Die Toranlage war 7,50 Meter breit. In der Mitte wurde sie durch einen großen Pfosten getrennt. Jeder der beiden Durchgänge war mit zwei etwa 3,50 Meter hohen Flügeltüren ausgestattet. Darüber befand sich eine überdachte Wachstube für die Soldaten. Nach neuesten Erkenntnissen könnte es so ausgesehen haben, das keltische Zangentor am Staffelberg.
Der Archäologe Markus Schußmann stellte am Mittwochabend in der Aula des Meranier-Gymnasiums in Lichtenfels die Ergebnisse einer sogenannten Sondierungsgrabung vor. Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern hatte er im April und Mai im Auftrag des Landratsamts mehrere kleinräumige Grabungen am Staffelberg vorgenommen. Es ging darum, die Existenz des keltischen Zangentors zu belegen, die bis dahin lediglich eine Vermutung gewesen war.
„Der Staffelberg hat einen hohen emotionalen Wert.“
Christian Meißner, Landrat
Schußmanns Vortag war eine gemeinsame Veranstaltung des Landratsamts Lichtenfels und des Geschichtsvereins Colloquium Historicum Wirsbergense (CHW). Bezirksheimatpfleger und CHW-Vorsitzender Günter Dippold bezeichnete den Wissenschaftler als „besten Kenner der keltischen und vorkeltischen Zeit im süddeutschen Raum“.
Seit mehr als 30 Jahren befasst sich Schußmann mit dem Thema. Bereits zu Beginn seines Studiums verfasste er das Buch „Kelten in Bayern – Mit Bodendenkmälern und Museen“ (4. Auflage, 2011, wek-Verlag Treuchtlingen-Berlin). Derzeit arbeitet er an einer ausführlicheren Fassung. Das neue Buch erscheint voraussichtlich im Frühjahr 2018.
In seiner Präsentation am Mittwochabend gab der Experte einen kurzen Überblick zur Keltenforschung am Staffelberg. Bereits seit 1851 ist bekannt, dass dort ein keltisches Oppidum namens „Menosgada“ existierte. Archäologische Belege tauchten allerdings erst zwischen 1900 und 1930 auf. Der Arzt und Privatgelehrte Gustav Roßbach legte die erste Fundsammlung an. Die besteht aus verschiedenen Eisenwerkzeugen, Fibeln und Keramikscherben. Die Funde werden derzeit an der Universität in Erlangen aufbewahrt, sind jedoch bis heute nicht wissenschaftlich ausgewertet. 1952 entstand die erste topografische Aufnahme des Staffelbergs mit eingezeichneten Wallanlagen.
In den 1970-er und 1980-er Jahren führte das Landesamt für Denkmalpflege erste archäologische Grabungen durch. Man fand Belege für eine typisch-keltische Pfostenschlitzmauer aus Eichenholz und Steinen. Ein Teil davon wurde am Hochplateau des Staffelbergs rekonstruiert. Auf der Siedlungsfläche fanden die Archäologen zahlreiche Kellergruben, die bis zu 1,80 Meter in den Boden reichten. Darin tauchte ein kompletter Geschirrsatz auf, der im Stadtmuseum in Bad Staffelstein zu bewundern ist. Damals fand man auch erste Hinweise auf ein großes Bauwerk innerhalb der Siedlungsfläche.
Großes, 17 Meter langes Heiligtum
Erkenntnisse aus geomagnetischen Messungen in den Jahren 2005 und 2006 lassen Keltenexperten Schußmann vermuten, dass sich dort ein großes, etwa 17 Meter langes Heiligtum befunden hat. Darunter waren ungewöhnlich viele Wertgegenstände sowie Tierskelette vergraben, wahrscheinlich Opfergaben für die Götter. Das Hochplateau war damals ein Burgberg, ähnlich einer griechischen Akropolis. Dort residierte der keltische Adel. Darauf deuten unter anderem Münzfunde hin sowie Gussformen für die Münzprägung. Ihre Blütezeit hatte Menosgada in der Spätlatenezeit von 160/140 bis etwa 50 vor Christus. Neben den Oppida in Manching und Kehlheim gehörte sie zu den wichtigsten Handelszentren in Bayern.
Von einem „bedeutenden Stück Vergangenheit für den Landkreis“ sprach, sichtbar gut gelaunt, Landrat Christian Meißner. Er freute sich, dass das Thema in der Bevölkerung auf so großes Interesse stößt. Denn die Aula des Meranier-Gymnasiums war voll besetzt. „Der Staffelberg hat hier einen hohen emotionalen Wert“, sagte der Landrat. Durch die Rekonstruktion des Zangentors solle die keltische Geschichte erfahrbar gemacht werden. Bis dahin sei es aber noch ein weiter Weg.
„Wie geht es jetzt weiter?“
„Wie geht es jetzt weiter?“ lautete eine Frage aus dem Publikum. „Wir versuchen, zu entscheiden, wie flächig wir ausgraben müssen“, antwortete Meißner. Erst wenn weitere Erkenntnisse vorliegen, könne man sich Gedanken um die Rekonstruktion machen. Sein Wunsch ist es, 2018 zu graben und das Tor 2019 zu rekonstruieren. Doch wisse er, dass man bei solchen Vorhaben viel Geduld braucht.
Ein anderer Zuhörer erkundigte sich nach der Finanzierung. „Wir rechnen mit Kosten jenseits von 500 000 Euro“, sagte Meißner. Doch habe man bereits die Zusage, dass das Projekt förderfähig ist im Rahmen des Leader-Programms der Europäischen Union. „Die Unterstützung aus der Bevölkerung ist mir wichtiger als Geld“, sagte Christian Meißner.
„Wir rechnen mit Kosten jenseits von 500 000 Euro.“
Christian Meißner zum finanziellen Umgang der Tor-Rekonstruktion
Bei weiteren Grabungen möchte er interessierten Privatleuten die Möglichkeit geben, mitzuhelfen. Dem Landrat zufolge haben auch die Bayerischen Staatsforsten bereits ihre Unterstützung zugesagt. Sie werden für eine möglichst authentische Tor-Rekonstruktion das Eichenholz zur Verfügung stellen.