„Wenn es hier nur deutschstämmige Kinder gäbe, hätten wir nur halb so viele Schüler“: Manfred Heimbuch schaut auf Mona Pakinezhad und seine Miene hellt sich auf. Die 15-jährige Iranerin lebt mit ihrer 20-jährigen Schwester Tina und mit ihrer Mutter seit rund zwei Jahren in der Asylbewerberunterkunft in Weismain und besucht die Mittelschule in Altenkunstadt. Dort ist sie, wie der Schulleiter formuliert, ein „leuchtendes Beispiel“ für eine gelungene Integration ausländischer Menschen in eine Gemeinschaft bei uns.
Kinder aus anderen Ländern, seien sie aus Familien von Asylbewerbern oder Aussiedlern, sind in der Mittelschule in Altenkunstadt keine Seltenheit. „Es ist ein Kommen und Gehen“, sagt Manfred Heimbuch. Kürzlich besuchten neun Kinder, die in der Weismainer Asylbewerberunterkunft wohnen, die Schule. Sie kommen aus Iran und Tschetschenien. Spanier und Rumänen zählten auch schon zur Schulgemeinde und junge Aussiedler aus Russland. Im ganzen Landkreis gehen derzeit rund 20 Kinder von Asylbewerbern in Grund- und Mittelschulen, sagt Schulamtsdirektor Norbert Hauck.
Freundliches Wesen
Manche Schüler bleiben nur zwei bis drei Monate, wenn den Familien die Abschiebung droht. Auch der Familie Pakinezhad drohte vor einigen Monaten dieses harte Los. Mutter und Töchter waren wegen drohender Verfolgung aus dem Iran geflohen.
„Damals ist die Mona, die sonst so fröhlich und aufgeweckt ist, jeden Tag mit trauriger Miene durch die Schule gelaufen“, erinnert sich der Rektor an die Zeit, als es um den Verbleib in Deutschland ging. Inzwischen haben sich die Mienen wieder aufgehellt. Die Abschiebung ist vorläufig vom Tisch. Mona kann wieder das sein, was sie so gerne ist: Eine freundliche junge Frau, die gerne in die Schule geht, dort gute Noten schreibt und sogar in der Schulband mitwirkt. Sie schwingt die Stöcke an der Trommel.
Die Geschichte der 15-jährigen Iranerin ist nicht nur wegen ihres schulischen Erfolgsweges bei uns außergewöhnlich. Die Familie stammt aus sehr gut situierten Verhältnissen. Die Familie ist bildungsnah. Die Mutter ist eine sehr gute Künstlerin. Schwester Tina hat vor der Flucht im Iran ihr Abitur gemacht.
Dieser Abschluss wird bei uns nicht nur wegen der anfangs gravierenden Verständnisschwierigkeiten mit der deutschen Sprache nicht anerkannt. Das bayerische Kultusministerium setzt ein iranisches Abitur mit der Mittleren Reife in Bayern gleich, sagt der Schulleiter. In der Mittelschule in Altenkunstadt hat Tina innerhalb eines Jahres einen der besten Quali-Abschlüsse hingelegt und ist jetzt auf dem Weg zur Mittleren Reife.
Viele junge Menschen aus anderen Ländern dieser Welt tun sich wesentlich schwerer, um in unserem Bildungssystem richtig Fuß zu fassen, meint Heimbuch. „Kinder aus Tschetschenien zum Beispiel sind Kriegsflüchtlinge. Sie haben noch nie eine Schule von innen gesehen“, so der Schulleiter. Für jeden dieser jungen Menschen gilt zunächst wie für alle, die bei uns richtig ankommen wollen: Die Sprache des neuen Heimatlandes lernen. In der Mittelschule in Altenkunstadt gibt es eine spezielle Förderlehrerin, Ulrike Knauer. Sie büffelt außerplanmäßig Deutsch mit den ausländischen Schülern.
Unterricht in fünf Sprachen
Im Regelunterricht müssen die Lehrer flexibel sein. Heimbuch weiß von seinem Stellvertreter, bei dessen Unterricht es auch schon einmal fünfsprachig zuging. Die Schüler wurden per Google-Übersetzer auf Iranisch, Russisch, Englisch, Französisch, Albanisch und „Fränkisch“ unterrichtet, wie der Schulleiter mit einem Schmunzeln berichtet. Mona profitiert derzeit nicht nur von einer guten Sprachförderung bei uns. Sie gibt auch Fähigkeiten weiter, die sie bereits vor ihrer Ankunft in Deutschland erlernt hat. Seit ihrem vierten Lebensjahr spielte sie ein persisches Instrument, Tombak genannt. Es ist ein Schlaginstrument. Als der Musiklehrer vor einiger Zeit in der Mittelschule für die Schulband einen Schlagzeuger suchte, meldete sich die junge Perserin. Sie könne zwar keine Noten lesen und spiele mehr nach Taktgefühl. Aber sie wolle es probieren. Seitdem probt sie mit ihren Mitschülern jeden Montag und hat auch schon etliche schulinterne Auftritte absolviert. Schulleiter Heimbuch sieht seine Schule in puncto Integration auf einem Beispiel gebenden Weg. Das neue Schullogo wurde unter kräftiger Mithilfe der Mutter von Mona neu gestaltet. Die Schule trage den Titel „Schule ohne Rassismus“. Sie sei auch „Schule mit Courage“ und habe für dieses Projekt einen prominenten Paten aus der TV-Sendung Galileo.
Heimbuch wünscht seinen beiden Schülerinnen wie natürlich allen Schülern seiner Schule einen möglichst guten Abschluss, damit auch gute Aussichten für den weiteren beruflichen Weg geschaffen werden. Mona und Tina wollen mit ihrer Mutter zusammen bald eine Wohnung in Burgkunstadt finden. Die Familie darf nämlich aus der Asylbewerberunterkunft ausziehen und ist momentan auf Wohnungssuche. Auch da wünscht der Schulleiter viel Erfolg.