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LICHTENFELS: Zweifel an Beschluss zu Kutzenberg

LICHTENFELS

Zweifel an Beschluss zu Kutzenberg

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    „Rettet den Berg“ forderten Mitarbeiter des Bezirksklinikums Obermain bei einer Demonstration im März. Der Petitionsausschuss des Landtags machte ihnen bei einem Ortstermin Hoffnung auf ein Überdenken des Beschlusses zur Schließung von Kliniken.
    „Rettet den Berg“ forderten Mitarbeiter des Bezirksklinikums Obermain bei einer Demonstration im März. Der Petitionsausschuss des Landtags machte ihnen bei einem Ortstermin Hoffnung auf ein Überdenken des Beschlusses zur Schließung von Kliniken. Foto: Fotos: Gerhard Herrmann

    „Dieser Beschluss ist rechtlich nicht zu halten“, lautet das Fazit des Landtagsabgeordneten Jürgen Baumgärtner zur Entscheidung des Verwaltungsrats der Gesundheitseinrichtungen des Bezirks Oberfranken (Gebo) über die Schließung der somatischen Abteilungen im Bezirksklinikum Obermain in Kutzenberg. Kritisch setzten sich der CSU-Abgeordnete und seine Kollegin Susann Biedefeld (SPD) als Berichterstatter des Petitionsausschusses bei einem Ortstermin am Dienstag im Landratsamt mit der Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit, dem zeitlichen Ablauf und der Information der zuständigen Gremien auseinander. Dabei stießen sie auf zahlreiche Ungereimtheiten.

    Die Abgeordneten forderten, dass das Gesundheitsministerium den Beschluss des Verwaltungsrats überprüfen solle, weil es sich um eine Schließung und nicht um die Verlagerung von Abteilungen handele. Für eine so weitreichende Entscheidung sei nicht der Verwaltungsrat zuständig, sondern der Bezirkstag. Bis dieser darüber beraten könne, bitten sie den Bezirk, „alle Maßnahmen zu Kutzenberg zu stoppen, alles auf den Prüfstand zu stellen und alle Kündigungen zu stoppen“.

    Allen Bezirksräten sollten sämtliche Unterlagen zur Verfügung gestellt werden.

    „Wir fordern, alle Maßnahmen zu Kutzenberg zu stoppen, alles auf den Prüfstand zu stellen und alle Kündigungen zu stoppen.“

    Jürgen Baumgärtner, Landtagsabgeordneter

    „Selten habe ich Petitionen erlebt, die eine so hohe Berechtigung wie diese hatten“, meinte Baumgärtner mit Blick auf die Eingaben von Orthopädie-Chefärztin Dr. Alexandra Bartmann zur Schließung von Standorten des Bezirksklinikums und von Anke Förtsch auf Erhalt der Schmerzambulanz. Er gehe davon aus, dass sich auch die Mehrheit des Gesundheitsausschusses gegen die Entscheidung aussprechen werde. Weil Bezirkstagspräsident Dr. Günther Denzler und Gebo-Leiterin Katja Bittner aus Termingründen fehlten, will der Petitionsausschuss bei einem weiteren Termin am 24. August um 10 Uhr offene Fragen mit ihnen klären. „Was ist das für eine Haltung, wenn der Hauptakteur, der für die Situation in Kutzenberg verantwortlich ist, nicht da ist“, kritisierte Biedefeld.

    In ihren Zweifeln am Vorgehen des Bezirks bestätigte die Abgeordneten Dr. Vitus Gamperl vom Gesundheitsministerium: „Wenn der Bezirk die somatischen Standorte in Kutzenberg aufgibt, handelt es sich um eine Schließung, auch wenn die Betten anderswo übernommen werden“. Eine Verlegung wäre nur innerhalb der Einrichtungen eines Trägers möglich. Allerdings habe der Bezirk das Recht die chirurgischen Abteilungen zu schließen, da er die gesundheitliche Versorgung nur für Psychiatrie und Neurologie sicherstellen müsse.

    Die rechtliche Prüfung der Entscheidung des Klinikverwaltungsrats fordert Dr. Alexandra Bartmann in ihrer Petition, weil sie ohne Einbeziehung des Bezirkstags und der Chefärzte aufgrund eines geheimen Gutachtens erfolgt sei. Alternativen seien nicht geprüft worden. Sie erläuterte, dass die Auslagerung der Thorax- und Gefäßchirurgie eine Auflösung der Abteilungen für Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie bedeute und so den Bestand der Lungenklinik und Rheumatologie ebenso bedrohe wie die Behandlungsqualität der Psychiatrie. Die Fachzertifizierung des EndoProthetikZentrums der Maximalversorgung werde für eine angestrebte Fachzertifizierung als Lungenkrebszentrum am Klinikum Bamberg geopfert.

    Durch den Wegfall der chirurgischen Fächer, der Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie würden die Kosten zum Betrieb des Standorts nicht wesentlich reduziert, stiegen jedoch für die verbleibenden Kliniken. Daher sei es fraglich, ob der geplante Neubau für mindestens 120 Millionen Euro sinnvoll ist. Die Entscheidung bedrohe nicht nur den Standort, sondern bringe Nachteile für die Nachbarkliniken und gefährde die Weiterbildungsverbände.

    Eine Petition zum Erhalt der Schmerztherapie hat Anke Förtsch aus Meeder gestellt. Nach zwei Wirbelsäulen-Operationen hatte sie Probleme mit der Prothese und ist seit 2004 Schmerzpatientin. Nach einer Odyssee von Arzt zu Arzt fand sie in Kutzenberg durch eine Sonde, die den Schmerz mit Stromstößen behandelt, Linderung. „Für mich ist Kutzenberg die Rettung gewesen“, erklärte sie. In Kutzenberg finde sie vom Orthopäden bis zum Psychotherapeuten alle benötigten Ärzte, während sie sonst wochenlang auf einzelne Termine warten müsste.

    Beim Wegfall des Schmerzzentrums müssten die Patienten Wege von 150 Kilometern und mehr in Kauf nehmen, erläuterte Chefarzt Dr. Christoph Sommer. In Oberfranken benötigten von 44 500 chronischen Patienten 3560 dringende eine multimodal stationäre Schmerzbehandlung, 2015 wurden jedoch lediglich 236 Patienten behandelt. Vorhanden seien nur 24 Schmerzbetten, benötigt würden weitere 96.

    Die Informationspolitik der Gebo kritisierte Bezirksrätin Ulrike Heucken (Grüne). Bis zur Vorlage der Jahresbilanz hätten sie keine Zahlen vorgelegt bekommen und darin spiele das Millionendefizit in der Orthopädie, von dem vor 2017 nie die Rede gewesen sei, keine Rolle. „Offensichtlich ist der Verwaltungsrat mit fadenscheinigen Argumenten über den Tisch gezogen worden“, kritisierte sie.

    „Keine Besitzstandswahrung“

    Von der „Besitzstandswahrung“, die der Bezirk versprochen habe, sei wenig zu spüren, sagte Personalratsvorsitzender Franz-Josef Betz. Von den betroffenen rund 160 Mitarbeitern hätten 115 eine neue Stelle in Aussicht, davon 62 in Kutzenberg oder anderen Bezirkseinrichtungen. Allerdings gelte etwa für Klinik Scheßlitz nicht der Pflegetarif, so dass sie Abstriche beim Einkommen hinnehmen müssten.

    Anfängliche Ausgleichszahlungen würden nach einiger Zeit abgeschmolzen. Kündigungen seien bisher nur den beiden Chefärzten ausgesprochen worden. Diesen Umgang mit dem Personal wertete Baumgartner als „brisant“, da ein öffentlicher Arbeitgeber eine Vorbildfunktion habe.

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