Eng umschlungen, als könnte keine Kraft der Welt sie auch mit noch so großer Gewalt jemals trennen, tanzen sie vor der Bühne. Blicken sich in die Augen, fahren sich mit ihren Fingern durchs Haar und lauschen auf die Töne, die es ihnen gleich zu tun und sich in Pirouetten durch das Festzelt zu drehen scheinen. „Ich kann den Geist der Musik nicht anders fassen als in Liebe“, so beschrieb schon Richard Wagner die Kunst der Klänge, die es vermag, fremde Herzen in inniger Verbundenheit zueinander zu führen.
Bei den Schmölzer Bluestagen, die am Wochenende stattfanden, wird in den heutigen Tagen deutlich, was Wagner damit wohl meinte. Dutzende Bierbänke reihen sich aneinander, mehr als 100 Gäste haben allein am Samstag den Weg in das Schmölzer Festzelt gefunden. Die „Martin Ketner Band“ aus Tschechien steht auf der Bühne und entlässt die Klänge ihrer Musik in die Welt.
Zupfend und summend, schlagend und singend verwandelt die Musik der tschechischen Blues-Rocker das oberfränkische Zelt in eine Blüte fremder Schönheit. Der Geruch nach frisch ausgeschenktem Bier mischt sich mit dem Gefühl, angekommen zu sein beim Ursprung des Blues, in New Orleans.
Und die Gäste lassen sich scheinbar gerne auf dieses Gefühl der Ferne und der Freiheit ein. Während auf der Bühne der Sänger mit seinem Bassisten darum wetteifert, wer die tieferen Töne zustande bringt, sammeln sich vor der Bühne immer mehr Menschen, um sich dem Rhythmus hinzugeben. Ein Pärchen tanzt, meist eng umschlungen, manchmal vorsichtig einander entziehend, bis sie sich schließlich doch wieder in die Arme des jeweils anderen fallen lassen.
Ein paar wenige Meter weiter gibt sich eine junge Frau mit Blues-Brother-Hut einem wilderen Tanz hin. Er ist reich an Gesten, ausholend und temperamentvoll. Auf fast jeden Trommelhieb des Schlagzeugers hin schnippt mit den Fingern schwingt ihre Arme nach oben, in Richtung Zeltdecke.
In der Mitte vor der Bühne gibt sich eine Tänzerin besonders den Klängen hin. Sie scheint den Puls der Musik genauso zu spüren wie ihren eigenen. Ihr Mantel bläht sich unter jeder Drehung ihres Körpers, schwungvoll nimmt sie mit den Armen jeden Wechsel der Klänge mit, formt ihn sogar bis in die Fingerspitzen nach und wippt mal in den Knien, dann wieder im Stand zum Takt der Harmonien. „Das ist schon eine super Sache, einfach immer wieder toll!“ Diesen und ähnliche Sätze hört man immer wieder aus dem Publikum, wenn man danach fragt, wie die Blues-Tage denn ankommen. Dass dies kein leerer Spruch sein kann, beweist ein Blick auf die Historie der Veranstaltung: Seit mehr als 20 Jahren finden die Schmölzer Blues-Tage statt, jedes Jahr mit Live-Musik aus dem In- aber auch Ausland.
Immer gern dabei
Stefan Amm ist einer der Gäste, die dem Fest über Jahrzehnte hinweg die Treue halten. „Ich bin seit mehr als 20 Jahren immer wieder hier dabei und das gerne“, erzählt der Fotograf aus Kro-nach. „Diese wahnsinnige Musik und die tollen Leute hier, da kommt man einfach gerne wieder.“
Langsam verblassen die letzten Töne der „Martin Ketner Band“ auf der Bühne. Schwingen einige letzte Male durch den Raum und hallen in den Ohren wieder. Das Trio aus Tschechien hat einen bleibenden Eindruck in Oberfranken hinterlassen. Einen Eindruck, der den Blues-Tagen gerecht wird. Ein Eindruck, der bleibt. Vielleicht ja weitere 20 Jahre lang.