von 14 bis 18 Uhr, an Samstagen von 10 bis 14 Uhr. Im April versuchten es die Eheleute sogar mit einem Lieferservice von Süßigkeiten. Wirtschaftlich kann das kein Erfolg sein, aber der Zuspruch und die Freude der Menschen sei ein „menschlicher Erfolg“ gewesen, weil „man sieht, dass man was richtig gemacht hat.“ Dann erzählt Andrea Fuchs von freundlichen Gesten und Aufmerksamkeiten, die dem Unternehmen entgegengebracht werden. „Was ich jetzt sehr viel habe, ist ein Trinkgeld. Die Leute sind jetzt mehr Trinkgeldgeber.“ Einer habe den Rechnung sogar um rund fünf Euro aufgerundet mit der netten Begründung: „Ich bin Beamter, mich betrifft die Corona-Krise überhaupt nicht, und ihr sollt auch leben.“

    Trinkgeld gibt's jetzt häufiger als früher

    Es ruht der Betrieb, die Fahrzeuge wurden schon länger nicht bewegt.
    Es ruht der Betrieb, die Fahrzeuge wurden schon länger nicht bewegt. Foto: Markus Häggberg

    Dass das mit dem Leben klappt, dafür sorgt auch der Umstand, dass Schausteller fast alles können. Von der Elektrik über die Kfz-Reparatur. Das spart im Falle eines Falles Reparaturkosten. Und Andrea Fuchs hat Einzelhandelskauffrau gelernt und im Speditionswesen gearbeitet – auch das helfe. Aber trotz allem stehe unterm Strich ein Minus. „Gewerbesteuer kriegt der Staat heuer von uns keine“, sagt sie.

    Bei alledem genießt sie aber trotzdem den Ausblick auf das Dreigestirn aus Staffelberg, Ansberg und Kloster Banz. Ihrem Hund „Jacky“ gefalle es hier auch, wenn sie mit ihm Gassi gehend durch die Landschaft streife.

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