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LICHTENFELS: Das harte Leben von Knechten und Mägden am Obermain

LICHTENFELS

Das harte Leben von Knechten und Mägden am Obermain

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    Eine Bauersfamilie mit Magd und Knecht bei der Getreideernte in Altenkunstadt.
    Eine Bauersfamilie mit Magd und Knecht bei der Getreideernte in Altenkunstadt. Foto: Andreas Motschmann

    Arbeiten von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang bei Kost und Logis und wenig Taschengeld, dass war für Knechte und Mägde bis vor etwa 70 Jahren auf vielen Bauernhöfen am Obermain die Regel. Sie lebten mit der Bauersfamilie zusammen und gehörten dennoch nicht dazu.

    Bauer und Bäuerin wurden mit Herr oder Frau – ohne Familiennamen – angeredet. Gegessen wurde mit den Bauersleuten am gemeinsamen Tisch aus gemeinsamer Schüssel – Privatphäre gab es nicht. Zum Knecht und zur Magd wurde man geboren. Für die Kinder von Taglöhnern und Dienstboten gab es zu Hause oft nicht genug zum Essen. Ihre Eltern hatten nicht das Geld, sie zu einem Lehrbetrieb wie Schlosser oder Wagner, Schreiner, Schuster, Sattler oder Schneider zu schicken.

    Bauernkinder, die keine Erstgeborenen waren und somit nicht den Hof erben konnten, wurden oft Dienstboten, nicht selten bei Verwandten. Das Kind einer Magd wurde auch Knecht oder Magd – ein hartes und entbehrungsreiches Leben erwartete uneheliche Kinder und Waisen.

    Ohne Knechte und Mägde als Arbeitskräfte lief in der vorindustriellen Landwirtschaft nichts. Die Sommer waren extrem hart. Sonn- und feiertags wurde auch gearbeitet. In der Früh und am Abend ging es in den Stall. Nur um Lichtmess herum gab es einen Jahresurlaub von drei Tagen für die Dienstboten. Zu Lichtmess wurde festgelegt, auf welchem Hof die Kinder nach dem Ende ihrer Schulzeit arbeiten würden. Denn bis 1940 begann nach Ferien am Gregoriustag (12. März) das neue Schuljahr.

    Mit 13 Jahre begann ihr Dienst an einem fremden Hof

    Mit etwa 13 Jahren begannen die Jungen und Mädchen nach der Schulzeit ihren Dienst als Knecht oder Magd an einem fremden Hof. Da gab es viele Tränen und großes Heimweh; höchstens ab und an mal am Wochenende kam man nach Hause. Im Sommer standen sie um vier in der Früh auf und mähten im Morgengrauen die Wiesen.

    Später am Tag wäre das Gras zu trocken gewesen. Sie unterstützten Bauer und Bäuerin bei vielen Arbeiten oder übernahmen sie ganz. Sie arbeiteten mit Ochsen und Pferden auf den Feldern, brachten Mist und Jauche aus, die Ernte und das Holz ein und halfen im Stall. Im Winter war Besenbinden und Korbflechten angesagt.

    Im Stall und beim Melken packten die Mägde mit an. Das Melken von Hand war schwer, den jungen Mägden taten die Arme weh. Sie halfen auf dem Feld, beim Wäschewaschen, im Haushalt, bei der Kinderbetreuung. Sie bauten Gemüse an und Brot buken sie auch.

    Im Winterhalbjahr ging es ruhiger zu

    Das Winterhalbjahr war ruhiger. Die Spinnstube als wichtiger Bestandteil des dörflichen Lebens brachte Abwechslung in des Leben des Gesindes. Zum Spinnen traf man sich nach dem Abendessen in der Spinnstube. Bäuerinnen, Mägde und Mädchen des Dorfes und kleiner Nachbardörfer kamen zusammen. Für zwei bis drei Stunden stand die Spinnarbeit im Mittelpunkt. Zwischen neun und zehn Uhr war das Spinnsoll erfüllt, das Spinnrad stand still. Dann kamen die Burschen und Knechte und die Gaudi ging los. Man sang, musizierte, tanzte, trieb Schabernack und erzählte Geschichten. Die Frauen legten den Knechten Besen, Prügel oder ein Rossgeschirr ins Bett, die Burschen den Mägden einen ausgestopften Mann oder eine ausgestopfte Kinderpuppe. Geschichten wurden in Spinnstuben lebhaft ausgeschmückt; die Mägde waren verängstigt und trauten sich nachts nicht alleine auf den Heimweg.

    Kein Unterschied zwischen Frauen- und Männerarbeit

    Im Zweiten Weltkrieg gab es keinen Unterschied zwischen Frauen- und Männerarbeit. Die Männer waren im Krieg, die Mägde und die Bäuerin pflügten die Äcker. Kriegsgefangene kamen auf die Höfe, aber Liebe war strengstens verboten. Wegen unerlaubter Liebe wurden Mägde in das KZ gesteckt. Viele kamen nicht mehr zurück. Unstandesgemäße Liebe zwischen Knecht und Bauerstochter war ebenso verboten. Die Bauerstochter musste standesgemäß einen Bauernsohn heiraten. Es kam immer wieder vor, dass eine Magd ein Kind vom Bauern bekam. Das hatte für den Bauern in der Regel keine Konsequenzen. Die schwangere Magd wurde oft vom Hof geschickt.

    Schwangere Magd hatte es besonders schwer

    Die schwangere Magd arbeitete bis kurz vor der Geburt. Oft war die Hebamme weit weg. Besonders auf dem Geberch - in den entlegenen Juradörfern war die Geburt ein großes Risiko. Für die Bauersleut war das neugeborenes Kind der Magd nur ein unerwünschter Esser mehr. Wenn eine Magd mit Kindern vom Bauern geduldet wurde, so arbeitete sie täglich für Kost und Unterkunft, aber bekam keinen Lohn. Die jahrelange Abhängigkeit war drückend. Oft wurde keine Versicherung für Mägde und Knechte eingezahlt. Bei Krankheit kam nicht selten die Entlassung. So mussten viele Ältere im Rentenalter von der Fürsorge leben, obwohl sie ein Leben lang schwer gearbeitet hatten.

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