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LICHTENFELS: Amtsgericht Lichtenfels: Bewährungsstrafe für Rentner

LICHTENFELS

Amtsgericht Lichtenfels: Bewährungsstrafe für Rentner

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    Wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen wurde ein Landkreisbürger am Amtsgericht verurteilt. Richter Mario Geyer sah dessen Tun „nicht mehr von Notwehr gedeckt“ und verhängte eine achtmonatige Haftstrafe zur Bewährung.

    Als die Reihe an die Hauptzeugin kam, sollte sie sich mit einer Frage an Richter Geyer wenden: „Kann ich aussagen, ohne dass er dabei ist? Ich weiß nicht, ob ich das durchstehe.“ Die 63-jährige Rentnerin aus Michelau schien sichtlich beeindruckt von dem Wiedersehen mit dem Mann, der sie zur Hauptleidtragenden eines Vorfalls vom 28. Dezember 2021 machte, den sie gegen 11 Uhr in den Kellerräumen ihres Hauses durchlebte. Als Vermieterin des 70-jährigen Rentners, der im Keller eigenmächtig Absperrungsmaßnahmen in gemeinschaftlich genutzten Räumen vornahm, suchte sie diesen dazu auf um ihn zur Rede zu stellen.

    Alsbald griff sie zu einem Werkzeug und durchschlug die Vorrichtung. Doch durch das entstandene Loch hindurch setzte nun wiederum der Rentner der Frau und ihrem hinzugekommenen Lebensgefährten unter anderem mit einem Besenstiel zu. Die erlittenen Folgen lauteten auf Prellungen im Brustbereich, Hämatome und Schmerzen. Kurz und gut: auf gefährliche Körperverletzung.

    Glaubte man den Worten des Angeklagten, so habe er „eine Wohnung angemietet, die eher Abstellräume waren“. Darüber hinaus hätte es seitens der Vermieterin gegen ihn Schikanen gesetzt. Beispielsweise seien ihm faule Kartoffeln untergejubelt worden und darum die Absperrung, denn „es kann nicht sein, dass sie in meine Wohnung geht und was fingiert“. Was an den Schikanen wirklich dran war, darauf sollte das Gericht weniger Augenmerk legen. Aber der Angeklagte selbst war für sein Tun schon bekannt.

    Der Worte waren genug gesprochen

    So hieß es, dass er wegen einer solchen Absperrung auch schon mal mehrere Polizeibeamte im Haus gehabt habe. „Er hat die Tür zwischen Abstellraum und Waschraum zugemacht (…) hat mir den Zugang zu Tankraum und Waschraum verwehrt“, führte die Vermieterin aus. Miteinander gesprochen hatte man im üblichen Sinne wohl nicht mehr, darum, so die Vermieterin, habe sie dem Mann geschrieben. Per Einschreiben. Ohne Erfolg, denn weder habe der Mann das Schrifttum angenommen, noch darauf reagiert. Nach einer gewissen Verhandlungsdauer sollte die Sprache darauf kommen, dass es in dem Haus ja Kameras gab, die am Tattag das Geschehen aufgenommen haben.

    So stand man bald zusammen und betrachtete die Aufnahmen: Richter Geyer, den die Staatsanwaltschaft vertretenden Rechtsreferendar Adrian Guhling, der Angeklagte selbst und auch der Nebenklagevertreter, Rechtsanwalt Thomas Kliemann. Im Gerichtssaal hörbar war auch die Tonspur und die sollte sehr wohl eine Frau in Bedrängnis und Ausnahmezustand dokumentieren: „Ey, pass bloß auf, du. Der hat mir jetzt eine auf den Arm gehauen – dieses Schwein.“ Die Treffer sollten sich auf den Brustbereich ausweiten.

    Für Guhling sollte die Sache klar sein. Aus mehreren Gründen. Nahm der Angeklagte eine Zeit lang für sich in Anspruch, bei seinem Austeilen aus Notwehr heraus gehandelt zu haben, so wies ihm Guhling nach, dass er eine solche Notwehr weder ankündigte, noch es Mietern gestattet ist, „Absperrungen in gemeinschaftlich genutzten Räumen vorzunehmen“. Auf zehn Monate Haft zur Bewährung plädierte Guhling. Drei Jahre sollte nach ihm die Bewährungszeit dauern, verbunden mit einer Geldauflage in Höhe von zwei Monatsgehältern.

    Doch was sind Monatsgehälter bei dem 70-jährigen Rentner? Tatsächlich sollte der Mann es ablehnen, Angaben zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zu machen. Das ginge „niemanden etwas an“, befand er.

    Eine gewisse kriminelle Energie

    Für Nebenklagevertreter Kliemann hätte die Sache mit zehn Monaten nicht ihr Bewenden haben sollen. Er plädierte auf zwölf Monate Haft zur Bewährung, eben auch darum, weil er bei dem Angeklagten „eine gewisse kriminelle Energie“ auszumachen glaubte. Der Angeklagte selbst zeigte sich uneinsichtig und wies darauf hin, in 177 Fällen Opfer von Schikanen geworden zu sein. Für ihn bestand das, was seine einstige Vermieterin gegen ihn vorbrachte, aus „so vielen Märchenaussagen, so vielen Lügen“.

    Kopfschütteln und ein Raunen im Saal sollten seine Worte hervorrufen, wonach er seiner einstigen Vermieterin zutraute, „dass sie sich ihre Verletzungen nachträglich selber beibrachte“. Er forderte, das Verfahren gegen ihn niederzuschlagen und die Vermieterin wegen Einbruch und Körperverletzung anzuklagen. Das Urteil dürfte ihn somit enttäuscht haben. Zu acht Monaten Haft auf drei Jahre Bewährung nebst 1500 Euro Bewährungsauflage verhängte Geyer die Strafe wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen.

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