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HORB: „Das ist wie Kuchen backen“

HORB

„Das ist wie Kuchen backen“

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    Ein FTO-Arbeiter glättet hier das noch flüssige Beton. FOTO: Adriane Lochner
    Ein FTO-Arbeiter glättet hier das noch flüssige Beton. FOTO: Adriane Lochner Foto: Adriane Lochner

    „Das ist wie Kuchen backen“, sagt Detlef Dressel, Geschäftsführer des Fertigteilwerks Obermain GmbH (FTO) in Horb am Main. Mit der Metapher aus der Küche erklärt der Ingenieur, wie man Stahlbeton herstellt: „Als Form dient eine Holzschalung. Hinein kommt der Korb aus Betonstahl und eventuell noch Einbauteile wie Elektroleitungen, Blitzschutz oder Rohre für die Dachentwässerung. Dann wird alles mit der flüssigen Betonmasse aufgegossen.“

    „Beton hält großen Druckkräften stand, Stahl großen Zugkräften. Die Fertigteile halten damit größere Lasten aus, als reine Stahl-, Holz- oder Betonkonstruktionen.“

    Detlef Dressel, Geschäftsführer FTO

    Durch chemische Prozesse beim Aushärten fühlt sich das Fertigteil beim Ausschalen noch warm an, als käme es gerade aus dem Backofen. So ein „Kuchen“ aus der FTO kann rund 40 Meter lang und 80 Tonnen schwer sein. So zum Beispiel die sechs Spannbetonbinder für die im Jahr 2011 gebaute Industriehalle des Redwitzer Katalysatorherstellers Johnson Matthey. Die Baustellen, die die FTO beliefert, liegen alle in einem Radius von maximal 300 Kilometern um den Firmenstandort am Obermain. Viele Bauteile müssen via Sondertransport ausgeliefert werden.

    Kaufland-Baustelle

    Eine dieser Baustellen ist derzeit das Kaufland in der Robert-Koch-Straße in Lichtenfels. Auftraggeber ist die Konzeptbau Bauträger- und Immobilien GmbH. Mit Unterstützung der Massiv-Bau GmbH aus Lichtenfels, stellt die FTO sämtliche Gebäudeteile her – mit Ausnahme des Blechdachs und der Bodenplatten. Das sind rund 400 Fertigteile von Stützen über Decken- und Wandplatten bis hin zu den Dachträgern. Der Materialaufwand liegt bei knapp 200 Tonnen Betonstahl, zehn Tonnen Spannstahl und 1350 Kubikmetern Spezialbeton.

    Das Kauflandprojekt ist eines der besten Beispiele für das Erfolgskonzept der Stahlbetonbranche. Baubeginn war Ende Oktober, die Fertigstellung ist Anfang Dezember geplant. In nicht einmal zwei Monaten entsteht ein Bauwerk mit rund 5200 Quadratmetern Gesamtfläche. Die Kosten liegen bei lediglich einer Million Euro.

    Gleichzeitig bietet die Kombination aus Stahl und Beton als Bausubstanz statische Vorteile. FTO-Geschäftsführer Dressel erklärt: „Beton hält großen Druckkräften stand, Stahl großen Zugkräften. Die Fertigteile halten damit größere Lasten aus, als reine Stahl-, Holz- oder Betonkonstruktionen.“ Kurz gesagt schafft es der Fertigteilbau, gut, schnell und günstig gleichzeitig zu produzieren. Das gefällt den Bauherren, die Branche boomt. Das sieht man an den Umsatzzahlen, auch bei der FTO, mittlerweile einem der großen eigenständigen Fertigteilwerke im konstruktiven Fertigteilbau in Bayern.

    2001 ist das Unternehmen durch Eigentümerwechsel aus der Insolvenz der Firma Dechant entstanden. Seitdem ist die Zahl der Mitarbeiter von 80 auf 120 angestiegen. Die FTO erwirtschaftet mittlerweile einen Jahresumsatz von fast 20 Millionen Euro.

    „Wir sind ein solides Unternehmen, das sichere und attraktive Arbeitsplätze bietet. Der Beruf und seine Vorteile sind leider in der Öffentlichkeit nicht entsprechend bekannt.“

    Detlef Dressel

    Dieses Jahr wurde das Unternehmen zum fünften Mal mit CrefoZert ausgezeichnet, dem Bonitätszertifikat der externen Rating-Agentur Creditreform. „Ein Qualitätssiegel für unseren kaufmännischen Bereich“ nennt es Dressel. Während der Zertifizierung wurde unter anderem der Geldfluss innerhalb der Firma sowie die Rücklagen geprüft. „Für unsere Lieferanten und Mitarbeiter heißt das, sie können Vertrauen haben. Wir haben kontinuierlich sauber gearbeitet, die Firma funktioniert.“

    Größere Referenzprojekte der FTO sind zum Beispiel die DSV-Skihalle in Oberndorf, Produktionshallen für die Firmen Bosch, Playmobil, Stahlgruber, Brauhaus Tegernsee sowie ein Flughafen-Parkhaus in Nürnberg und sogar die Münchner Allianz-Arena, für die das Unternehmen Wandplatten, Brüstungen, Treppen und Blockstufen hergestellt hat.

    Materialverbrauch

    Vom Erfolgskurs der FTO profitieren auch andere regionale Unternehmen. Der Sand stammt beispielsweise vom Kieswerk Schramm in Trieb, der Schotter von der Debus Naturstein GmbH & Co KG in Klosterlangheim. Hartstein bezieht das Unternehmen von den Hartsteinwerken Schicker OHG in Bad Berneck. Der gesamte Materialverbrauch der FTO liegt bei etwa 100.000 Tonnen im Jahr. „Die FTO ist ein Komplettpartner“, so Geschäftsführer Dressel. Die Firma verfügt über eine Technische Abteilung, die den Auftraggeber in der statischen Planung unterstützen kann. In der 11.500 Quadratmeter großen Fertigungshalle wird nicht nur Betonstahl geschnitten und gebogen oder Betonrezepturen entwickelt und hergestellt, es gibt auch eine Schlosserei, die diverse Einbauteile produziert sowie eine Schreinerei, die die Holzschalungen, also die „Kuchenformen“ herstellt. In der Verwaltung wird die Planung, Produktion, Lieferung und Montage der Fertigteile organisiert. Die FTO verfügt über vier Montagekolonnen mit zwei eigenen Autokränen, die 110 beziehungsweise 180 Tonnen Tragvermögen haben.

    Weitere Fertigungshalle geplant

    Dressel zufolge ist eine Erweiterung um eine weitere Fertigungshalle geplant, aufgrund der hohen Auftragslage fehlt allerdings die Zeit, das Projekt umzusetzen. 2017 wolle er mindestens zehn neue Mitarbeiter sowie drei zusätzliche Auszubildende beschäftigen. Allerdings ist das Personal der Flaschenhals für das Wachstum der FTO. „Mehr Leute gehen in den Ruhestand als nachkommen“, sagt Dressel.

    Fehlende Fachkräfte

    Vor allem an qualifizierten Fachkräften fehle es. Etwa 80 Prozent seiner Mitarbeiter seien Betonfertigteilbauer, ausgebildet durch die Industrie- und Handelskammer. Bayernweit gibt es dafür nur eine Berufsschule. Die befindet sich zwar in der Nähe, nämlich in Bayreuth, doch mangelt es Dressel zufolge an Interesse. Davon seien Handwerksberufe im Allgemeinen betroffen.

    Attraktiv

    „Die jungen Leute haben scheinbar Angst davor, selbst etwas zu schaffen. Sie setzen lieber auf Computerarbeit als auf handwerkliches Geschick“, sagt Dressel. Die Qualität in der Produktion gehört für ihn zur Firmenphilosophie. Im Gegenzug bietet das Unternehmen einen attraktiven Arbeitsplatz. Anders als auf der Baustelle ist die Produktion bei der FTO überdacht, die Arbeitsplätze also auch im Winter sicher.

    Arbeitszeiten

    Die Arbeitszeiten sind versetzt, die Mitarbeiter können sich also aussuchen, ob sie bereits um fünf beginnen wollen oder erst um sieben Uhr. Schichtarbeit gibt es nicht, gezahlt wird nach Tarif. „Wir sind ein solides Unternehmen, das sichere und attraktive Arbeitsplätze bietet. Der Beruf und seine Vorteile sind leider in der Öffentlichkeit nicht entsprechend bekannt“, so Dressel.

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