„Wir begrüßen unsere heute neugeborene Schwester von Herzen“, sagte Armin Kroder, der Landrat des Landkreises Nürnberger Land und Sprecher der Interessengemeinschaft Elektrifizierung Nürnberg-Bayreuth/Cheb. Anlass war die offizielle Gründung der Interessengemeinschaft „Elektrifizierung Oberfrankenachse“.
Etwa 40 oberfränkische Landräte, Bürgermeister, Bundes- und Landtagsabgeordneten sowie Vertreter der Kammern versammelten sich am Freitagnachmittag im Kulmbacher Landratsamt, um dem Ausbau der Bahnlinie zwischen Lichtenfels, Kulmbach, Bayreuth und Hof politisches Gewicht zu verleihen. Dazu unterzeichneten sie eine Resolution, in der es heißt: „Oberfranken appelliert mit größtem Nachdruck an die Bundesregierung, die Elektrifizierung und den vollständig zweigleisigen Ausbau der Oberfrankenachse in den Vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans 2030 aufzunehmen.“
„Ich hoffe, dass wir das Dampflok-Museum in Neuenmarkt bald erweitern können um ein Diesellok-Museum.“
Klaus Adelt, Landtagsabgeordneter
Vergangenes Jahr wurde in Berlin ein neuer Bundesverkehrswegeplan vorgestellt. Dieser legt fest, welche Straßen- und Schienenprojekte deutschlandweit realisiert werden sollen. Vor allem die CSU-Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner hatte sich dafür eingesetzt, dass – neben einigen anderen Infrastrukturprojekten in der Region – die Elektrifizierung und der Ausbau der Oberfrankenachse in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen wurde.
Vorhaben mit potenziellem Bedarf
Derzeit ist das Projekt als „Vorhaben mit potenziellem Bedarf“ eingetragen. Ende des Jahres soll entschieden werden, ob es zum „Vorhaben mit vordringlichem Bedarf“ hochgestuft wird. Damit rückt die Realisierung einen Schritt näher. „Wenn das nicht geschieht, entsteht eine Dieselinsel“, warnte Zeulner erneut. Sie bezog sich damit auf die Elektrifizierungslücke, die auf der Bahnstrecke Hochstadt/Marktzeuln-Hof – Nürnberg – Bayreuth-Neuenmarkt/Wirsberg klafft.
Die Region ist derzeit nur über dieselbetriebenen Nahverkehr erreichbar, jedoch nicht über moderne Interregio-Express (IRE)-, Intercity (IC)- oder Intercity-Express (ICE)-Verbindungen. Die Elektrifizierungslücke müsse geschlossen werden, um die Einbindung der Region in den deutschlandweiten Schienenfernverkehr zu ermöglichen, so Zeulner. Sie freute sich, dass ganz Oberfranken hinter dem Vorhaben stehe.
Nur bis Hochstadt elektrifiziert
Derzeit ist die Oberfrankenachse nur auf ihrer westlichen Hälfte von Bamberg beziehungsweise Coburg über Lichtenfels bis Hochstadt-Marktzeuln elektrifiziert. In Richtung Kulmbach, Bayreuth und Hof fehlt der Fahrdraht. Thomas Kneipp (CSU), Erster Bürgermeister von Hochstadt, sagte: „Der Hochstadter Bahnhof ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt mit Abzweigungen nach Kronach, Kulmbach und Bamberg.“ Bei Grundstücksverkäufen sei der Bahnhof ein zentrales Argument. Durch die Elektrifizierung der Strecke würde der Bahnverkehr schneller und umweltschonender. Dieselfahrzeuge seien nicht zukunftsträchtig.
Landtagsabgeordneter Klaus Adelt (SPD), selbsternannter Eisenbahnfan, bekräftigte scherzhaft: „Ich hoffe, dass wir das Dampflok-Museum in Neuenmarkt bald erweitern können um ein Diesellok-Museum.“ Der Lichtenfelser Landrat Christian Meißner (CSU) erklärte, warum die Elektrifizierung der Oberfrankenachse für den gesamten Landkreis Lichtenfels von Bedeutung sei: „Die Verbindung nach Bayreuth und Kulmbach ist ein Lückenschluss. Sie bringt den Ost-West-Verkehr nach Lichtenfels.“ Dabei seien Pendler die Pflicht, Touristen die Kür. Vor allem für den Tourismus wäre es ein bedeutender Schritt, wenn Kulmbach sich dem Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) annähert. In diesem Sinne habe es am Freitag positive Signale gegeben, sagte der Kulmbacher Landrat Klaus Peter Söllner (FW). Spruchreif sei aber noch nichts.
Neben der Elektrifizierung der Bahnstrecke Hochstadt/Marktzeuln-Hof – Nürnberg – Bayreuth-Neuenmarkt/Wirsberg gehe es auch um den zweigleisigen Ausbau „dieser für ganz Oberfranken wichtigen Ost-West-Achse“, so Söllner. Zwischen Marktschorgast und Stammbach, Neuenmarkt-Wirsberg und Schnabelwaid sowie zwischen dem Coburger Bahnhof und Güterbahnhof sei ein zweites Gleis erforderlich.
In der am Freitag unterzeichneten Resolution heißt es unter anderem: „Für den deutschen und europäischen Fernverkehr ist Oberfranken wegen seiner mittigen Lage zwischen Berlin und München sowie an der Nahtstalle von Ost und West ein Verkehrs- und Transitraum von zentraler Bedeutung. Der zügige Ausbau der Verkehrswege ist angesichts der stark steigenden Verkehrsmengen unabdingbar.“ Die Oberfrankenachse sei zudem die zentrale Schienenverkehrsader für den gesamten Regierungsbezirk Oberfranken. Weil der Raum, seine Betriebe und seine Bürger immer mehr abgekoppelt würden, sei ein Ausbau erforderlich.
„Die Verbindung nach Bayreuth und Kulmbach ist ein Lückenschluss. Sie bringt den Ost-West-Verkehr nach Lichtenfels.“
Christian Meißner, Lichtenfelser Landrat
Diese Resolution soll nun von den Beteiligten zur Lobbyarbeit auf allen Ebenen verwendet werden. Ziel ist die Aufnahme in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans 2030. Dort befindet sich bereits die ältere „Schwester“, die Interessengemeinschaft Elektrifizierung der Bahnstrecke Nürnberg-Bayreuth/Cheb, auch bekannt als Franken-Sachsen-Magistrale.
„Gemeinsam sind wir stärker als einsam“, sagte deren Sprecher Armin Kroder. Er bezog sich auf das bundesweite Budget für den Verkehrswegeausbau, als er betonte, am Geld mangle es nicht. Eher gehe es um die Frage, wer sich beim Wettlauf um das Geld durchsetzt.