Man muss ganz genau hinsehen, um das Nest im Schatten des Laubes zu erkennen. Aber im Sucher der Kamera sind die feinen Fäden und das Gewimmel darunter gut zu sehen. Simon Redel hat die Eichen-Prozessionsspinner, die es sich an der Astgabel des Baumes gemütlich gemacht haben, ebenfalls ins Visier genommen. Per Joystick dirigiert der Baumpfleger den Korb seines Krans durchs Unterholz eines Wäldchens am Rudufersee. Es knackt, Äste brechen.
Redel hat sich zum Schutz vor den toxischen Haaren der Raupe einen weißen Overall angezogen, dazu zwei Paar Handschuhe und eine Atemmaske. Jetzt hat er das Nest erreicht. Er sprüht Haarspray auf die Prozessionsspinner, um die Haare zu verkleben. Dann nimmt er eine umgedrehte Plastiktüte in die Hand, greift nach den zappelnden Würmchen und steckt die gefangenen Schädlinge in einen Müllbeutel. Zum Schluss reinigt er die gesäuberte Astgabel mit den Flammen eines Bunsenbrenners.
Einer von bis dato 19 vom Eichen-Prozessionsspinner befallenen Bäume im Michelauer Gemeindegebiet ist damit von den Raupen befreit. Doch die Arbeit von Simon Redel und seinem Kollegen Siegfried Siegmund ist nicht vorbei. Eine stattliche Eiche an der Straße zwischen Schwürbitz und Michelau, etwa 100 Meter, vor dem Ortseingang wartet auf die Baumpfleger.
Zur Sicherung des Kranes parkt Vorarbeiter André Gagel vom Gärtnertrupp der Gemeinde das Tanklöschfahrzeug der örtlichen Feuerwehr auf der Fahrbahn, stellt dazu Pylonen auf. Gagel und seine Kollegen überprüfen jede Woche die Spielplätze der Gemeinde, dazu die Waldränder an Fuß- und Radwegen.
Gefährliche Brennhaare
In der letzten Woche entdeckten sie die ersten der Raupen und sperrten die befallenen Bäume ab. An der Schule in Michelau, an der Mainfeldhalle, am Spielplatz in der Rosengartenstraße – überall hatten sich die Schädlinge ihre Nester gesponnen. Sie fressen nicht nur die Blätter der Eichen, auf denen sie nisten. Ihre Brennhaare dringen leicht in die Haut eines Menschen ein. Es juckt fürchterlich, deswegen ist es wichtig, die Spinner zu entfernen, sagt Gagel. „Wer Raupen-Nester in Bäumen entdeckt, muss diese unbedingt bei seiner Stadt oder Gemeinde melden“, fordert er.
Siegfried Siegmunds Haut kam am Wochenende mit den Brennhaaren in Kontakt. Sein Unterarm ist seither von roten Pusteln übersät. Ungeschützt hat er Nester der Schädlinge entfernt, ein Fehler. Am Abend musste er die ganze Zeit seine juckende Haut mit Aloe Vera einreiben, um das Leiden zu lindern.
Baumpfleger Simon Redel hat sich mittlerweile mit seinen Kran nach oben gefahren. Wieder kracht und knackt es. Und dann rückt er mit Haarspray und Flammen dem Eichen-Prozessionsspinner auf die Pelle.