Eine Marktlücke haben Monika und Thilo Hanft mit der Redwitzer Kulturscheune offenbar geschlossen. Kaum eröffnet, ist die Vermietung ein Selbstläufer, bis September sind bereits fast alle Termine ausgebucht. Für Hochzeiten und Familienfeste ist das liebevoll renovierte Ziegelsteingebäude mit dem Fachwerkgiebel besonders gefragt, und auch Vereine nutzen den neuen Veranstaltungsort im Ortskern von Redwitz – etwa der Liederkranz für seine 170-Jahr-Feier im September. Der Zuspruch macht Monika und Thilo Hanft nach der anstrengenden Renovierungsphase Mut. Denn gelegentlich hatten sie auch Zweifel, ob sie sich mit dem Projekt nicht zu viel aufgebürdet haben.
Als Abstellmöglichkeit für die Geräte des elterlichen Landwirtschaftsbetriebs, der einige Häuser weiter liegt, hatte der Apotheker Thilo Hanft die 1885 errichtete Scheune der ehemaligen Brauerei Gick 2008 erworben. Anfangs waren auch einige Maschinen dort untergestellt, aber viele Ölflecken haben sie auf dem rustikalen Betonboden nicht hinterlassen. Zunächst galt es das marode Dach und einige Balken zu erneuern, die die eindringende Feuchtigkeit angegriffen hatte, und viel Schutt zu entsorgen. Außerdem installierten die Hanfts eine Photovoltaikanlage auf dem Dach, die an sonnigen Tagen rund 300 Kilowattstunden Strom liefert und dadurch zur Finanzierung des Projekts beiträgt.
Leidenschaft für historische Gebäude
Die Bewahrung der Bausubstanz stand bei der Renovierung im Vordergrund, denn als CHW-Bezirksgruppenleiter liegt Hanft die Bewahrung historischer Bausubstanz am Herzen. So hat er in einer Häuserchronik die Geschichte heimischer Bauwerke und ihrer Bewohner erkundet und veröffentlicht. Auch die Baupläne der Brauereischeune hat er bei seinen Forschungen im Staatsarchiv entdeckt. Jetzt schmücken sie als Reproduktion eine Wand.
Zum Feiern wurde die Scheune erstmals ausgeräumt, als der Schwager seinen 40. Geburtstag feiern wollte. Danach häuften sich die Anfragen. Und die Besitzer begannen zu überlegen, ob sie die Scheune nicht renovieren und dauerhaft als Partyraum nutzen sollten. Doch bis dahin galt es zahlreiche Auflagen zu erfüllen, schließlich gelten für einen Veranstaltungsraum für bis zu 190 Personen besondere Sicherheitsvorschriften. „Eigentlich wollten wir nicht so einen großen Aufwand betreiben, aber irgendwann kann man nicht mehr zurück“, erklärt Thilo Hanft. Vor allem der Brandschutz bereitete großen Aufwand.
„Unser Ziel war es, so viel wie möglich zu erhalten und nicht alles auf Hochglanz zu bringen, um den Charme des historischen Gebäudes zu erhalten.“
Monika Hanft, Redwitz
So musste die Holzdecke zum ehemaligen Heuboden durch eine Betondecke ersetzt und eine Brandschutzwand zum Nachbarn hin errichtet werden. Dadurch änderte sich die Statik in dem historischen Gebäude komplett: Um die Fachwerkoptik zu bewahren und auf einen 50 Zentimeter dicken Träger quer durch den Raum zu verzichten, entschieden sich die Hanfts für eine aufwändige Tragwerkskonstruktion im Dachgeschoss. Wochenlang schwitzten Thilo Hanft und seine Helfer, um die neue Decke anschließend mit Holz zu verkleiden. Die Querbalken mussten mit Metallschuhen versehen werden, damit sie die Brandschutzmauer nicht beeinträchtigten. Außerdem wurde aus Sicherheitsgründen ein zweiter Ausgang geschaffen.
„Unser Ziel war es, so viel wie möglich zu erhalten und nicht alles auf Hochglanz zu bringen, um den Charme des historischen Gebäudes zu erhalten“, betont Monika Hanft. Nach zwei Jahren der Renovierung beeindruckt das Gebäude mit seinem rustikalen Ambiente und vielen liebevollen Details. Bewusst haben die Hausherren den Putz im großen Saal nicht komplett erneuert, sondern die Ziegelmauern im unteren Bereich roh gelassen. Während hinter den verglasten Toröffnungen vorne viel Platz für Sitzgelegenheiten ist, wurde zwischen den Balken im hinteren Teil mit neu verlegten Eichendielen ein Tanzboden eingerichtet. Eine Bar als Ausschank, barrierefreie Toiletten und ein Vorratsraum mit professioneller Kühlkammer, die Thilo Hanft gebraucht in der Oberpfalz erstanden hat, ergänzen die Einrichtung.
Tür aus einem Hamburger Hotel
Durch zahlreiche Schnäppchen aus dem Internet ist es Thilo Hanft gelungen, die Kosten in Grenzen zu halten. So stammt die große Eingangstür aus Messing und Glas von einem Hamburger Hotel – sie ziert noch die Adresse „An der Alster 59“.
Die massive Treppe, die dahinter ins Dachgeschoss führt, stand einst in der VW-Zentrale in Berlin. Der Einbau, den Thilo Hanft und ein Schreiner mit Hilfe eines Flaschenzugs bewältigten, war allerdings Knochenarbeit. Balken zum Einziehen von Zwischenwänden haben sie aus Abbruchhäusern erstanden. Liebevolle Details, wie ein altes Werbeschild der Brauerei Gick und Bierfässer, die von Schmiedeeisebänkchen eingerahmt in der Raucherlounge zum Verweilen einladen, setzen Akzente.
Auch für das Dachgeschoss haben Monika und Thilo Hanft schon Ideen, wie etwa Übernachtungsmöglichkeiten für die Feiernden. Und den Gewölbekeller aus Sandsteinquadern möchten sie zum Saal hin öffnen, um ihn als Bar zu nutzen. So wird sie das Projekt noch einige Zeit beschäftigen. Sicher ist nur eins, dass sie die Bewirtung nicht übernehmen werden.