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LICHTENFELS: Abschied von Peker-Döner: Das Geheimnis der Senfsauce

LICHTENFELS

Abschied von Peker-Döner: Das Geheimnis der Senfsauce

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    Ahmet Peker vor dem geschlossenen Imbiss.
    Ahmet Peker vor dem geschlossenen Imbiss. Foto: Markus Häggberg

    Peker Döner ist Geschichte. 2020 war das letzte Geschäftsjahr und im Dezember wurden die letzten Speisen über den Tresen in der Mainau gereicht. Ein Portrait über Ahmet Peker, den Chef des Imbiss.

    Der Ofen auf der Baustelle brennt leise. Hier, wo vor wenigen Tagen noch Betrieb herrschte, stehen neue und verpackte Stühle auf Tischen und ein Werkzeugwagen mitten im Raum. Es herrscht Umbau und für den Lichtenfelser Ahmet Peker bedeutet das ein häufiges Erscheinen hier.

    Wenn man Peker mit dem Satz kommt, dass wohl eine Ära zu Ende ging, erntet man nur ein Achselzucken und ein Lächeln. Nostalgisch ist der Mann wirklich nicht. Er sitzt im grünen Parka an einem Tisch. Dann und wann, wenn es ihn fröstelt, steht er auf, bewegt sich oder befüllt eben den Ofen mit Pellets.

    Hier, zwischen den Einkaufsmärkten OBI und Fressnapf, hat er 22 Jahre seines Lebens zugebracht. Von 8 Uhr morgens bis 22 Uhr abends. Zuvor ging es ihm acht Jahre lang ähnlich, nur hundert Meter von hier entfernt auf dem jetzigen Parkplatz des Hauses Lidl.

    Heute sind Döner in aller Munde

    Heute sind Döner in aller Munde, doch als Ahmet Peker damit begann, sie von seinem Stand aus anzubieten, war es 1990. „Oder 1991“, ergänzt der Mann, sich selbst nicht ganz sicher seiend. Einen wie ihn gab es damals in Lichtenfels nur noch ein einziges Mal und in Gestalt „des alten Ismail“ in der Cobuger Straße. „Ich war der zweite, der Döner angeboten hat“, bekräftigt Peker.

    Im Laufe der Jahre hat sich sein Geschäft ausgeweitet, bis hin zum Lieferdienst. Auf „ein paar hundert Aushilfen“ schätzt Peker die Anzahl seiner Mitarbeiter im Laufe der Zeit. Zeit – ein gutes Stichwort. Wir gehen Jahrzehnte zurück und zu Pekers Geburt. Aber wann die genau war, das weiß man nicht.

    Ein wenig handwerkliche Hilfe bietet Ahmet Peker zur Übergabe seines Imbiss dem Nachfolger noch an.
    Ein wenig handwerkliche Hilfe bietet Ahmet Peker zur Übergabe seines Imbiss dem Nachfolger noch an. Foto: Markus Häggberg

    „Original oder was auf dem Ausweis steht?“, entfährt es Peker spontan auf die Frage nach seinem Geburtstag. Auf seinem Ausweis steht 15. März. Dann hätte er mit Zarah Leander oder Ry Cooder Geburtstag. Hat er aber nicht. Als er 1969 geboren wurde, war es nicht an einem 15. März, sondern an einem Wintertag Tage zuvor. Aber die Verwaltung in der Türkei setzte diesen Tag fest, denn Pekers Mutter ging mit ihm nach seiner Geburt aus dem Umland von Ankara in die Hauptstadt und zur Meldung auf die Behörde.

    „Für mich ist der 15. März ein Tag wie jeder andere“, erklärt der bald 52-jährige und tut das, was er oft tut: er lächelt. Dann erhält er einen Anruf auf dem Handy, entschuldigt sich kurz, steht auf und vermisst für den Anrufer einen Regal oberhalb eines Pizzaofens. Als er aufgelegt hat und wieder sitzt, erzählt er von seinen Eltern.

    Seine Wurzeln liegen in der Türkei

    Ahmet Peker steht wieder am Ofen und schüttet Pellets nach. Wie er wieder am Tisch sitzt, erzählt er von seinen Wurzeln. Die liegen in Ankara. Und in Marktgraitz und dem Lichtenfelser Ortsteil Oberwallenstadt. 1970 habe sein Papa seine Frau nach Deutschland nachgeholt „und wir waren bei meiner Oma in Ankara“. Wenn er von „wir“ redet, dann spricht er von seinen Brüdern und einer Schwester. 1975 kam auch er in Deutschland an.

    In Marktgraitz habe er für ein paar Monate gewohnt, ist aber heute noch beeindruckt. „Ich kann mich dort an einen Balkon und ein Karussell erinnern.“ 1976 kam dann der Umzug nach Lichtenfels und Oberwallenstadt. Es waren andere Zeiten. Es gab dort noch einen Bolzplatz, zwei kleine Supermärkte, zwei Bäckereien und einen Fleischer. Es gab dort sogar eine kleine Post und in diesem Haus lebte er mit seiner Familie. Wie Peker davon redet, nimmt er zum wiederholten Male eine Haltung ein, die von deutschen Rentnern kolportiert wird: Er legt sich die Hände auf den Bauch und dreht Däumchen.

    Unvermeidbar dazu lächelt er aber auch wieder und erzählt von seinem Werdegang. „Ich habe Kfz-Mechaniker gelernt und war dann bei Siemens.“ Eigentlich, so der Mann, wäre er gerne Architekt geworden, aber dafür hätten die Schulnoten nicht gereicht. Es hat sich nicht gefügt. Und so, weil er dann bald selbst schon Familie hatte, sei er eben „auf einen Zug aufgesprungen“. Der Zug, das war das beginnende Aufkommen von Döner-Buden und er fuhr so um 1990 vorbei. Auf 10 000 Mark beziffert Peker sein damaliges diesbezügliches Investitionsvolumen für einen Stand, den er auf dem Gelände des heutigen Lidl-Markts einnahm.

    Einen sicheren Job aufgegeben

    Wehmut sieht anders aus. Angesichts der offensichtlichen Vergänglichkeit beim Namen Peker zeigt sich Ahmet Peker gutgelaunt.
    Wehmut sieht anders aus. Angesichts der offensichtlichen Vergänglichkeit beim Namen Peker zeigt sich Ahmet Peker gutgelaunt. Foto: Markus Häggberg

    Doch was sagten seine Eltern zu seinem Vorhaben, einen guten Job bei Siemens in Redwitz zu kündigen, um sich gastronomisch zu betätigen? An dieser Stelle wartet Peker mit einer unerwarteten Reaktion auf. Denn die Frage danach, wie seine Eltern und insbesondere sein Vater damals auf sein Vorhaben reagierte, scheint zu irritieren. „Da war ich schon verheiratet und hatte meinen eigenen Hausstand“, zieht Peker für seine Autorität, alleinig Entscheidungen getroffen zu haben, heran.

    Dann fügt er noch beiläufig an, dass seine Eltern wirklich nichts dagegen hatten. Aber acht Jahre später war der Vater doch gefragt. Er verstand zu mauern und gemeinsam zogen Vater und Sohn an der neuen Adresse Mainau 13 den wohl 100 Quadratmeter großen Neubau hoch. Jetzt ist der Papa schon lange nicht mehr da. Seit 15 Jahren wohnen die Eltern in Antalya.

    Ist es eine Legende, dass der Döner in seiner prominenten Form in Deutschland erfunden wurde? „Das ist keine Legende“, gibt Peker zurück. Er lächelt wieder und erklärt, wie verhältnismäßig einfach damals das Rezept war: „Zwiebel, Salat, Fleisch.“ Ab da begann sich das alles zu verfeinern. Dass er zu Studienzwecken die Döner seiner Mitkonkurrenten hätte zur Probe essen müssen, dem war nicht so. Aber am Döner allein sei nicht viel verdient gewesen, darum kam es zur größeren Angebotsvielfalt, zu Pommes und Currywurst, zu Pizza und Nudelgerichten.

    Doch so etwas wie ein Geheimrezept hätten auch er und seine Frau zu bieten gehabt. „Unsere Senfsauce haben wir selber gemacht und dann musste das Personal raus“, erklärt er abermals mit einem Anflug von Lachen und fügt noch an, dass mitunter nicht nur die Zutaten wichtig sind, sondern auch die Reihenfolge des Beimischens.

    Man habe damals das Fleisch auch selbst durchgedreht, habe Sehnen und Flechsen maschinell entfernt. Tatsächlich aber habe es nach Peker auch so etwas wie eine Beschattung der traditionellen türkischen Küche durch den Döner gegeben. „Türkisches Essen ist hochwertig, darf nach deutschem Verständnis aber nicht teuer sein – das hat der Döner verschuldet. Wenn du ein türkisches Restaurant eröffnen wolltest, hättest du schon verloren. Das ist Psychologie.“

    Von wegen mit Wehmut

    Zumindest halbtags könnte Ahmet Peker sich künftig vorstellen, die Beine auch mal hochzulegen.
    Zumindest halbtags könnte Ahmet Peker sich künftig vorstellen, die Beine auch mal hochzulegen. Foto: Markus Häggberg

    Wehmut darüber, dass „eine Ära zu Ende“ ging, kennt Peker nicht. „Ach von wegen“, sagt er dazu. „Das Personal und meine Frau haben geweint – ich war der einzige, der sich gefreut hat“, erklärt er zu seinem Entschluss. Er möchte sich jetzt um eigene Immobilien kümmern und sich vielleicht halbtags in eine Anstellung begeben. „Gastronomie ist eine Sache, bei der du kein soziales Leben hast“, erklärt er. Ein soziales Leben möchte er aber noch, denn er hat Enkel und Neffen und Nichten. Darum, so erklärt er, wollte er keinen weiteren Zehnjahresvertrag mit der Firma eingehen, welcher der Grund gehört, auf welchem sein Imbiss stand.

    Damit die Übergabe an den Nachfolger (ein türkisch stämmiger Landsmann aus Regensburg) auch klappt, ist er derzeit oft hier bei den Umbauarbeiten zugegen. Immerhin soll am Montag Eröffnung sein. Aber von Wehmut keine Spur. Ein Ruhestandskonzept in der Türkei kommt für ihn nicht infrage. „Ich bin Lichtenfelser. Wenn ich mal fortgegangen bin, und ich kam wieder und sah den Staffelberg, dann fühlte ich mich zuhause.“

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