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OBERSDORF: Als Dörfer am Obermain verschwanden

OBERSDORF

Als Dörfer am Obermain verschwanden

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    Auf der 1740 entstandenen Feder-Pinselzeichnung vom Feldmesser Wildermann ist die Wüstung Breckendorf im Flurplan der Gemarkung Thelitz eingezeichnet. Links oben als weißer Fleck erkennbar.Repro: Andreas Motschmann
    Auf der 1740 entstandenen Feder-Pinselzeichnung vom Feldmesser Wildermann ist die Wüstung Breckendorf im Flurplan der Gemarkung Thelitz eingezeichnet. Links oben als weißer Fleck erkennbar.Repro: Andreas Motschmann Foto: Andreas Motschmann

    Über 50 Ortswüstungen gibt es im früheren Landkreis Lichtenfels, der bis 1972 bestand. Wir wissen wenig über diese Orte, die „abgegangen“ oder „wüstgefallen“ sind. Dieter George stellt im „Historischen Ortsnamenbuch von Bayern“ im Altlandkreis Lichtenfels fest, ein Schwerpunkt dieser Orte sei im Raum südlich des Mainbogens und zwischen Rodach und Main im Nordosten zu finden. Eine Verdichtung ist um Klosterlangheim, im Dreieck der Orte Oberlangheim-Isling-Lahm, um den Kordigast bei Pfaffendorf und Burkheim, um die Stadt Weismain und auch im Bereich Ebneth-Burkersdorf und um Gärtenroth.

    Meist zeigen Eintragungen in alten Urkunden und auf alten Karten diese Orte. Manchmal weisen Flurnamen auf die Existenz dieser häufig kleinen Siedlungen hin, die von ihren Bewohnern verlassen wurden. Sie suchten ihr Glück bei einem Neuanfang in den benachbarten Orten oder bei Verwandten. Dass auch bedeutende Orte von der Wüstwerdung betroffen sein konnten, zeigt der Fall des ehemaligen Pfarrdorfes Leuchnitz bei Arnstein, das um das Jahr 1528 abgegangen ist. Ursache oder besondere Ereignisse sind aus dem Quellenmaterial nicht ersichtlich.

    Waren Hungersnöte und Pestepidemien die Ursachen?

    Thelitz mit seiner kleinen Kapelle ist ein schmucker kleiner Ort im 21. Jahrhundert.Archivfoto: Markus Drossel
    Thelitz mit seiner kleinen Kapelle ist ein schmucker kleiner Ort im 21. Jahrhundert.Archivfoto: Markus Drossel Foto: Markus Drossel

    Die Gründe für das Entstehen von Wüstungen sind vielfältig. Sie sind nicht mit dem Dreißigjährigen Krieg und eher mit der Pest in Zusammenhang zu bringen. Es gibt in Bayern eine starke Wüstungsperiode im 14. und 15. Jahrhundert. Das damit einhergehende Verschwinden der Siedlungen mutet zunächst recht geheimnisvoll an.

    Die wichtigste Ursache für das Entstehen der Wüstungsperiode bildete der Rückgang der Bevölkerungszahlen, der durch Hungersnöte und vor allem durch die 1347 bis 1351 erstmals auftretende Pestepidemie begründet ist. Als eine Überproduktion von Getreide das Sinken der Getreidepreise bewirkte und so bald zu einem verminderten Interesse an Bodenbewirtschaftung führte, erwuchs daraus die Agrarkrise des späten Mittelalters.

    In den letzten Jahren nimmt die Ursachenforschung die Einbeziehung aktueller umwelt- und klimageschichtlicher Untersuchungen auf, die sich mit dem Übergang zur „Kleinen Eiszeit“ ab dem 14. Jahrhundert erkennen lässt. Im Gegensatz zum 21. Jahrhundert lebten 90 Prozent der mittelalterlichen Bevölkerung auf dem Dorf.

    Zwang die „Kleine Eiszeit“ zum Verlassen der Dörfer?

    Für Mainfranken wurde ein Wüstungsquotient von etwa 20 Prozent errechnet, die Wüstungsanteile in den Mittelgebirgen Steigerwald und Rhön liegen etwa doppelt so hoch. Stärker traf es andere Regionen: Im Eichsfeld, das heute zwischen Niedersachsen, Thüringen und Hessen liegt, machen Wüstungen rund 65 Prozent der ehemals bestehenden mittelalterlichen Siedlungen aus. Mehr als die Hälfte der mittelalterlichen Dörfer sind von der heutigen Landkarte verschwunden.

    Das Verschwinden der Wüstungen ist bewegend. Wir beobachten, wie die Natur das Menschenwerk zurückholt, Steine versenkt und Wald oder Gras darüber wachsen lässt. Fremd klingende Ortsnamen wie Kanna und Wiselaha bei Weismain oder Rimilendorf bei Klosterlangheim kennt niemand mehr. Unscheinbare, leicht übersehbare Relikte: Steinhaufen, ein gepflasterter Weg oder ein Brunnen künden von der Lage einstiger Dörfer und lassen sie in unserer Fantasie lebendig werden. Ab und zu findet ein Bauer beim Pflügen Steine ehemaliger Wohnstätten.

    Hört man das Läuten aus der Tiefe der Erde?

    Immer wieder sind es alte Steine, die uns mit Geschichten und vielen Bildern ein wenig in unsere Geschichte führen. Keine Volkssagen gibt es über Wüstungen. Wohl gibt es Erzählungen über versunkenen Orte, jedoch überwiegen versunkene Burgen oder Orte mit einer Kirche, die wegen einer Sünde oder eines Frevels als Strafe versanken. So hört der Suchende, wenn er an der Stelle des versunkenen Ortes steht und mit dem Ohr auf dem Boden lauscht, das Läuten der Glocken oder das Klagen der unerlösten Seelen.

    In der Nähe einer Wüstung am Obermain gibt es allerdings eine Geschichte vom Haager Männla, das sich vor langer Zeit in einem Wald bei Hochstadt am Main aufgehalten habe. Es gehört zu der Gruppe der unerlösten Seelen. Sie treiben nach dem Volksglauben nachts als lebende Tote ihr Unwesen. Ob es mit dem nicht weit entfernten verschwundenen Ort Breckendorf in Verbindung gebracht werden kann, darf der Phantasie des Lesers überlassen bleiben.

    Wüstung Breckendorf im Flurplan der Gemarkung Thelitz

    Die Wüstung Breckendorf ist einer der wenigen auf der Karte zu findenden verlassenen Orte. Auf der 1740 entstandenen Feder-Pinselzeichnung vom Feldmesser Wildermann ist sie als weißer Fleck im Flurplan der Gemarkung Thelitz erkennbar. Die Wüstung hat dort den Namen Brechendorf. Nach jüngsten Forschungen ist diese Siedlung im benachbarten Obersdorf aufgegangen oder lag südsüdwestlich dieses Ortes und Thelitz.

    Es gibt Hinweise auf die Existenz der Siedlung um 1249, als Iring von Kunstadt den Ort Breikendorf dem Kloster Langheim als Wiedergutmachung für die begonnene Errichtung einer Burg angeboten hat.

    Auf den Spuren dieser ehemaligen Siedlung bei Thelitz spazieren zu gehen, ist ein empfehlenswertes Ziel für einen Sonntagsausflug. Es lohnt sich, den kleinen Ort Thelitz zu besuchen. Neben der St. Andreas-Kapelle sind weitere sechs Gebäude in der Bayerischen Denkmalliste aufgeführt.

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