Mehr als 4000 Besucher pilgerten am Wochenende nach Lichtenfels, um dem jährlich stattfindenden Ragnarök beizuwohnen, einem der größten Paganmetal Szene-Festivals in Deutschland. Dubiose Gestalten, teils in schwarzen Kutten, teils in mittelalterlichen Umhängen, immer irgendwie anders, so wurden die Besucher des Festivals in dessen Anfangszeit wahrgenommen. Manch ein Vertreter des städtischen Handels beschwerte sich, „die dunklen Schreckgestalten“ würden die Kundschaft verscheuchen und so gar für Gewinneinbrüche sorgen.
Die Ragnarök-Besucher waren mehr Eindringlinge, denn Gäste der Korbstadt am Obermain. Das hat sich im Laufe der Jahre geändert. Am Wochenende fand das Ragnarök bereits zum 14. Mal statt, die oft in schwarz gewandeten Besucher werden mittlerweile herzlich gegrüßt, wenn sie durch die Innenstadt spazieren und sich die Stadt auch abseits des Konzertgeländes ansehen. Sogar die Einstellung des Handelsvertreters von damals hat sich geändert: Anstelle einer Beschwerde über die Ankunft der „schwarzen Schreckgestalten“, verkündete er nun über soziale Medien und Plakat „Metalheads welcome!“, verziert mit dem gängigen Szene-Symbol der Faust mit abgespreiztem Kleinen- und Zeigefinger.
„Gedanken wie ,die Schwarzen sind wieder da‘, sind mittlerweile weg. Seit den vergangenen drei bis vier Jahren kommt stattdessen nur noch positives Feedback“, sagt auch Christian Thiem. Der Weismainer ist auf dem Festival für die Technik verantwortlich und koordiniert die Bands. Neben dem Festival-Gründer Ivo Raab ist er der Hauptorganisator des Ragnarök. „Auch wenn es viel Arbeit ist, es macht auch uns einfach Spaß und muss daher einfach ein Mal im Jahr sein“, sagt er.
„Auch wenn es viel Arbeit ist, es macht auch uns einfach Spaß und muss daher einfach ein Mal im Jahr sein.“
Christian Thiem, Techniker
Dabei haben beide nicht viel von der Musik ihres eigenen Festes. Hier fällt mal eine Gasflasche aus, da landet mal eine Band zu spät am Flughafen oder steht zu lange im Stau. Mal hier, mal dort, irgendwo werden sie immer gebraucht, um sich um die eine oder andere Sache zu kümmern.
Wenn nicht, dann stehen sie auch mal selbst an der Bändchen-Ausgabe und nehmen die Eintrittskarten der Besucher entgegen. Zeit für Musik bleibt da nicht. „Manchmal ein bisschen von einem Lied aufschnappen, mehr geht nicht“, sagt Ivo Raab. Als Gründer des Ragnarök ist das Festival ihm ans Herz gewachsen wie ein Sprössling: „Es ist wie eine Art Kind. Mal liebt man es, mal hasst man es, aber egal was passiert – es bleibt dein Baby.“
Wie eine Familie
Schon in der nächsten Woche fangen beide an, für die Neuauflage im Jahr 2018 zu planen und zu organisieren. Wieso all der Stress und die Arbeit, wenn nicht einmal die Zeit für das Hören eines Liedes bleibt und auch das Geld kein Faktor sein kann? „Es sind die Menschen“, sagen Christian Thiem und Ivo Raab.
„Ob Crew, Musiker oder Besucher, über die Jahre hinweg ist das hier wie eine Familie geworden. Es sind völlig unterschiedliche und total durchgeknallte Leute die hierher kommen, aber die sind eben auch verdammt liebenswerte und tolle Menschen.“ Einer dieser Menschen ist Pascal Heimann. Der Lichtenfelser kommt schon seit Jahren immer wieder zum Ragnarök, das auch für ihn mittlerweile zu einer Art Familienfest geworden ist. In diesem Jahr hat er sich für ein Outfit mit schwarzem Lederhut und Lederjacke entschieden, auf deren rechter Schulter er ein Einhorn-Stofftier gebunden hat. Alle paar Minuten kommt jemand vorbei, um das Einhorn zu streicheln oder auf den Kopf zu tätscheln. „Wegen solchen Leuten bin ich hier“, sagt er und lacht. Fragt man die Besucher, wieso sie jedes Jahr aufs Neue zum Ragnarök pilgern, gibt es vor allem zwei unterschiedliche Antworten. Die einen feiern die Musik, das „herrliche Gegröle“, „tolle Geknüpple“ und die „krassen Bässe“. Die anderen geben gar nicht so viel auf die Musik, sie sind wegen des Familienfestes hier, um viele alte Bekannte und Freunde wieder zu treffen.
450 Einsatzstunden beim Bayerischen roten Kreuz Ehrenamtlich Aktive des Roten Kreuzes beim Ragnarök-Festival im Großeinsatz. 36 ehrenamtliche Rotkreuzler des BRK-Kreisverbandes haben die sanitätsdienstliche Absicherung auf dem Ragnarök-Festival übernommen. Es wurden über 450 Einsatzstunden geleistet. Insgesamt 36 ehrenamtlich Aktive der Bereitschaft Lichtenfels, der Unterstützungsgruppe Sanitätseinsatzleitung (UGSanEL) sowie Rotkreuzler vom BRK-Kreisverband Coburg waren im Drei-Schicht-Betrieb im Dauereinsatz und übernahmen die Behandlung von 51 Festivalbesuchern. Acht Krankentransporte ins Klinikum Lichtenfels waren notwendig. BRK-Kreisbereitschaftsleiter Bernd Albert, der als Organisatorischer Leiter für die sanitätsdienstliche Absicherung des Großereignisses hauptverantwortlich war, zog ein sehr positives Resümee und war auf die ehrenamtliche Einsatzbereitschaft der Rotkreuzfamilie sichtlich stolz. Gerade die mobile BRK-Rettungsstation und der umgerüstete Einsatzleitwagen der UGSanEL, ermöglichte eine noch schnellere und professionellere Behandlung.