„Das ist kein Leben, da ist keine Struktur da“, sollte Richter Alexander Zenefels am Mittwoch zum Werdegang eines 26-jährigen aus dem Nachbarlandkreis ausführen. Weil dem so ist und weil der Mann seiner eigenen Freundin die Nase brach, war nun auch keine Bewährung mehr drin.
Welche Streitkultur das mittlerweile voneinander getrennte Paar einst pflegte, konnte während der Verhandlung am Amtsgericht nicht geklärt werden. Der Angeklagte gab an, von der heute 23-Jährigen durch böswillige Beleidigungen provoziert worden zu sein, die junge Frau sollte diesen Umstand später im Zeugenstand verneinen.
Was hingegen unstrittig blieb, war die Schwere der Verletzung. An ihrer eigenen Geburtstagsfeier im Juni des vergangenen Jahres holte der Mann mittels Kopfstoß gegen die Nase der Lichtenfelserin aus, brach das Nasenbein und machte eine Operation notwendig. Doch was soll der Grund für die Beleidigungen gewesen sein, die dem Schlag vorausgingen?
Chef kam zu Besuch
Nach Schilderung des Angeklagten habe alles seinen Anfang damit genommen, dass er seinen Chef zur Geburtstagsfeier seiner Freundin nach Lichtenfels einlud. Der wiederum führte seine Tochter mit und mit dieser, so der 26-Jährige, habe er sich beim Spielen mehr befasst als mit der Tochter seiner Freundin. Das habe diese wiederum aufgebracht und so seien ihr Wörter wie „Pädophiler“ oder „Kinderficker“ über die Lippen gekommen. Das wiederum habe bei ihm zum Kurzschluss geführt. Auf Zenefels Nachhaken, ob er „statt eines Zuschlagens auch ein Gehen in Betracht gezogen“ habe, überraschte der junge Mann mit einem weiteren Vorhalt in Richtung seiner Ex-Freundin: „Schlecht, wenn man festgehalten wird. Ich weiß, es klingt lächerlich, aber sie hat mich schon öfter eingesperrt.“
Nach dem einschlägigen Vorfall jedenfalls sei er mit der Freundin ins Krankenhaus gefahren und dann habe sie drei, vier Tage bei ihren Eltern gewohnt. Zenefels wollte vom 26-Jährigen wissen, ob es schon mal vorgekommen sei, dass er seine Freundin schlug. Als der Gefragte verneinte, kramte Zenefels in einem Aktenstapel und wurde deutlicher. „Na, dann denken Sie noch mal darüber nach!“ Tatsächlich erhielt der Angeklagte schon einmal in Kronach eine Verurteilung wegen Körperverletzung.#
Fast zwei Promille
„Zwei Bierchen, Wein und Sekt“ gab der Angeklagte zu seinem Alkoholkonsum an jenem Abend an. Ein Polizeibeamter im Zeugenstand konnte deutlicher werden und sprach von nahezu zwei Promille. Einen nicht ganz guten Eindruck hinterließ an diesem Tag auch die Ex-Freundin des Angeklagten. Auch sie durfte sich anhören, ziemlich unsortiert zu sein, kam sie zur Verhandlung doch zu spät. Tatsächlich, so die 23-Jährige, die in einer Gemeinde im Landkreis wohnt, habe sie ihren damaligen Peiniger angerufen, um sich nach der Uhrzeit des Gerichtstermins zu erkundigen.
„Es hat mich halt aufgeregt, dass er seinen Arbeitskollegen mitgebracht hat (…) es war abgesprochen, dass der mal mitkommt, aber nicht an meinem Geburtstag.“ Keinesfalls aber habe sie mit solch massiven Beleidigungen Vorhaltungen wegen des Spielens gemacht. Letztlich war der Fall klar, da sich der 26-Jährige geständig zeigte. Als es zur Verlesung der Versäumnisse in seinem Vorleben kam, verdichtete sich der Verdacht, dass der Mann keine Bewährung bekommen werde. Mehrere Einträge wegen Körperverletzung, Diebstahl oder Betäubungsmittelvergehen sprachen für sich, Arbeitsauflagen dazu wurden nicht abgeleistet und überdies schlug der Angeklagte an jenem 10. Juni unter Bewährung stehend zu. Seine Anwältin Anett Raumschüssel brachte ins Spiel, ihr Mandant habe auch ob seiner Alkoholsucht all diese Probleme angehäuft und beantragte dazu die Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Therapie gefordert
Der Hintergrund: „Der Angeklagte ist nicht in der Lage, ohne Hilfe und Aufsicht eine Therapie zu beginnen.“ Doch in dem Therapieerfolg sah die Anwältin auch den Schlüssel für künftige Straffreiheit. Nach mehr halbstündiger Überlegung lehnte Zenefels den Antrag ab und auch Staatsanwalt Dominik Heike erinnerte daran, dass es laut Zeugenaussagen trotz des Promillewerts keine sichtbaren Ausfallerscheinungen zur Tatzeit gegeben habe. Wegen all der Voreinträge sei „eine Geldstrafe nicht mehr angemessen“ und die von ihm geforderte einjährige Haftstrafe „kann nicht mehr zur Bewährung ausgesprochen werden“.
Auf acht Monate setzte Zenefels das Urteil wegen vorsätzlicher Körperverletzung fest. Ohne Bewährung, denn „er trinkt gerne, er hat sich die letzten Monate um nichts gekümmert.“