Die alte Dame freut sich schon auf die Geburtstagsfeier ihrer Mitbewohnerin im Pflegeheim Elisabeth. „Das dauert noch eine Stunde“, vertröstet sie eine freundliche Pflegerin. Familiär geht es in dem Pflegeheim im Eichenweg zu. „Altwerden ohne Angst vor dem Morgen“ lautet der Wahlspruch des langjährigen Heimleiters Dr. Dr. Stefan Lauer. Damit es auch künftig so familiär in der Einrichtung weitergehen kann, hat Lauer bei der Betriebsübergabe die Angebote großer Pflege-Ketten ausgeschlagen und auf den heimischen Anbieter Fabian Franke, Inhaber des ambulanten Pflegedienstes ProCura Vita GmbH gesetzt. Er hat neben dem Heim auch den ambulanten Pflegedienst Cura übernommen und will in dem geplanten Großprojekt zwischen Kirchgasse und Mauergasse bald zusätzlich Betreutes Wohnen anbieten.
„Hochwertige Betreuung für Menschen im Alter“ will Fabian Franke, Inhaber und Geschäftsführer des neuen Pflegeunternehmens ProCura Vita anbieten und mit den Wohnungen für rüstige Senioren auch eine Marktlücke in Lichtenfels schließen. Ehrgeizige Ziele hat sich der 30-jährige Coburger gesetzt, der in dritter Generation aus einer Mediziner- und Pflegedienst-Dynastie in Sonneberg stammt. Nach einer Ausbildung als Sport- und Fitnesskaufmann steht er kurz vor dem Abschluss eines Fernstudiums im Pflegemanagement. „Eine einmalige Chance“ nennt er das Angebot, den ambulanten Pflegedienst Cura in der Langen Straße von Klaus Kleiner zu übernehmen. Und so hat er den Abschluss des Studiums verschoben, um Mitte vergangenen Jahres den Pflegedienst zu übernehmen.
16 Bieter für das Pflegeheim
Ein weiterer Glücksfall war jüngst die Gelegenheit, das Pflegeheim im Eichenweg zu übernehmen. „Insgesamt 16 Anbieter wetteiferten um den Zuschlag, eine finnische Kette rief noch eine Stunde vor dem Notartermin an und erhöhte das Angebot nochmals“, berichtet Stefan Lauer schmunzelnd. Doch um das Lebenswerk zu erhalten, das die Familien Lauer in den vergangenen 31 Jahren aufgebaut haben, verzichtete er auf einen höheren Kaufpreis.
„Wir wollen, dass die familiäre Atmosphäre des Hauses erhalten bleibt“, betont Lauer. Dazu gehöre auch das bewährte Personal. Eine Pflegekette hätte nicht nur die Verwaltungsleitung und die Pflegeleitung ausgetauscht, sondern auch die eigene Küche geschlossen. Auf die Pfleger, die zum Teil schon seit 30 Jahren im Haus seien, ist Lauer ebenso stolz wie auf den Koch („Der einzige von der IHK anerkannte Heimkoch im Umkreis von mehreren 100 Kilometern“), der täglich für hochwertiges und frisches Essen sorge. Diese Anstrengungen zur Verbesserung der Qualität spiegelten auch die guten Bewertungen, etwa die Auszeichnung in der Focus-Bestenliste für Altenheime 2015 oder der „Grüne Haken für Verbraucherfreundlichkeit“, der dem Haus zum fünften Mal in Folge verliehen wurde. „Investitionen in die Qualität zahlen sich auch wirtschaftlich aus“, betont Lauer. Langfristiger Erfolg basiere auf der Zufriedenheit der Bewohner und der Mitarbeiter. „Für das Flair und die Atmosphäre im Pflegeheim Elisabeth war meine Frau Angelika insbesondere als Hospizhelferin und Palliativfachkraft maßgeblich. Sie war die Seele des Pflegeheimes, was die Betreuung von Angehörigen und Bewohnern angeht“, stellt Lauer fest.
Pfleger dringend gesucht
Diese Aussage unterstreicht auch Klaus Kleiner, der seinen 1994 gegründeten Pflegedienst nach über 45 Jahren im Beruf in gute Hände geben wollte. Wichtig war ihm, dass alle Mitarbeiter übernommen werden. Der 62-Jährige, der weiterhin in der Pflegedienstleitung mitarbeitet, freut sich, jetzt wieder stärker mit den Klienten arbeiten zu können. „Wenn die Mitarbeiter sich wohl fühlen, spüren das auch die Klienten in Form guter Pflege“, betont er. Stolz ist er auf die hohe Fachkraftquote in seinem Unternehmen.
„Ich sage meinen Mitarbeitern: Ich will, dass ihr gerne zur Arbeit kommt“, betont sein Nachfolger Fabian Franke. Insgesamt 74 Mitarbeiter beschäftigt er. Für das Betreute Wohnen (vorgesehen sind 20 Einzel- und fünf Doppel-Appartements) könnten weitere Stellen entstehen. Im Pflegeheim betreuen 52 Mitarbeiter 63 Bewohner, in der ambulanten Pflege 22 Kräfte die 105 Klienten.
Sorge bereitet ihm der Nachwuchsmangel im Pflegebereich. Auf Stellenanzeigen gebe es kaum Resonanz. Und Stefan Lauer suchte in der Regel mindestens ein halbes Jahr, um eine Stelle zu besetzen. „Wären mehr Pflegekräfte verfügbar, hätten wie 200 Betten anbieten können“, betont er.
„Das Wichtigste, um mehr junge Menschen für die Altenpflege zu interessieren, wäre mehr Anerkennung des Berufs in der Gesellschaft.“
Dr. Stefan Lauer, Gründer des Pflegeheims Elisabeth
Der Bedarf sei vorhanden. Jüngst hat Lauer drei junge Frauen aus Bosnien und Serbien zur Verstärkung des Teams engagiert und dafür fast 12 000 Euro pro Pflegekraft investiert. „Das reicht vom Besorgen einer Wohnung und einer Führung durch Lichtenfels bis zur Finanzierung eines Deutschkurses und der Ausbildung“, berichtet er. Zwei wollen dauerhaft in Lichtenfels bleiben, eine fuhr zurück in die Heimat.
„Das wichtigste, um mehr junge Menschen für die Altenpflege zu interessieren, wäre mehr Anerkennung des Berufs in der Gesellschaft“, betont Lauer. Schließlich könne jeder einmal in die Lage kommen, Betreuung zu benötigen. Hinzu komme, dass der Schichtdienst manchen abschrecke. Eine bessere Vergütung könnte zwar helfen, doch komme das Geld für die Pflegeschüler erst an vierter oder fünfter Stelle. Da die Bezahlung in Oberfranken überdurchschnittlich sei, könne dies nicht der Grund für den Mangel an Bewerbern sein.
Lauer plädiert dafür, langjährig qualifizierte Pflegehelfer mit einer zusätzlichen Qualifikation als Pfleger anzuerkennen, um dem Mangel kurzfristig abzuhelfen. Gute Erfahrungen mit Quereinsteigern hat Klaus Kleiner in den 1990-er und Anfang der 2000-er Jahre gemacht, als die Arbeitsagenturen für Frauen nach der Familienphase eine verkürzte Pflegeausbildung von zwei Jahren förderten. „Das waren hoch motivierte Leute mit viel Lebenserfahrung, die den Patienten zugute kam“, betont er. Mit solchen Programmen könnte auch kurzfristig Personal gewonnen werden.
Die Akteure Fabian Franke (30) aus Coburg ist Inhaber und Geschäftsführer der ProCura Vita GmbH. Das Pflegeheim Elisabeth hat er im Oktober übernommen, den Pflegedienst ProCura Vita (vorher Cura) im Januar 2018. Vorher war er Projektleiter für Ambulante Pflege im SRH Zentralklinikum Suhl. Nach der Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann hat er ein Fernstudium im Pflegemanagement begonnen. Dr. Stefan Lauer (57) arbeitet seit 31 Jahren in der Pflege. Das Pflegeheim Elisabeth wurde 1988 von Brunhild und Hans Lauer gegründet. Ab 2003 führte Stefan Lauer zusammen mit seiner Frau Angelika Lauer die Einrichtung. Neben der Heimleitung hat er die Promotion in Medizin (2013) und in Pflegewissenschaften (2014) abgelegt und lehrte seit 2007 als Fachhochschuldozent an der Diploma-FH Regenstauf und ab 2013 an der FHM Bamberg, wo er bis Januar 2018 eine Professur innehatte. Außerdem war er Dozent am Schulzentrum Coburg und an der Krankenpflegeschule im Bezirksklinikum Kutzenberg. Künftig will er sich auf die wissenschaftliche Arbeit und die Lehre als freiberuflicher Dozent konzentrieren. Außerdem ist er Gesellschafter eines aktuellen Startup-Projekts innerhalb der Digitalisierung in der Pflege. Dieses Projekt wird auf der Altenpflegemesse vom 2. bis 4. April 2019 in Nürnberg vorgestellt. Klaus Kleiner (62) arbeitet seit mehr als 45 Jahren im Pflegedienst. 1988 übernahm er die Pflegedienstleitung der Caritas-Sozialstation Bad Staffelstein. 1994 machte er sich mit dem ambulanten Pflegedienst Cura und der angeschlossenen Sozialstation selbstständig.