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MICHELAU: Martin Rostalski aus Michelau ist Turngau-Vorsitzender

MICHELAU

Martin Rostalski aus Michelau ist Turngau-Vorsitzender

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    Auch in etwas offiziellerer Kleidung macht Turngau-Vorsitzender Martin Rostalski eine gute Figur.
    Auch in etwas offiziellerer Kleidung macht Turngau-Vorsitzender Martin Rostalski eine gute Figur. Foto: Markus Häggberg

    Turngau – was bedeutet dieses Wort? Man möchte es spontan irgendwo zwischen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts verorten. Und wenn dann auch noch das Wort Turngau-Vorsitzender erklingt, kommt einem gleich ein bärtiger Mann mittleren Alters mit Schmissen im Gesicht in den Sinn. Das Wort klingt nach Kaiserreich und nach weißen Hosen mit weißen Leibchen.

    Alles Quatsch, alles längst vergangen. Der Michelauer Martin Rostalski ist das absolute Gegenteil von so ziemlich allen Klischee-Bildern, die man mit den Begriffen Turngau und Turngau-Vorsitzender im Kopf haben könnte.

    Nicht nur, weil sich die Welt weitergedreht hat, sondern auch, weil Rostalski erst 24 Jahre alt und Bayerns jüngster Turngau-Vorsitzender ist. Aber wieso und weshalb ist er das?

    Am 27. April feierte der TV Michelau seine Sport-Gala in der Mainfeldhalle. Es gab Musik, Tanz, Kinderturnen, eine Band spielte, Turner machten sich warm und der Vereinsvorsitzende Clemens Weisser moderierte.

    Inkognito unterwegs

    Irgendwo sollte da auf dem Feld oder auf den Zuschauerrängen doch auch Rostalski zu finden sein. Und zwar im Jackett samt Anstecknadeln am Revers.

    Weit gefehlt! Er befand sich zu dieser Zeit nämlich in einem Bärchenkostüm und wurde von Turnbrüdern an allen Vieren durch einen Hallengang geschwungen. Hintergrund bildete eine Übung, die später in drei Meter Höhe absolviert werden und die für Rostalski durch Wurf aus dieser Höhe in einem Salto enden sollte. Nun wurde geprobt, an welcher Stelle des Kostüms er am besten zu halten ist.

    So ist das, wenn man als Vereinsmaskottchen auch an Turnübungen teilnimmt. An diesem Tag hatte er als Maskottchen „Turni“ viel zu tun, er winkte in die Menge, feuerte den Nachwuchs bei seinen Vorführungen an, klatschte sich mit den „Turnkrüet'n“ ab, tanzte und sorgte für gute Laune. Was nach reichlich Spaß klingt, war harte Arbeit.

    Denn unter dem Kostüm war es brüllend heiß, und wenn Rostalski dann und wann den Bärenkopf zum Luftschnappen absetzte, sah man in ein gleichermaßen lächelndes wie angestrengtes Gesicht. Später vollführte Rostalski als Maskottchen auch noch gekonnt Turnübungen und zeigte, dass er das Turnen von der Pike auf gelernt hat.

    So ein Maskottchen hat es auch nicht immer leicht. Im Bärchenkostüm, das anlässlich einer Vereins-Gala zur Salto-Erprobung durch den Gang geschwungen wird, steckt in diesem Fall Martin Rostalski.
    So ein Maskottchen hat es auch nicht immer leicht. Im Bärchenkostüm, das anlässlich einer Vereins-Gala zur Salto-Erprobung durch den Gang geschwungen wird, steckt in diesem Fall Martin Rostalski. Foto: Markus Häggberg

    Ein Blick zurück

    Orts- und Zeitwechsel – die Michelauer Angerturnhalle Tage vorher. Martin Rostalski sitzt an einem Tisch auf der Galerie der Halle und erklärt, was und wie groß ein Turngau überhaupt ist. „Der Bayerische Turnverband (BTV) gliedert sich in sieben Turnbezirke, und innerhalb der Bezirke gibt es Gaue. Oberfranken hat vier Gaue, und der, dem ich vorsitze, ist der Turngau Südoberfranken.“ Dieser Gau umfasst die Kreise Lichtenfels, Bamberg und Forchheim.

    Dass der leidenschaftliche Turner des TV Michela gerade im Lande ist und die Gelegenheit hat, den Turngau zu erklären, ist nicht selbstverständlich. Immerhin studiert er im Master Wirtschaftsingenieurwesen in Karlsruhe und ist nebenbei Werkstudent.

    Auslandserfahrung hat der 24-Jährige auch, gegeben durch sein berufliches Praktikum in North Carolina, USA. Turngau-Vorsitzender wurde er per Wahl mit 23 Jahren im September 2022 und im Vereinsheim des TV Oberwallenstadt.

    Dem voraus ging etwas, das sein Vorgänger im Amt, Edwin Stark (83), so beschreibt: „Keiner reißt sich um solche Posten.“ Tatsächlich wurde ein Nachfolger für Stark gesucht, der sich nach achtjähriger Amtszeit aus Altersgründen nicht mehr zur Wahl stellen wollte. Denn das Amt ist verbunden mit Wahlbegleitungen, mit Repräsentationsaufgaben, mit Reisen zu Turnverband-Sitzungen und Turnverband-Konferenzen.

    20 Aktenordner nötig

    Eigentlich hatte Stark schon einen Nachfolger für sich im Blick. Doch als man dann so bei einem Wettkampf in Michelau beieinander saß, lehnte dieser ab. „Nein, ich habe Frau und Kind und keine Zeit“, erinnerte sich Stark an die Absage. Doch zu dieser Situation stieß jemand unvermutet hinzu: Rostalski. „Ich kam in das Gespräch zufällig mit rein“, weiß er noch und dann hatte er Fragen: „Was muss man denn da machen?“

    Rostalski und Stark verabredeten sich zu Gesprächen. „Er war zwei-, dreimal auf einen Kaffee bei mir, immer so gut zwei, drei Stunden lang haben wir uns unterhalten“, erinnert sich Stark, der viel von Rostalski hält. „Er hat sich gut eingearbeitet“, lobt er. Er weiß es auch darum, weil beide zusammen gut 20 dicke Aktenordner nach für das Amt Maßgeblichem durchgearbeitet haben. Am Ende sollten gut fünf dicke Ordner in Rostalskis Besitz übergehen. Viel zu lesen, einiges zu behalten.

    „Ich war im November beim DTB (Deutscher Turner-Bund) als Delegierter beim Turntag in Hanau“, erzählt Rostalski. Hanau ist für die Turner Deutschlands nicht irgendeine Stadt, denn am 3. April 1848 wurde dort der Deutsche Turner-Bund gegründet. Unterwegs in Sachen Turnen, Verband und Gau ist Rostalski oft – Wettkämpfe, Galas, Ehrungen. Auf durchschnittlich 20 bis 25 Reisetermine komme er jährlich. Dazu zählen auch zweimal jährlich die BTV-Hauptausschusssitzungen.

    Bei der Gelegenheit will man seitens des Verbands auch wissen, was die Turner an der Basis bewegt. Rostalski sieht sich da in gewisser Weise als Mittler. Wie er das so sagt, muss er schmunzeln, denkt er doch an den BTV mit Sitz in München. Den müsse man mitunter mit den „Realitäten vor Ort“ versorgen, weil die Geschäftsstelle eben weit weg ist.

    Ein Vermittler

    „Das ist keine Kritik, eher ein unvermeidliches Übel“, räumt er ein. Dabei führt er ein Beispiel an, das zeigt, wie sehr sich Moderne und Tradition ins Gehege kommen können. Früher sei es üblich gewesen, dass Startgelder bei Wettkämpfen von den Trainern und Übungsleitern am Turniertag eingesammelt wurden. Mittlerweile bedeutet das einen Aufwand, den Rostalski durch Nutzung eines Online-Bezahldienstes geringer halten will. „Doch solcher Service ist für viele Übungsleiter, die schon 30 Jahre im Dienst sind, ungewohnt.“

    In diesem Fall ist Rostalski auch als Ansprechpartner gefragt. Überhaupt hat er auch mit Finanziellem zu tun, obliegt es ihm doch, die Zahlungen für Aufwandsentschädigungen freizugeben, die der Verband beispielsweise ehrenamtlichen Kampfrichtern bei Wettkämpfen gewährt. „Das muss über meinen Tisch laufen.“ Überdies hat er in seinem Amt auch schon das Thema turnerische Lehrinhalte gestreift. Und dann sind da noch seine Kampfrichter- und Siegerehrungstermine.

    „Es gibt Turngaue, die existieren nur noch auf dem Papier. Das passiert hoffentlich nie mit dem Turngau Südoberfranken“, schließt Rostalski. Er tut es mit einem Lächeln, aber man merkt ihm an, dass ihm der Turnsport am Herzen liegt und er diese Entwicklung nicht begrüßen kann.

    Seine eigenen Stationen gingen vom Purzelvolk über die Aufbauriege in die Leistungsriege, und wenn er ein Idol nennen müsste, dann wäre es der Kunstturn-Olympiasieger am Reck 2016, Fabian Hambüchen. Aber solche Ambitionen habe er nie gehabt, für Rostalski sei das Turnen immer nur Freizeitsport gewesen.

    Allerdings einer, der aus seiner Sicht in der Presseberichterstattung immer wieder zu kurz kommt. In zwei Jahren stehen wieder Wahlen zum Turngau-Vorsitzenden an. Er wird sich vermutlich zur Wahl stellen, aber ob er dann noch der Jüngste seiner Art in Bayern sein wird?

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