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LICHTENFELS: Von Brautschau und Schikanen beim Fronleichnamsfest

LICHTENFELS

Von Brautschau und Schikanen beim Fronleichnamsfest

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    Fronleichnamsumzug in Weismain.
    Fronleichnamsumzug in Weismain. Foto: Fotos: Jutta Löbling

    Papst Urban IV. führte 1264 das Hochfest der „Einsetzung der Eucharistie“ in der katholischen Kirche ein und ordnete es für den ganzen katholischen Erdkreis an. Dieses bis heute römisch-katholische Fest hat die evangelische Kirche nie übernommen.

    Auch Herrgottstag oder Sakramentstag genannt, ist das Fronleichnamsfest am 2. Donnerstag nach Pfingsten außer in Bayern in weiteren fünf Bundesländern und in Österreich gesetzlicher Feiertag.

    Die Fronleichnamsprozession repräsentierte immer die gesamte Pfarrei: Vereine, Verbände, Kapellen, Schulen und andere Institutionen zeigen sich bis heute in der Prozession. Demonstrativ folgen sie dem Allerheiligsten. Früher kamen die Mädchen in Kranz, Haarlocken und weißen Kleidern, die Männer und besonders die Frauen kamen in der Festtracht. Die Kommunionkinder, besonders die Mädchen, tragen noch heute ihre Kommunionkleider im Zug. Lautes Beten, Musik und Gesang begleiten den Umgang.

    Die Böllerschützen alter Zeit gibt es nicht mehr. Das Turmschießen zum „Corbero Christi-Tag“ gab es in Lichtenfels noch 1735. Besonders bekannt ist die Bamberger Fronleichnamsprozession mit ihrer Tradition seit dem 15. Jahrhundert.

    Die Flurumgänge der heidnischen Bauern umgewandelt

    Schon vor der Einführung des Fronleichnamsfestes hatte die Kirche versucht, die Flurumgänge der heidnischen Ackerbauern in kirchliche Prozessionen umzuwandeln. Diese Feld- und Wetterprozessionen mochten aber so viel von altem Brauch hartnäckig bewahrt haben, dass die Mitführung des Sakramentes bei diesen Umzügen beständig das Missfallen der höheren kirchlichen Kreise erregte.

    Mit der starken Verbreitung des Fronleichnamsfestes sah die Kirche den christlichen Religionsgedanken in den Fronleichnamsumzügen des Frühsommers gesichert. Andere Begehungen und Flurfeiern wurden wieder freundlich geduldet.

    Die Fronleichnamsumzüge hatten den Charakter eines Flurumganges oder eines Wettersegens. Frühlings- und Sommersymbole waren stark vertreten. Manche Details wurden abergläubisch weiterentwickelt. Von alters her war es üblich, Blumen und grüne Gräser auf den Weg zu streuen. Sie dienen als Wetterorakel: Es gebe eine trockene Heuernte, wenn die hingestreuten Gräser und Blumen bis zum Ende des Fronleichnamstages verwelkt seien. Im umgekehrten Fall schloss man auf eine nasse Heuernte. Jede Frau nahm früher ein Birkenreis vom Altarschmuck, um es als Blitzschutz unters Dach zu legen.

    Mit Blumen bestreute Teppiche

    Bei den Prozessionen in den Orten am Obermain schmücken immer noch Birken und mit Blumen bestreute Teppiche den Weg des Allerheiligsten. Diese zieren besonders die geschmückten Stationsaltäre, dem Symbol der Himmelsrichtungen. Der hier unter Gesang und Gebet erbetene eucharistische Segen wendet sich nach Ost, West, Nord und Süd, also an die ganze Welt. Vielerorts - früher bewusster und reichlicher als heute - schmückten und schmücken Kerzen, Bilder, Teppiche und Fahnen die Häuser.

    Dieser besonders geschmückte Stationsaltar konnte in Weismain bewundert werden.
    Dieser besonders geschmückte Stationsaltar konnte in Weismain bewundert werden.

    Der Autor dieser Zeilen erinnert sich noch daran, dass er mit seinem Vater und Bruder im Wald des benachbarten Kulmitzberges die Birken mit dem Pferdefuhrwerk holte. Am Vorabend des Fronleichnamstages holten die Nachbarn und Leute in den umliegenden Straßen die Birken für einen kleinen Obolus auf dem Bauernhof ab. Ebenso wurden noch am Mittwochabend eilig die Straßen gekehrt und Hof und Garten wurden herausgeputzt.

    Geweihte Rosen für das Kindbett

    Auch ohne Kräuterweihe gelten Zweige und Blumenschmuck der Fronleichnamsaltäre als segenskräftig und werden mit nach Hause genommen. Geweihte Rosen und Pflanzen kamen ins Kindbett und sollten alles Böse verscheuchen. Hier ist offenbar der mit dem grünen Reis und dem Maibaum verbundene Volksglaube ins Kirchliche übertragen worden. Fronleichnamskränze wurden am Johannistag zerrieben und ins Feuer geworfen. Der Bilmesschneider, eine Sagenfigur, treibt während des Fronleichnamsumganges sein Unwesen. Die am Fronleichnamstag ausfliegenden Bienen waren besonders wertvoll.

    Wie andere Frühlingsfeste galt Fronleichnam auch vielerorts als eine Art „Brautschaufest“. Die Mädchen waren sich ihrer Wirkung wohl bewusst. Sie gingen im weißen Kleid mit himmelblauem Seidenband um die Hüfte, eine Myrte im Haar oder das Haar zum Zopf geflochten.

    Als die Nazis auf Kontrollgang gingen

    In der Zeit des Nationalsozialismus war das Fest nicht gerne von den Nazigrößen am Obermain gesehen. Sie sahen darin eine Demonstration des Glaubens gegen die nationalsozialistische Weltanschauung und schränkten von Jahr zu Jahr das Fronleichnamsfest ein. So heißt es in einem Erlass 1941: „Das Hissen von Kirchenfahnen durch Privatpersonen ist bestimmungsgemäß verboten.“ Der Autor dieser Zeilen kann sich noch daran erinnern, dass seine Großmutter erzählte: Die ortsbekannten NSDAP-Mitglieder gingen vorher durch die Straßen, um zu kontrollieren, dass keine kirchlichen Fahnen an den Fenstern der Häuser steckten. Als diese wieder verschwunden waren, hing seine Großmutter die Fahnen an den Fenstern wieder mutig auf, damit sie beim Durchzug der Fronleichnamsprozession als Festschmuck dienen konnten. Eine weitere Bestimmung war: „Altäre dürfen nur mit Kirchenfahnen geschmückt werden, wenn sie auf kircheneigenen Grund stehen“. Erst nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gab keine Einschränkungen mehr.

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