Die Hausschlachtung bei uns am Obermain ist heutzutage fast ausgestorben. Vor Jahrzehnten war sie auf dem Land bei jeder Bauersfamilie noch selbstverständlich: In der kalten Jahreszeit wurde ein Schwein für den Fleisch- und Wurstvorrat geschlachtet.
Wir reden von der guten alten Zeit; war sie wirklich so gut? Das Leben auf dem Land war immer von harter Arbeit und speziell im Januar von Hunger geprägt. Berichte schildern die Hungersnöte in unserer Gegend. Wenn es den Menschen halbwegs gut ging, wurde im Winter ein Schwein geschlachtet. Das war für die Familie ein Festtag. Nach langer Zeit konnte man sich endlich satt essen. Schlachten war harte Arbeit. Vieles musste man schnell verarbeiten und haltbar machen, damit man für die nächsten Monate genügend Fleisch zum Essen hatte.
Schlachtfest bei Schnee und Kälte
Der Dorfmetzger hat oft in eisiger Kälte draußen auf dem Hof das Schwein geschlachtet. Da war der eine oder andere Schluck Schnaps zum Aufwärmen willkommen. Mit dem Bolzenschussapparat wurde das Schwein betäubt und nachher mit dem Messer abgestochen. Anschließend kam Pechpulver über das Schwein, damit sich die Borsten beim Abbrühen mit heißem Wasser leichter ablösten.
Vor der Weiterverarbeitung musste auf den Fleischbeschauer gewartet werden. Er machte seine Aufgabe nebenberuflich und überprüfte das Schwein auf Trichinen - Anschneiden der Lynphknoten und der Innereien. Eine fleckige Leber musste sofort entsorgt werden. Das freigegebene Schwein wurde von den Familienmitgliedern in stundenlanger Arbeit zu Blut- und Kochwurst im großen Kessel verarbeitet. Das gekochte Spindfleisch wurde von vielen fleißigen Händen klein geschnitten; die durch den Fleischwolf gedrehten Schwarten wurden als Bindemittel verwendet. Neben Pökelsalz und Pfeffer durfte Muskat als Gewürz nicht fehlen. Die Würste mussten zirka 30 Minuten im heißen Wasser ziehen. Das Schwein wurde zerteilt, die Fleischstücke kamen in die Gefriertruhe, sofern vorhanden: In den Monaten danach gab es öfters leckeren Schweinebraten. Dreiviertel des Schweines wurde als Fleisch verarbeitet, ein Viertel als Wurst.
Schlachten von Haustieren gehörte zum Leben auf dem Bauernhof
Geschlachtet wurden nur reife Schweine; sie waren sechs bis acht Monate alt. Heute in der Schweinemast werden sie nach vier bis fünf Monaten zum Schlachthof gebracht. Den Unterschied schmecken wir.
Für uns Kinder gehörte das Schlachten von Haustieren zum Leben auf dem Bauernhof dazu. Wir wussten, dass die Tiere, die aufgezogen wurden, letztendlich zum Schlachten da waren. So hat der Autor dieses Artikels von Kindesbeinen viele Hausschlachtungen miterlebt. Als kleiner Bub musste er das Blut im Eimer schnell rühren. Für den großen Bub war das Fleischschneiden angesagt oder das Drehen der Kurbel am Fleischwolf.
Schlachtschüssel für den Dorfschullehrer

Die Produkte durften nicht verkauft werden, sie waren nur für die Familie bestimmt. Die Wurstsuppe und ein Ringel Leberwurst wurden von uns Kindern zu den Nachbarn gebracht. Bis in die 1950er Jahre bekam auch der Dorfschullehrer seine „Schlachtschüssel“, Wurstsuppe, einen Ringel Leberwurst, Rotwurst oder Spindfleisch, obwohl Lehrer nie am Hungertuche nagten. Einige Eltern hofften, dass der Lehrer sich bei der Notenverteilung beim Schüler an die köstliche Wurst erinnerte. Heute hat jeder Lehrer sein gesichertes Einkommen und wird über diese Geschichten vom armen Dorfschulmeisterlein schmunzeln.
„Schwarz schlachten“ in den letzten Kriegsmonaten
Das Festessen für die Bauernhochzeit wurde meist mit der eigenen Hausschlachtung im Januar und Februar bestritten. Da man damals weder Kühlschrank noch Gefriertruhe hatte, war das Aufbewahren von Fleisch und Wurst für einige Tage und Wochen bei frostigem Wetter ideal.Das Schlachten in den letzten Kriegsmonaten vor 75 Jahren war gefährlich: Kontrollen waren an der Tagesordnung, „schwarzes“ Schlachten war verboten. Woran sich angesichts des großen Hungers nicht jeder hielt. Mancher, der erwischt wurde, war findig: In Grundfeld habe eine fast ertappte Familie das geschlachtete Schwein in einer Kammer ins Bett gelegt und zugedeckt. „Das ist die Tant‘, die hat TBC.“ Der Kontrolleur habe daraufhin auf eine Durchsuchung verzichtet.
Heute ziehen nur noch wenige Metzger Samstag für Samstag in Sachen Hausschlachtung im Winter über die Dörfer. Junge Leute, die bei so einer Schlachtung dabei sind, werden in Zukunft vermutlich bewusster essen, als sie es beim Verzehr der abgepackten Produkte von der Fleischtheke im Supermarkt getan haben. Auch im bekannten Frankenwaldlied ist ein Strophe der Hausschlachtung gewidmet: Tief im Frankenwald steht ein Bauernhaus so hübsch und fein. Da wird a Säula schlacht und grueßa Wüschd gemachd. So ist es Brauch im Frankenwald.