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MAINECK: Glückliche Schweine auf der Weide

MAINECK

Glückliche Schweine auf der Weide

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    Weideschweine wollen Heidemarie Schellwanich-Fries und Benno Fries auf einer Wiese am Ortsrand von Maineck halten. Das Holz für den Unterstand der Tiere kommt aus dem eigenen Wald.
    Weideschweine wollen Heidemarie Schellwanich-Fries und Benno Fries auf einer Wiese am Ortsrand von Maineck halten. Das Holz für den Unterstand der Tiere kommt aus dem eigenen Wald. Foto: Gerhard Herrmann

    „Näher zur Natur“ lautet die Devise von Heidemarie Schellwanich-Fries und Benno Fries. In Maineck wollen sie ausprobieren, wie ein kleiner Bauernhof nach den Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft wieder belebt werden kann. Für Aufmerksamkeit hat ihr Projekt bereits gesorgt. Ihre Pläne zur Haltung von Weideschweinen haben nicht nur im Dorf für Diskussionen gesorgt, sondern auch im Altenkunstadter Bauausschuss. Nachdem das Landratsamt jetzt das Vorhaben genehmigt hat, wollen die Eheleute mit dem Bau des Geheges beginnen.

    „Wir wollen jungen Leuten Mut machen und zeigen, wie gut man in dieser wunderschönen Kulturlandschaft leben kann“

    Heidemarie Schellwanich-Fries, Gestalttherapeutin und Künstlerin

    Zehn Ferkel wollen die Eheleute auf einem ehemaligen Acker am Ortseingang halten, auf dem sie eine Blumenwiese angesät haben. Dort werden die Tiere nicht nur Auslauf haben, sondern auch im Boden wühlen können und sich somit weitgehend natürlich ernähren. Durch Versetzen des Pferchs auf dem rund einen Hektar großen Gelände werden sie jeweils einen Bereich abweiden, während nebenan wieder Futter nachwachsen kann. Ein doppelter Weidezaun verhindert den Kontakt mit Wildschweinen. Ein kleiner Stall wird den Tieren, die das ganze Jahr auf der Weide verbringen sollen, als Schlafgelegenheit und Schutz bei Unwetter dienen. Das Holz dafür stammt aus dem eigenen Wald, konnte aber leider nicht mehr im alten Sägewerk des Großvaters, das bereits vor Jahren still gelegt wurde, geschnitten werden.

    Bedenken wegen Geruchsbelästigung müssten die Nachbarn nicht haben, denn die Freilandhaltung verhindere den für Mastställe typischen Gestank. Schweine sind überaus intelligente Tiere, und wenn sie genug Platz bekommen, sorgen sie selbst für ein sauberes Gehege, indem sie ihren Kot nicht an der Futterstelle hinterlassen.

    Kein Streichelzoo

    Erste Erfahrungen mit Weideschweinen hat Benno Fries bei einem Praktikum auf dem Hof von Johanna und Ben Berthold in Kulmbach-Eggenreuth gesammelt. Der Umgang mit den Rotbunten Husumer Schweinen und Wollschweinen, die sich dort auf der Weide tummeln, hat ihn in seinem Vorhaben bestärkt. Trotz aller Tierliebe soll jedoch die Fleischproduktion im Vordergrund stehen: „Das wird kein zoologischer Garten“. Allerdings bekommen die Tiere neben der artgerechten Haltung auch genug Zeit, um sich zu entwickeln: Geschlachtet werden sie wohl frühestens im Alter von einem Jahr, während Mastschweine meist schon nach sechs Monaten und einem Gewicht von 100 Kilo schlachtreif seien.

    Angefangen hat alles mit dem Erbe des elterlichen Bauernhofs von Heidemarie Schellwanich-Fries. „Verkaufen kam nicht in Frage, der Abschied von Elternhaus und Hof wäre zu schmerzlich gewesen“, erklärt sie. Also zogen die Eheleute nach der Pensionierung von der Schweiz nach Oberfranken. „Als Kind habe ich gern auf dem Bauernhof gelebt“, erklärt Schellwanich-Fries. Schöne Erinnerungen hat sie an die kleine Landwirtschaft mit Ackerbau, vier Kühen, zwei Schweinen, zwei Pferden, Gänsen und einer Hühnerschar. Doch stattdessen studierte sie Pädagogik und Kunst. Ihre farbenfrohen Gemälde und Skulpturen verleihen den Wohnräumen des 300 Jahre alten Bauernhauses einen besonderen Charme.

    Doch den Eheleuten geht es um mehr als das Wohnen auf dem Land. Mit dem Ziel der Wiederbelebung des ehemaligen Hofes ziehen sie die Konsequenzen aus den Überlegungen zur Fehlentwicklung der globalisierten Konsumwelt und der industriellen Lebensmittelproduktion. „Wir wollen jungen Leuten Mut machen und zeigen, wie gut man in dieser wunderschönen Kulturlandschaft leben kann“, betont Heidemarie Schellwanich-Fries. Nach 35 Jahren in der Schweiz, wo die Möglichkeiten schon aufgrund der räumlichen Enge sehr begrenzt seien, genieße sie die Vielfalt, die der Landkreis Lichtenfels bietet. „Wir leben hier mitten in der Natur, haben es aber auch nicht weit in größere Städte mit kulturellen Angeboten.“

    Dass eine Familie von einem kleinen Bauernhof nicht mehr ohne Zusatzeinkommen leben kann, ist den Eheleuten durchaus bewusst. Doch biete gerade die teilweise Selbstversorgung ein zweites Standbein und die Chance, nicht nur gesunde Lebensmittel umweltverträglich anzubauen, sondern auch die Natur bewusster zu erleben. „Wir wollen nicht zur alten Landwirtschaft zurück gehen, aber die Kombination von modernem Berufsleben mit bäuerlichen Tätigkeiten erlaubt kleinere, umweltschonendere Produktionsformen und schafft eine intensive Verbundenheit mit unserer Mitwelt. Wir wollen vorwärts denken: to the roots and small is beautiful“, erklärt Benno Fries.

    Die Probleme der industriellen Landwirtschaft werden vielen zunehmend bewusst. Immer mehr Menschen stoßen sich an Massentierhaltung und Monokulturen auf den Äckern und sprechen sich für gute Haltungsbedingungen von Tieren aus, weiß Fries. Den wenigsten sei bewusst, dass mit dem billigen Schnitzel die Folgekosten von Gewässerbelastung, Luftverschmutzung, Bodenverarmung, Insektensterben und Artenverlust nicht gedeckt werden.

    Den Wert von Lebensmitteln erkennen

    „Wir sollten ein neues Gefühl für den Wert von gesunden Lebensmitteln entwickeln“, mahnt Benno Fries. Dies könne nur über nachhaltiges Wirtschaften gelingen, indem mit Erde, Wasser und Luft sorgsam umgegangen werde. Und wer diese Lebensgrundlagen über Gebühr verbrauche oder verschmutze, sollte auch einen angemessenen Preis dafür zahlen, damit nachhaltiges Wirtschaften sich wieder lohne.

    Wie weit sich die Tierhaltung vom Alltagsleben entfernt habe, sei 1997 mit dem Kunstprojekt „Ein Haus für Menschen und Schweine", das Carsten Höller und Rosemarie Trockel an der documenta X ausgestellt hatten, anschaulich dargestellt worden. Benno Fries und seine Frau wollen die vorhandenen Gegebenheiten sinnvoll nutzen. Nachdem sie das Bauernhaus sanft renoviert, den Garten neu angelegt und eine Streuobstwiese mit mehr als 20 Hochstamm-Bäumen angelegt haben, ist das Weideschwein-Projekt ein weiterer Schritt Richtung Kreislaufwirtschaft.

    Natürliche Haltung, besseres Fleisch

    Neben dem Tierwohl spreche auch die Qualität des Fleischs für die Haltung von Weideschweinen, ist Benno Fries überzeugt. Zwar sei er anfangs erstaunt gewesen, dass das Fleisch fetter sei als ein handelsübliches Schweineschnitzel, doch durch die Bewegung im Freien sei es fester und das Fett sitze als feine Marmorierung im Muskel. Durch einen hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren und natürlichen Antioxidantien sei es besonders wertvoll für die Ernährung.

    „Obwohl unser Projekt nicht das erste seiner Art ist, freuen wir uns über den großen Zuspruch aus der Bevölkerung und sind offen für die Zusammenarbeit mit ähnlich interessierten Menschen“, betonen die Eheleute.

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