Es brauchte geschickte Fragen, um am Montag im Amtsgericht eine wegen Diebstahls angeklagte Frau zu überführen. Staatsanwältin Regina Bronsch und Richterin Katharina Mülling bekamen es mit einer im östlichen Landkreis Lebenden zu tun, die vorgab, während eines Entwendungsvorgangs unter MedikamenteneinMehrmals sollte es während des Prozesses vorkommen, dass Staatsanwältin Bronsch einen Umstand genauer erklärt bekommen wollte. Den nämlich, wie sich die Angeklagte gefühlt habe, als sie an jenem 24. Oktober 2023 mit Lebensmitteln im Wert von 20,93 Euro ohne zu bezahlen an der Kasse eines Burgkunstadter Supermarkts vorbeiging.
„Wie bekifft“, ließ die Angesprochene durch den ihr zugewiesenen Übersetzer mitteilen. Grund hierfür sei eine Tablette gewesen, die sie an diesem Tag zu sich nahm. Doch was genau stellte sie sich unter Bekifft-Sein vor? Und machte sie diese ärztlich verordnete Tablette wirklich steuerungslos? Staatsanwältin Bronsch meldete Zweifel an den Aussagen der 38-jährigen Hausfrau an.
Sache mit dem Medikament
Zwar gab diese an, dass sie, immer dann, wenn sie das Medikament erhalte, „nicht Auto fahren dürfe und daheim bleiben soll“ und insofern könnte ihr Gang zum Burgkunstadter Supermarkt einem benebelten Verhalten entsprochen haben. Doch auch Mülling wollte es konkreter wissen: „Ihr Kopf wird durch das Medikament schwer – ist es, wie ohnmächtig zu sein?“ Die Antwort der Frau, die sich ausschließlich ihrer Muttersprache bediente und die sie durch den Übersetzer geben ließ, lautete: „Es ist wie Rauschgift zu benutzen.“
Darauf wiederum hielt Mülling die Frage parat, woher sie denn wisse, an jenem bewussten Tag im Oktober eben dieses Mittel genommen zu haben. Jetzt geriet die Gefragte ins Schwimmen, hatte sie zuvor doch angegeben, an jenen Tag keine Erinnerung mehr zu haben. Staatsanwältin Bronsch ging noch einen anderen Weg. Sie stellte gegenüber der Angeklagten heraus, dass, wenn es zu einem Gutachten darüber käme, ob jenes bewusste Medikament wirklich so benebelt macht, dass man fast steuerungslos ist, die Gutachterkosten im Falle eines Schuldspruchs auch von ihr getragen werden müssten.
Wäre es demzufolge nicht besser, lieber gleich zu gestehen? Auf dieses Ansinnen ging die Angeklagte nicht ein. Für Bronsch hatte sich ein Verdacht erhärtet und sie formulierte es so: „Ich habe noch nie gehört, dass dieses Mittel eine solche Wirkung entfacht, dass man nicht weiß, ob man was einsteckt.“
Zeugin sagt aus
Weiteren Aufschluss versprach sich das Gericht durch die Vernehmung einer Zeugin. So trat eine 58-jährige Mitarbeiterin des Supermarkts durch die Tür in den Saal 14 des Amtsgerichts und die hatte noch jede Menge Erinnerungen sortiert bei sich.
Eine davon lautete darauf, dass man sich am Tattag mit der Angeklagten sehr gut in deutscher Sprache verständigte. „Sie versteht alles“, so die Zeugin. Laut ihr habe die Angeklagte, als sie auffällig wurde, durch die Kasse ging und auf eine nicht bezahlte Ware hingewiesen wurde, vor allem eines gesagt: „Bitte keine Polizei.“ Dieser Satz sollte sowohl von Mülling wie auch von Bronsch als entlarvend betrachtet werden. Denn wenn die Frau benebelt gewesen wäre, hätte sie doch nicht gleich verstanden, welche Konsequenzen die Kontrolle mit sich brächte.
„So, das klingt ja jetzt schon so, als ob Sie wüssten, was Sie da machen, wenn die Polizei nicht kommen soll“, sprach Mülling der Angeklagten gegenüber aus. Was diese Einschätzung stützen sollte, war auch die Aussage der Supermarktmitarbeiterin, wonach die 38-Jährige an jenem Tag keinerlei Ausfallerscheinungen zeigte, sondern absolut sortiert wirkte.
Nicht zum ersten Mal
Schon vor vier Jahren geriet die Angeklagte mit dem Gesetz in Konflikt und das damals auch schon wegen eines Diebstahls. Seinerzeit hatte sie deshalb eine Geldauflage in Höhe von 450 Euro zu zahlen. Diesmal stand für sie zu befürchten, dass das Urteil härter ausfallen könnte. Das tat es auch. Bronsch forderte in ihrem Plädoyer 1000 Euro Auflage. Dann war es an der Angeklagten, sich zu dem verhandelten Geschehen zu äußern. Und aus Sicht Müllings auch an der Zeit, bedauernde Worte für ihr Tun vorzubringen.
Doch alles was sie zu sagen hatte, war eine Frage: „Wieso so hoch?“ So hoch sollte es für die Enddreißigerin nicht kommen, denn Mülling sprach eine darunter liegende Urteilshöhe aus. Wegen Diebstahls wurde eine auf 750 Euro lautende Geldstrafe ausgesprochen.