Als die Ideengeberin Monika Riedel zur Flasche greift, ist es kurz vor 16 Uhr. Die Flasche, das ist ein kleines Sektfläschchen, und es steht in diesem Moment symbolisch dafür, dass nun ein guter Tag hinter allem liegt und dass, wer arbeitet, sich auch etwas gönnen darf. Denn seit 10 Uhr waren hier an Ort und Stelle Frauen damit befasst, gestrickte und gehäkelte Dinge entstehen zu lassen, um durch deren Verkaufserlös die heimische Wasserwacht zu unterstützen.

Hier, in einem großen Raum des Korbmuseums, wurden Tische mit Stühlen aufgestellt, wurde eine Warentheke geschaffen und selbst das Geländer des Treppenaufgangs war im wahrsten Sinne in die Aktion verstrickt, fanden sich doch dort gehäkelte Bezüge oder Taschen. Der Plan hinter allem: Über die Stiftung „Unser Michelau“ soll der örtlichen Wasserwacht etwas Gutes getan werden.
Zusammen organisiert
Monika Riedel vorzustellen, hieße hier Eulen nach Athen – oder eher Körbe ins Korbmuseum tragen. Die Betreiberin des „Wollkörbla“ hat in ihrem Michelauer Wollladen schon so einige Aktionen zuwege gebracht. Da wäre beispielsweise das „24-Stunden-Stricken“ gewesen. Und die Gründer von Myboshi saßen als strickende Gäste auch schon bei ihr.

Nun also eine neue Aktion und im Zusammengehen mit dem Korbmuseum. Womit man bei Petra Kohles wäre, einer dortigen Mitarbeiterin. „Ich bin angerufen worden, ob es draußen stattfindet und ob es Bier und Bratwürste gibt“, so die Frau zu den telefonischen Begegnungen, die sie im Vorfeld der angekündigten Aktion hatte. Diesen Anrufern habe sie dann ausgerichtet, dass es eher zu Kaffee und Kuchen kommen werde. Deren Reaktion? Mit einem Schmunzeln schildert Kohles in ihrer Antwort darauf eine Art enttäuschtes Schweigen.
Pinocchio, Spongebob, der Schneemann Olaf, Micky Mouse, die Schlümpfe, Susi und Strolchi, die Glücksbärchen, Paulchen Panther – Waltraud Reuder hatte sie alle. Gehäkelt. Die Lettenreutherin sitzt an einem Tisch und plötzlich taucht eine Frage auf: Wie viele Kilometer Wolle habe sie in ihrem Leben wohl schon so verstrickt? Ihr Blick sucht Rat bei Riedel und die nennt nach kurzem Überlegen eine Zahl: 50.000. Wenn das stimmt, hätte sich Reuder mit ihren Maschen einmal um die Welt gehandarbeitet und außerdem noch eine Strecke von Michelau bis Las Vegas bewältigt. Ungefähr. Kann man das glauben? Man möchte es, schließlich begann ihre Leidenschaft für das Stricken und Häkeln schon in der dritten Klasse.
Und jetzt, seit dem 1. Mai, ist die einstige Näherin, die auch 26 Jahre lang Handarbeit gemacht hat, Rentnerin. Jetzt hat sie noch mehr Zeit für ihre Leidenschaft und was sie zum Dienstende von ihren Kollegen bekam, waren Wollgutscheine, Wollgutscheine, Wollgutscheine. Doch der Grund, weshalb die Frau zu den Nadeln greift, könnte auch mit Prokrastination zu tun haben. Oder wie sie selbst sagt: „Wenn ich mal keine Lust aufs Saubermachen habe, dann stricke ich.“
„Korbstricker“?
Ein paar Stühle weiter sitzt Simone Naumann. „Ich finde die Verbindung zwischen Korbmacher und Korbstricker sehr gelungen“, sagt sie zum Veranstaltungsort. Und wie sie das sagt, fällt auf, dass es den Begriff Korbstricker wirklich gibt. Oder? Der Mann, der dazu Antwort geben kann, sitzt ein paar Meter entfernt, heißt Roland Ponsel und ist Korbmachermeister.
Er nickt und bejaht den Begriff Korbstricker. Was für Naumann den Zauber des Tages ausmacht, erklärt sie so: „Wenn ich im Wollladen bin, ist es so, wie wenn ich in einem Buchladen steh'.“ Auch sie ist mit dem Häkeln und Stricken vertraut, auch sie besitzt tiefere Einsichten. Eine davon berührt das Feld der Konzentration und Ablenkung: „Beim Häkeln ist es eher Fernsehhören, beim Stricken kann man Fernsehgucken.“ Auch sie hat eine Figur gehäkelt und diese ihrer besten Freundin geschenkt. Bei dieser Figur handelte es sich um keine Geringere als die Superheldin Wonder Woman. Ein persönliches Geschenk, ein personalisiertes sogar. Wenn man nun also strickt und häkelt, zieht man dann den Charakter und das Wesen des zu Beschenkenden in Betracht? „Ja, auf jeden Fall und das geht ja schon beim Wolleinkauf los“, pflichtet Naumann bei.

Doch dann wird ihre Sitznachbarin Luisa Köhler etwas sagen, das eine Tür in die endlosen Weiten dieses Hobbys aufstößt: „Häkeltiere, wenn sie Spielsachen sind, brauchen ein CE-Zeichen.“ Köhler ist 30 Jahre alt, hat im Wollkörbla den Beruf der Verkäuferin gelernt und war vor zehn Jahren immerhin Häkel-Vize-Weltmeisterin.
25 stricken mit
„Wir waren 25“, zieht Riedel gegen 16.30 Uhr Bilanz zur Anzahl der Mitmacher. Hinzu kamen 37 Museumsbesucher, deren Eintrittsgeld zur Hälfte dem Spendenzweck zufloss. „Ich hätt' mir a weng mehr Zuspruch von den Michelauern erwartet“, lässt Riedel wissen und Museumsmitarbeiterin Kohles hat dazu eine Schätzung. Von den 37 Gästen, waren die meisten Kurgäste und wohl nur zehn aus Michelau. Doch alles in allem erbrachte der Verkaufserlös dahin 269 Euro für die Wasserwacht.
→Das nächste Happening hat Riedel auch schon geplant und der Termin wird der kommende 21. Mai sein. Dann geht es ab 15 Uhr strickend ins Lichtenfelser Kino.