Welche Erfahrungen haben Sie mit dem TÜV? An so manche Erlebnisse und Anekdoten können sich unsere Leser erinnern. In Deutschland muss ein Neuwagen erst nach drei Jahren zum Termin, danach alle zwei Jahre. Für die Hauptuntersuchung inklusive Abgas-Sonderuntersuchung sind zurzeit 89,50 Euro zu berappen. Interessant ist der Blick auf andere Länder oder Kontinente. Was kostet es dort, wie läuft es ab? Der Altenkunstadter Andreas Motschmann leibt in Bolivien und berichtet aus dem südamerikanischen Land.
Seit fünf Jahren hat Motschmann einen Kleinwagen. Jedes Jahr muss er zur technischen Fahrzeugkontrolle. Von der ersten Septemberwoche bis zum 17. Dezember findet in Bolivien die Fahrzeugüberwachung statt. Die bolivianische Polizei hat dazu landesweit 148 Stellen für die technische Fahrzeugkontrolle eingerichtet. Kontrolliert wird von Montag bis Samstag von 8 bis 16 Uhr.
Die Zulassungsbescheinigung (Original und Kopie), ein Einzahlungsbeleg der Bank über 30 Bolivianos (umgerechnet knapp fünf Euro) und eine Ausweiskopie mit Handynummer müssen vorgelegt werden. Der Halter des Fahrzeugs darf vor der Fahrzeugprüfung keine Schulden wegen früherer Verstöße haben. Auch das ist nachzuweisen.
Keine Terminvereinbarung, deshalb Warteschlangen

In Deutschland bekommt man einen Termin, in Bolivien nicht: Man muss sich vor den Kontrollpunkten in der Reihe anstellen. Im September ist es relativ ruhig; am frühen Morgen stehen oft nur sechs bis zehn Fahrzeuge in der Reihe. Ende November und Anfang Dezember verschärft sich die Situation: Die Warteschlange wird länger, man muss Stunden warten. Speziell am Samstag, wo viele Berufstätige nur an diesem Tag Zeit haben, stellen sich manche bereits am frühen Morgen um 5 Uhr in die Warteschleife. Einige nehmen extra einen Tag Urlaub, um unter der Woche mit weniger Wartezeit die Inspektion zu erledigen. Auch der Autor dieser Zeilen hat dies vor ein paar Jahren so praktiziert. Da er im Schuldienst nicht freibekam, blieb ihm nur das Warten am Samstagmorgen. Mit einem Buch im Auto fuhr er vor 5 Uhr zum Kontrollpunkt in seinem Stadtteil. Da auch andere die gleiche Idee hatten, kam er erst um 9.30 an die Reihe.
Im Vorfeld muss man erst die Gebühr in einer Bank bezahlen. Dann heißt es einen gründlichen Blick auf sein Auto werfen; wie ist der Zustand der Reifen, funktionieren alle Lichter? Ist mein Erste-Hilfe-Kasten in Ordnung, wo sind meine zwei Warndreiecke, in welchem Zustand ist der Ersatzreifen? Mit den weiteren Kopien von der Zulassungsbescheinigung und vom Personalausweis kann es losgehen. Der Führerschein muss dabei sein, wird aber nicht immer kontrolliert. Es geht um das Fahrzeug, nicht um den Fahrer.
Bei der ersten Kontrolle von fünf Jahren ging es locker zu. Nur nach dem Erste-Hilfe-Kasten und den Warndreiecken wurde gefragt. Das war alles! Wichtig waren für den Inspektor die vorhandenen Dokumente, in fünf Minuten war alles erledigt. Heute dauert es 10 bis 15 Minuten.
Für die Verkehrssicherheit ist es sehr wichtig
Von Jahr zu Jahr wurde es strenger, zum Glück! Persönlich hat man ein paar Nachteile, aber der Verkehrssicherheit dient es. Der Zustand vieler alter Autos in Bolivien ist katastrophal, speziell Bremsen und Reifen sind problematisch. Wie solche Fahrzeuge durch die Kontrolle kommen, ist rätselhaft. Leider werden bei dieser technischen Inspektion die Bremsen immer noch nicht überprüft. Inzwischen sind abgefahrene Reifen ein Grund, die Prüfung nicht zu bestehen: Man muss sich später mit den neuen Reifen nochmals in die Warteschlange stellen. Einige fahren zu einer anderen Kontrollstelle. Vielleicht haben sie dort Glück und der Prüfer oder die Prüferin wirft kein gründliches Auge auf die Reifen; dann ist die Prüfung bestanden. Das Gleiche gilt bei der Beleuchtung. Wenn eine Lampe nicht funktioniert, kann man sich den Weg zur nochmaligen Kontrolle oder eine andere Stelle ersparen, indem man den Polizisten im Zelt einen kleinen Geldschein unter die Unterlagen schiebt. So hat später der Prüfer sein kostenloses Frühstück, und der Autohalter hat sich ein weiteres Warten in der langen Schlange erspart.
Seit ein paar Jahren fährt man sein Auto auf eine kleine mobile Rampe. Doch der Polizist legt sich nicht unter das Auto, um nach möglichen Schäden zu suchen. Die Rampe dient zum bequemen Blick in den Motorraum. Seit diesem Jahr wird auch die Fahrzeugnummer mit dem Fahrzeugbrief verglichen: Autoklau und das Stehlen von Fahrzeugteilen ist in Bolivien leider eine gängige Praxis. Der Erste-Hilfe-Kasten und die Warndreiecke werden immer kontrolliert.
Mobile Kontrollstellen werden jeden Tag auf- und abgebaut

Die Kontrollstellen sind mobil. Jeden Morgen bauen die beiden Polizisten ihr Zelt auf und am Nachmittag wieder ab. Hinzu kommen ein Tisch und ein Stuhl. Bis vor einem Jahr stand auf dem Tisch noch ein Drucker, das Zertifikat auszudrucken. In diesem Jahr bekommt der Fahrzeughalter nach bestandener Prüfung nur noch eine Rosette mit einem QR-Code, welche der Polizist an die Windschutzscheibe klebt. Das digitale Zertifikat wird per E-Mail oder WhatsApp dem Eigentümer zugeschickt. Der muss es selber ausdrucken und in sein Handschuhfach legen.
Was passiert, wenn die technische Fahrzeugkontrolle nicht durchgeführt wird? Bei Nichteinhaltung wird nach Ablauf der Frist eine Geldstrafe von 100 Bolivianos verhängt, umgerechnet 15 Euro. Diesen Betrag gönnen sich viele, die sich die Zeit für die lange Wartezeit ersparen wollen oder einfach die Inspektion vergessen.