Stampfend drehen sich zwei der drei großen Wasserkraftschnecken des Ökostromwerks am Mainwehr bei Michelau. Das kräftige Rauschen des Wassers untermalt das Zwitschern der Vögel in den Mainaue rhythmisch. Nach rund einem Jahr Bauzeit läuft das Wasserkraftwerk zurzeit im Probebetrieb. Bereits jetzt erzeuge es soviel Strom, dass täglich eine Tonne Kohlendioxid (CO2) eingespart werde, erklärt Norbert Boehm, Geschäftsführer der Nasser Berg Storge GmbH in Bamberg, die das Ökostromwerk betreibt. Bis zu 500 Tonnen CO2 im Jahr sollen vermieden werden, indem das Wasserkraftwerk rund eine Million Kilowattstunden Strom erzeugt. Das entspricht dem Verbrauch von 290 Haushalten.

„Wir leisten einen Beitrag zur Energiewende und zum Klimaschutz“, betont Norbert Boehm. Das rund 100 Jahre alte Mainwehr bei Michelau sei ein idealer Standort für das Kraftwerk, da zur Stromerzeugung nicht die Fließgeschwindigkeit des Wassers entscheidend ist, sondern die Fallhöhe. Die drei Wasserkraftschnecken wurden mit unterschiedlichen Neigungswinkeln auf dem Wehr angeordnet, damit sie die optimale Fallhöhe des Wassers ausnutzen können. Je nach Wassermenge bringen sie es auf etwa 20 bis 30 Umdrehungen in der Minute.
„Wir leisten einen Beitrag zur Energiewende und zum Klimaschutz.“
Norbert Boehm, Nasser Berg Storge GmbH, Bamberg
Mit rund 8000 Litern Wasser in der Sekunde ist der Durchfluss des Mains zurzeit eher niedrig, normal wären 30 000 Liter. Doch trotz der Trockenheit in den vergangenen Jahren ist Geschäftsführer aufgrund der Aufzeichnungen des Michelauer Pegels aus dem vergangenen 80 Jahren zuversichtlich, dass stets genug Wasser den Main hinunterfließt, um ausreichend Ökostrom zu erzeugen. Und wegen der erforderlichen Fallhöhe ist ein zu hoher Wasserstand des Mains für die optimale Stromproduktion eher hinderlich, weil dann das Gefälle nicht mehr groß genug ist.

Während Windräder und Photovoltaikanlagen nur bei Wind und Sonne Energie ins Stromnetz einspeisen können, sorge die Wasserkraft für die Absicherung der sogenannten Grundlast, die bisher vor allem von Kohle- und Kernkraftwerken gesichert wird. Doch aus Gründen des Klimaschutzes und der Sicherheit sieht die Energiewende den schrittweisen Ausstieg aus diesen Energieformen vor.
Obwohl das Ökostromwerk ins Konzept der Energiewende passt, hatten der Bund Naturschutz (BN) und die Mainfischereigemeinschaft vor dem Eingriff in das sensible Gebiet der Mainauen gewarnt, als die Pläne 2015 vorgestellt wurden. Während der Michelauer Gemeinderat keine Einwände hatte, starteten die Naturschützer eine Online-Petition und es kam zu einer Erörterung im Landratsamt. Das verzögerte die Pläne der Investoren, die Norbert Boehm als „Gruppe von Idealisten, die etwas für den Klimaschutz tun wollen“, beschreibt. Rund 100 Auflagen mussten sie erfüllen, damit die Anlage in dem Natur- und Vogelschutzgebiet genehmigt wurde. Und ein Monitoring beauftragen, das die Auswirkungen des Projekts untersucht.
Keine Gefahr für Fische durch langsam drehende Wasserkraftschnecken
„Gerade die Technik der langsam drehenden Wasserkraftschnecken, die auf dem umgekehrten archimedischen Prinzip beruht, ist geeignet, die Erfordernisse von Klimaschutz und Umweltschutz zu verbinden“, betont Norbert Boehm. Wegen der langsamen Umdrehungen könnten Fische die Wasserkraftschnecken unverletzt passieren, hält er Kritikern entgegen. Er sei überzeugt, dass eine aktuelle Untersuchung der Universität München im Auftrag des Landesamts für Umweltschutz diese Annahme bestätigen werde. Daher sei der Wassereinlass bewusst so bemessen, dass er nur Äste und grobes Schwemmgut zurückhalte, die Wassertiere aber passieren lasse.

Positiv beurteilt er auch die Auswirkungen des etwas höher aufgestauten Wassers hinter dem Wehr, die jetzt wieder dem Pegel vor 1960 (2,649 Meter) entspreche, als die Floßgasse noch geschlossen war. Das sorge auch in trockenen Sommern für einen höheren Wasserstand im Mühlbach, in einem Altarm des Mains und sogar im Rudufersee und komme den Wassertieren zugute. Verpflichtet haben sich die Betreiber auch dazu jedes Jahr 2000 Fische (Nasen und Glasaale) im Main auszusetzen. Außerdem wurde als Ausgleichsfläche für den Eingriff in die Natur eine ehemalige Kiesgrube bei Trieb mit Schilf bepflanzt, um so ein Biotop zu schaffen.
Fischtreppe beseitigt letzte Barriere zwischen Bamberg und Bayreuth

Ein weiterer Beitrag zum Tierschutz ist die Fischtreppe, die zurzeit auf der Michelauer Seite des Wehrs errichtet wird. Sie beseitigt die letzte Barriere für Fischwanderungen mainaufwärts zwischen Bamberg und Bayreuth. Neben dem bestehenden Bootsumstieg vor und nach dem Wehr wurde außerdem eine Kanurutsche installiert, die geübte Paddler auf eigene Gefahr nutzen können.
Abgeschlossen werden sollen die Arbeiten bis zum Herbst. Bis sich die Investition, deren Höhe Boehm nicht beziffern wollte, amortisiert hat, wird wohl noch viel Wasser den Main hinunterfließen. Trotz der höheren Einspeisevergütung für den Ökostrom sei ein langer Atem erforderlich, denn nach Photovoltaik und Windenergie liege die Wasserkraft erst an dritter Stelle bei der Refinanzierung. Dafür profitiere eben die Umwelt.