Die Umbauarbeiten haben begonnen, Zierkies und Deko-Gräser leuchten in den Schaufenstern des ehemaligen Müller–Markts in der Bamberger Straße in Lichtenfels. Ein Banner weist darauf hin, dass die Firma Schütz Flechtwelten GmbH & Co KG in das jahrelang leer stehende Gebäude einziehen wird. Ausstellungsräume für seine Rattanmöbel-Kollektion und ein Vertriebsbüro wird Kurt Schütz hier eröffnen, wie bereits kurz berichtet.
Der Inhaber packt bei der Einrichtung selbst mit an, trägt Flechtelemente und Wandverkleidungen zusammen mit einem Mitarbeiter ins Gebäude. „Vor zwei Wochen haben ich den Mietvertrag unterschrieben, und in etwa drei Wochen wollen wir einziehen“, berichtet Kurt Schütz. Die Einweihung ist am 6. September geplant. Der Leerstand im Herzen der Korbstadt habe ihn schon länger beschäftigt, doch erst als die Firmenräume in der Jahnstraße, die Schütz gemeinsam mit seiner Schwester Barbara Crettaz (Atelier Creation Crettaz) nutzt, zu klein wurden, hat er sich zu dem Schritt in die Innenstadt entschlossen. Rund 400 Quadratmeter Nutzfläche standen ihm dort zur Verfügung, künftig werden es über 500 Quadratmeter auf zwei Etagen sein.
Wichtiger als der zusätzliche Raum ist Schütz die zentrale Lage. In dem Gebäude in der Bamberger Straße könne er seine Kollektionen in großzügigem Ambiente präsentieren und durch die Schaufenster auch Passanten und vorbeikommende Urlauber ansprechen. Denn gerade im Möbelhandel sei es wichtig, die Kunden mit einer ansprechenden Präsentation zu überzeugen.
„Gerne leisten wir auch einen Beitrag zur Unterstützung des Images von Lichtenfels als Korbstadt.“
Kurt Schütz, Schütz Flechtwelten GmbH & Co. KG
„Gerne leisten wir auch einen Beitrag zur Unterstützung des Images von Lichtenfels als Korbstadt“, betont der Unternehmer. „Wer könnte das besser als das alteingesessene Flechtunternehmen?“ meint er augenzwinkernd. Und zusammen mit dem drei Häuser weiter geplanten 3-D-Zentrum der Hofmann-Firmengruppe könnte es gelingen, Tradition und Moderne, Handwerk und Technik, die Lichtenfels prägen, zu einem zeitgemäßen Zweiklang zu verbinden. Ideal sei die Lage auch wegen des Korbmarkts: „Wir müssen nur die Türen öffnen und brauchen nicht einmal einen Ausstellungsstand“.
Dankbar ist er für die Unterstützung der Stadt über das Ansiedlungsprogramm, das ihm die Entscheidung erleichtert habe.
Möbel für europäische Nobelmarken
Unter dem Logo „Das klimafreundliche Möbel“ will Schütz nicht nur seine Rattanmöbel-Kollektionen für Wohnzimmer, Esszimmer und Wintergarten präsentieren. Außerdem stellt er Produkte der indonesischen Firma Aida Rattan Industries aus. Das Unternehmen im indonesischen Cirebon hatte Schütz 2003 als zweites Standbein gegründet, nachdem das Familienunternehmen Flechtatelier Schütz in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, die 2006 in die Insolvenz führten. Den Betrieb mit einem Umsatz von rund einer Million Euro im Jahr und 200 Mitarbeitern hatte Schütz im November 2016 an die Vivere-Gruppe verkauft. Seitdem verantwortet er deren Europa-Vertrieb. Außerdem fertigt Aida Rattan die Möbel für die Flechtwelten-Kollektionen.
„Das ist die gleiche Qualität wie sie früher die Möbel des Flechtateliers Schütz hatten“, betont der Unternehmer. Es mache ihn stolz, dass es ihm gelungen sei, die traditionellen Handwerkstechniken und die Präzision bei der Verarbeitung den indonesischen Mitarbeitern so zu vermitteln, dass sie international konkurrenzfähig sei. „Anfangs hatte ich Angst, dass die Asiaten meine Möbel kopieren, doch in den vergangenen 13 Jahren ist kein einziger Stuhl aufgetaucht, der bei uns abgekupfert wurde“, betont Schütz. Das liege ebenso an der hohen Qualität der Aida-Produkte, wie am handwerklichen Können der Mitarbeiter.
Seit er das Unternehmen verkauft hat, nutzt der 58-Jährige die dadurch gewonnene Zeit, um die Flechtwelten und den Vertrieb für Vivere auszubauen. Bei der Möbelmesse imm cologne sei der Zuspruch gut gewesen. Zurzeit sei er der einzige Anbieter mit hochwertigen Rattanmöbeln in Europa. Während europäische Nobelmarken, wie Fendi Casa und Poltrona oder Bentley Home, zu seinen Kunden zählen, habe er in Deutschland bisher nur zwei Abnehmer. Umso wichtiger sei die angemessene Präsentation seiner Kollektionen in Lichtenfels. „Das wird das erste Rattanstudio für hochwertige Möbel in Deutschland“, betont Schütz.
Die Nachfrage steige endlich wieder, nachdem er seit Jahren vergeblich für das nachhaltige Material Rattan in der Möbelbranche geworben habe. „In meinen Ader fließt Rattan-Blut, genau wie bei meinem Vater Kurt Schütz senior“, betont der 58-Jährige. Rattan als nachwachsender Rohstoff sei nicht nur umweltfreundlich, weil die Ranken der Schlingpflanzen in den Urwäldern Indonesiens geerntet werden und nach dem Schneiden wieder nachwachsen. Außerdem sei er ideal zu verarbeiten. Nur die Holzdübel für die Möbel müssen aus Deutschland eingeführt werden, weil die kurzfaserigen asiatische Holzarten nicht die Haltbarkeit der Buche bieten.
Trend zu Naturmaterialien
„Die Leute haben die Nase voll von Flechtwerk aus Plastik und wollen wieder Produkte aus Naturmaterialien“, hat Schütz einen Trendwechsel ausgemacht. Hinzu komme die Fertigung nach Wünschen der Kunden – ob gestäbt oder geflochten, die Auswahl unter vielen Farben und rund 3000 Stoffen. Sogar die Kissen werden passend dazu von Polsterern gefertigt.
An eine heimische Produktion sei allerdings aus Kostengründen nicht mehr zu denken, bedauert Schütz mit Blick auf die Tradition des Familienunternehmens. Nicht einmal ein Lager benötigen die Flechtwelten, die Kurt Schütz und seine Frau Monica weitgehend allein führen. Je nach Entwicklung könnten weitere Mitarbeiter hinzukommen. Doch über Umsatzzahlen und Entwicklungspläne wolle er jetzt noch nicht sprechen.
Stadt unterstützt Ansiedlung und Aufwertung mit Förderprogrammen „Wir freuen uns, dass ein leer stehendes Gebäude in prominenter Lage mit Leben gefüllt wird und dass das Thema Flechtmöbel zum Alleinstellungsmerkmal der Korbstadt passt“, begrüßt Steffen Hofmann, Leiter des Amts für Wirtschaft, Kultur und Tourismus, den Umzug der Schütz Flechtwelten in die Innenstadt. Dass die Eröffnung rechtzeitig zum Korbmarkt erfolge, sei ideal. Erfreulich auch, dass die gesamte Geschäftsfläche auf zwei Etagen genutzt wird. Die Stadt unterstütze das Unternehmen mit einer Förderung aus dem Ansiedlungsprogramm, indem sie zwölf Monate lang 30 Prozent der Kaltmiete (maximal 3000 Euro) übernehme. Außerdem habe sie Kurt Schütz bei der Suche nach einer passenden Immobilie unterstützt und ihn beraten. Der Umzug in die Innenstadt sei ein schöner Erfolg der drei Förderprogramme, mit dem die Stadtverwaltung Anreize schaffen will, um die Wohn- und Lebensqualität in der Innenstadt zu verbessern. Das neue Ansiedlungsprogramm fördert Geschäftsansiedlungen in leer stehenden Gewerbeobjekten in den drei Sanierungsgebieten (Östliche Altstadt, Altstadt Mitte und Coburger Straße). Das Geschäftsflächenprogramm für Einzelhandel, Gastronomie und Dienstleistungen in den Fördergebieten bietet Eigentümern und Mietern bis zu 30 Prozent Zuschuss (maximal 15 000 Euro) für Umbauten zur Aufwertung von Geschäftsflächen. Außerdem wurde das Fassadenprogramm zum Stadtsanierungsprogramm erweitert, das Eigentümer von privaten Wohn-, Geschäfts- und Bürogebäuden Zuschüsse von bis zu 30 Prozent (maximal 60 000 Euro) für die Erhaltung von Fassaden und Innenbereich sowie Neugestaltung von Höfen und Außenanlagen (maximal 10 000 Euro) gewährt. Für den Abriss und die Schaffung von Freiflächen gibt's bis zu 50 Prozent. Die Förderprogramme würden gut nachgefragt, fast wöchentlich führe er deswegen Gespräche, erklärte Hofmann. Sogar andere Kommunen hätten sich schon erkundigt, um ähnliche Programme aufzulegen.