Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Obermain
Icon Pfeil nach unten
Lichtenfels
Icon Pfeil nach unten

LICHTENFELS: Im Striwa-Gebäude brummt es wieder

LICHTENFELS

Im Striwa-Gebäude brummt es wieder

    • |
    • |
    Das markante Striwa-Gebäude hat Michael J. Pabst wieder mit Leben erfüllt. Vom Sitz des einstigen Textilunternehmens aus konzipiert er multimediale Lernsystem für internationale Kunden.
    Das markante Striwa-Gebäude hat Michael J. Pabst wieder mit Leben erfüllt. Vom Sitz des einstigen Textilunternehmens aus konzipiert er multimediale Lernsystem für internationale Kunden. Foto: Gerhard Herrmann

    „Das ist der schönste Blick auf Lichtenfels – links der Staffelberg und Kloster Banz, rechts Pfarrkirche und Stadtschloss“, schwärmt Michael J. Pabst und zeigt aus dem Fenster des sechsten Stockwerks im ehemaligen Striwa-Gebäude. Stolz ist der Hausherr darauf, das markante Hochhaus nach der Insolvenz des einst wichtigsten Arbeitgebers in Lichtenfels wieder mit Leben erfüllt zu haben. Das Engagement in seiner Heimatstadt hat er mit dem internationalen Erfolg seiner Nova Informationstechnik GmbH ermöglicht. Millionenprojekte im Bereich multimedialer Lernsysteme, vor allem in Algerien, stemmt das kleine Unternehmen mit rund 20 Mitarbeitern, davon zwölf in Lichtenfels.

    „In Algerien haben wir mittlerweile Hoflieferanten-Status.“

    Michael J. Pabst, Geschäftsführer

    Neun Jahre lang stand das Geschäftshaus in der Conrad-Wagner-Straße leer, und angesichts der gewaltigen Nutzfläche von rund 5000 Quadratmetern auf sechs Etagen und einem Grundstück von 15 000 Quadratmetern winkte jeder ab. Die Renovierungs- und Umbaukosten des Gebäudes, das von 1957 bis 1960 errichtet worden ist, schienen horrend. Für den Elektroingenieur Michael J. Pabst standen jedoch nicht die Probleme, sondern die Möglichkeiten, die das Gebäude mit seiner modernen Stahlskelett-Konstruktion bietet, im Vordergrund: „Da im Inneren keine tragenden Wände sind, kann ich jede Etage nach meinen Vorstellungen einteilen“. Ob funktionale Büros mit gerasterten Zwischenwänden aus dem Striwa-Altbestand oder Werkstatträume, die er für den Eigenbedarf der Nova Informationstechnik GmbH nutzt, großzügige Empfangsräume mit abgetrennten Büros, wie für das Job-Center, oder eine offene Halle quer über die ganze Etage für das Kolping-Sozialkaufhaus „Schnäppchentreff“ im Erdgeschoss und Keller – für jeden Bedarf könne mit einfachen Mitteln die ideale Lösung geschaffen werden.

    Vom Jobcenter bis zu Heimtierbedarf

    So haben sich so unterschiedliche Unternehmen wie Pet-Interior mit Designer-Möbeln für Heimtiere, die Bildungseinrichtung P & S mit ihren Seminarräumen, die Diakonie und das Blaue Kreuz sowie die „Revival-Band“ mit einem Probenraum eingemietet. Eigentlich wollte Pabst keine Musiker mehr aufnehmen, nachdem er anfangs mit Proberäumen im Kellergeschoss schlechte Erfahrungen gemacht hatte, doch für die älteren Herren, die Oldies spielen, macht er eine Ausnahme. Und die Lichtenfelser Tafel muss für die Ausgabestelle im Erdgeschoss als karitative Einrichtung keine Miete zahlen – auch den Strom für die Kühltruhen übernimmt Pabst.

    Mit dem ehemaligen Büro der Striwa-Chefin Käthe Wagner wird jetzt auch der letzte freie Raum genutzt. Eine historische Karte von Europa schmückt die mit Nussbaumholz getäfelten Wände. Hier soll sich das Schwesterunternehmen Munz4M, ein Hersteller von Spezialmöbeln für Medizin, Büro und Technik aus Würzburg, künftig präsentieren. Die Nova GmbH übernahm das Traditionsunternehmen, das jahrzehntelang die Möbel für ihre Sprachlabore und Studienräume gefertigt hatte, als es 2002 in Insolvenz ging. „Die großen Schulmöbelhersteller lachen uns aus, wenn wir von einem Produkt nur 100 Stück gefertigt haben wollen – darum machen wir das jetzt selbst“, erklärt Pabst. Diese auf die Wünsche der Kunden maßgeschneiderten Lösungen sind das Erfolgskonzept der Nova GmbH – sei es ein PC-Raum in einer Schweizer Schule oder ein Hörsaal mit 80 Sitzen und eine komplette Übungsfabrik für eine algerische Vorbereitungsschule für Ingenieursstudenten mit CNC-Fräsen, Gießmaschinen, Förderband und Lastenkran. Ein Großprojekt war die komplette technische Ausstattung von zwei algerischen Gendarmerieschulen vom Internet-Anschluss bis zu multimedial ausgestatteten Hörsälen für rund 3,1 Millionen Euro. Das verbaute Material hätte einen Güterzug mit 24 je 40 Fuß großen Containern gefüllt. Außergewöhnlich auch der Auftrag des algerischen Verteidigungsministeriums eine fahrbare Beschallungsanlage mit einer Leistung von vier KW und einer Betriebsdauer von acht Stunden zu entwerfen. Rund 260 000 Euro kostete die Konstruktion auf zwei Lastwagen, davon einer für spezielle Gel-Batterien.

    „In Algerien haben wir mittlerweile Hoflieferanten-Status“, berichtet Pabst stolz. Insgesamt 150 Projekte hat er in dem Land bereits verwirklicht. Nicht nur wegen ihrer Speziallösungen sind die Multimedia-Systeme der Lichtenfelser gefragt, sondern auch wegen ihrer Erfüllungstreue: „Ihr bringt jedes Projekt bis zur letzten Schraube zu Ende, während andere oft auf die Vertragserfüllungsbürgschaften verzichten, um kleine Fehler nicht beheben zu müssen“, habe ein algerischer Regierungsvertreter der Nova GmbH bestätigt.

    Algerien sei ein unterschätzter Markt, weil das Land nicht auf Tourismus an der Küste setze, sondern in Bildung investiere. Als faire Verhandlungspartner hat er die Professoren und Offiziere bei Vertragsabschlüssen kennen gelernt. Korruption spiele kaum eine Rolle, darauf achte bei jeder Verhandlung mit öffentlichen Auftraggebern ein Geheimpolizei-Mitarbeiter. Die Bürokratie sei überschaubar, auch wenn manche Rechnung in zwölffacher Ausführung gefordert werde. Gepunktet hat Pabst bei den arabischen Verhandlungspartnern nicht nur durch Wissen über die Landesgeschichte, sondern auch durch sein Bekenntnis zum katholischen Glauben: „Gläubige Muslime achten andere religiöse Ansichten, nur die verbreitete westliche Laissez-faire-Haltung, die keine Grundsätze vertritt, können sie nicht verstehen.“ Einmal wäre er allerdings trotz seiner guten Kontakte beinahe für eine Nacht in Haft gelandet: Als er allein mit einem Transporter voller Elektronik von der tunesischen Grenze nach Algier fahren wollte, wurden die Grenzpolizisten misstrauisch. Erst nach einem Anruf bei einem befreundeten Offizier gelang es, das Missverständnis aufzuklären und er wurde sogar mit militärischen Ehren verabschiedet.

    Bekenntnis zum Standort Lichtenfels

    Trotz seiner weltweiten Geschäftsverbindungen hat Michael J. Pabst immer am Standort Lichtenfels festgehalten. Zuerst im Wagner-Gebäude und jetzt im ehemaligen Striwa-Haus. „Ich bin von hier in 45 Minuten am Nürnberger Flughafen, das schaffe ich in München auch nicht schneller“, betont er. Der Autobahnanschluss sei optimal, die Miet- und Grundstückspreise niedrig – und das alles mitten in einer wunderschönen Landschaft.

    Auch mit 72 Jahren denkt der studierte Elektroingenieur und Nachrichtentechniker, der das Unternehmen gemeinsam mit seiner Frau und Manfred Vierling leitet, noch lange nicht ans Aufhören. Bis ein geeigneter Nachfolger gefunden ist, will er weitermachen. Einen kaufmännischen Leiter für die Firma zu finden, wäre wohl leichter als einen geeigneten Ingenieur, meint er mit Blick auf den rückläufigen Trend bei technischen Berufen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden