Nach dem Hundertjährigen Kalender erwartet uns am 12. Februar ein totaler Temperaturumschwung mit Regen. Ein plötzlicher Wetterumschwung sorgte auch vor 110 Jahren Anfang Februar 1909 am Obermain für eine der schlimmsten Hochwasserkatastrophen des 20. Jahrhunderts. Am 3. Februar hatte ein Temperatursturz für Tauwetter gesorgt. Im Anschluss strömte eine Flutwelle aus dem Fichtelgebirge, dem Frankenwald und dem Jura Richtung Maintal. Der Main trat gewaltig über die Ufer.
Bei einem Pegelstand von 3,54 Meter in Lichtenfels liefen die Fluten meterhoch durch die Coburger Straße stadteinwärts. Aus allen Ortschaften in den Tälern am Obermain waren Hiobsbotschaften zu vernehmen. Die Schönbrunner Mühle erlitt bei diesem Hochwasser großen Schaden; sie musste anschließend abgerissen und wieder neu aufgebaut werden. Um die kleinen Ferkel zu retten, hatte man sie kurzerhand in den ersten Stock der Mühle verfrachtet und für sie dort einen Stall notdürftig eingerichtet.
„Vierzehnheiligen, Fünfzehnbanz und in der Mitt? der Teufelsschwanz!“
Spruch aus dem dem 17. Jahrhundert
Kaum waren die Feuchtigkeitsschäden an zahlreichen Häusern im oberen Maintal beseitigt, sorgten mehrere Hochwasser während des Ersten Weltkriegs 1915, 1916, 1917 und 1918 für eine deprimierende Stimmung bei vielen Talbewohnern.
Schlimmste Hochwasserkatastrophe
Die schlimmste Hochwasserkatastrophe seit Menschengedenken ereignete sich am Obermain vor über 50 Jahren. Die Flut kam in der Nacht vom 23. auf den 24. Dezember 1967. Extrem warme Temperaturen Mitte Dezember, ausgiebige Regenfälle und Schneeschmelze im Fichtelgebirge und im Thüringer Wald hatten innerhalb weniger Stunden schmale Bäche in reißende Ströme verwandelt. In Schwürbitz stieg der Mainpegel am 24. Dezember von 1,50 auf 4,90 Meter. Als die Leute vor den Christbäumen am Heiligen Abend die Weihnachtslieder sangen, stand der frühere Landkreis Staffelstein unter Wasser. Die Schäden durch das Hochwasser wurden auf mehr als 50 Millionen Mark beziffert.
Seit Jahrhunderten erinnerten sich die Einwohner am Obermain an einen alten Spruch aus dem dem 17. Jahrhundert: „Vierzehnheiligen, Fünfzehnbanz und in der Mitt? der Teufelsschwanz!“ Mit einem unberechenbaren Teufelsschwanz hatten die Altvorderen den Main verglichen, dessen Hochwasser man oft hilflos ausgeliefert war. Seit 1275 existieren aus allen Jahrhunderten Ausschläge des „Flussschwanzes.“ Bemühungen, den Uferschutz zu verbessern, erwiesen sich oft als „für die Katz“. So fuhren nach einer Notiz aus dem Kloster Banz am 31. Dezember 1673 die Fischer aus Hausen mit ihren Booten um die Kronen des Reundorfer Eichenwäldchens herum.
Im 18. Jahrhundert hatte der Main noch eine ungebremste natürliche Dynamik. Er mäanderte und veränderte durch Hochwasserfluten seinen Lauf oftmals. Das zeigt eine alte Karte aus dem Jahr 1730. Der Fluss verzweigte sich innerhalb der Schleife von Kösten in mehrere Arme und ließ einzelne Inseln entstehen. Sie sind heute verschwunden – der Gesamtverlauf des Mains hat sich mit dem Durchstich der Flussschleife 1933/34 erheblich verändert.
Alte Karten zeigen früheren Flusslauf
Eine handgezeichneten Karte von 1806 zeigt den Flusslauf zwischen Hochstadt und Schwürbitz. Im Februar 1806 hatte ein gewaltiges Hochwasser den Damm unterhalb der Rodachmündung durchbrochen.
Mit dem Eisenbahnbau gab es größere Korrekturen: Mehrere Flussschlingen wurden durchstoßen, so zum Beispiel die Oberwallenstadter Flussschlinge 1842. Die wenigen Hochwassermaßnahmen und Flusskorrekturen waren nicht sehr erfolgreich. Die Bauern am Maintal waren immer wieder zahlreichen Überschwemmungen ausgesetzt und mussten Sand- und Kiesablagerungen auf ihren Feldern hinnehmen. Das Hochwasser spielte in früheren Zeiten eine bedeutende Rolle im landwirtschaftlichen Leben der Bevölkerung am Obermain.
Auch im 21. Jahrhundert gibt es Überschwemmungen in unserem Landkreis. Nach der Schneeschmelze und starken Regenfällen wurde die Ortschaft Wiesen am 14. Januar 2011 schon zum zweiten Mal im noch jungen Jahr vom Hochwasser heimgesucht. Wegen überfluteter Straßen war der Ort vier Tage lang von der Außenwelt abgeschnitten.
Erfolgreiche Renaturierung
Mittlerweile lassen Flutmulden und Main-Renaturierung den „Teufelsschwanz“ nicht mehr so wild ausschlagen. Dieser Hochwasserschutz kommt Tier- und Pflanzenarten zugute und bringt Pluspunkte für den Tourismus. Von Burgkunstadt bis Bamberg passiert der Main nur wenige Staustufen und fließt auf einer Länge von 77 Kilometern fast ungehindert. Der Kiesabbau jedoch hat das Gesicht der Flusslandschaft einschneidend verändert. 17 Hektar Flachwasserzonen, acht Hektar Altwässer und sieben Hektar wechselfeuchte Mulden bereichern jetzt das Obere Maintal.