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LICHTENFELS: Vergessene Faschingsbräuche vom Obermain

LICHTENFELS

Vergessene Faschingsbräuche vom Obermain

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    Am „tollen Dienstag“ stand in der Spinnstube die Arbeit still.
    Am „tollen Dienstag“ stand in der Spinnstube die Arbeit still. Foto: Repro: Andreas Motschmann

    In alter Zeit gab es am Obermain unzählige Faschingsbräuche. Viele sind heute vergessen. Lediglich Faschingsumzüge und -sitzungen, die zurzeit veranstaltet werden, haben überlebt. Was an den Faschingstagen auf dem Bauernhof früher zu beachten war, damit das Glück für die kommenden Monate in Haus und Hof nicht ausblieb, weiß heute kaum jemand. Wir erinnern im Folgenden an vergessene Faschingsbräuche.

    Toller Dienstag stand eine besondere Rolle zu

    Die meisten Bräuche beziehen sich auf die Zeit vom Faschingssonntag zum Faschingsdienstag. Die entscheidende Rolle kam dabei dem tollen Dienstag, dem Faschingsdienstag, zu. An diesem Tag wurde die Arbeit früher als sonst auf dem Bauernhof begonnen. Wer an dem Tag beizeiten aufstand, stand auch, so glaubte man, im ganzen Jahr zeitig auf.

    Zudem musste vor Sonnenaufgang alle Morgenarbeit im Stall erledigt sein, denn an diesem Tag sollte die Sonne nicht in den offenstehenden Stall scheinen. Eilig und gründlich und ohne, dass dabei ein Wort gesprochen wurde, ward im Stall gemistet. Das Gleiche geschah im Hühnerstall und Taubenschlag, damit die lieben Haustiere in Zukunft weiterhin sauber blieben und gediehen.

    Kehricht kam heimlich auf den Mist des Nachbarn

    Die Bäuerin kehrte vor Tagesanbruch die Stube fein säuberlich. Den Kehricht schüttete sie heimlich auf des Nachbarn Düngerstätte oder warf ihn über den Gartenzaun auf Wiese, Feld oder Straße. So stellte die Bäurin sicher, dass Flöhe und anderes lästiges Ungeziefer auswanderten und zum Nachbarn zogen. Damit die Wäsche von unliebsamen Plagegeistern frei blieb, wusch unterdessen die Tochter oder die Magd des Hauses alle verfügbaren Wäschestücke im Brunnentrog.

    Ebenfalls vor dem Morgengrauen musste die Bäuerin unbekleidet „ausbuttern“, damit es im laufenden Jahr nicht an Butter fehlte und die Kühe gesund kalbten. Das Füttern an diesem Tag war schwierig. Vor dem Futterreichen schnitt man den Kühen einige Schwanzhaare ab, damit mehr Milch aus den Eutern komme.

    Hühner wurden in einem Kreis gefüttert

    Von den Würsten, die vom letzten Schlachtfest übrig waren, bekamen die Tiere einige Reste. Die Bauersleute glaubten, dass die Tiere so vor aller Krankheit sicher waren und bis zum nächsten Faschingsdienstag gesund blieben. Die Hühner wurden in einem Kreis gefüttert, den man in den Erdboden ritzte oder durch einem großen Reif, mit einem Seil oder Strick darstellte. Dadurch blieb das Federvieh während des ganzen Jahres beisammen und keines würde abhanden kommen. So verhinderte man, dass sie beim Nachbarn ihre Eier legten.

    Man durfte sie während des ganzen Tages nicht locken, sonst lockte man Fuchs und Geier an. Damit die Hühner reichlich Eier legen, schob die Bäuerin an diesem Tag alles Flick- und Strickzeug beiseite und tat nicht einen einzigen Nadelstich. Sie würde sonst die Hühner „zuflicken“; dann könnten die Hühner zwar noch fressen, aber keine Eier mehr legen.

    Wenn sie strickte, hatte sie außerdem die Gewissheit, dass Zank und Streit ein Jahr lang vom Haus ferngehalten würde. Man durfte „Federn schleißen“, bei großen Federn die Kehle entfernen. Damit hatte man das ganze Jahr ein schön weiches Bett.

    In aller Frühe den Flachs nackt spinnen

    Der Flachsanbau spielte im Lichtenfelser Land nur bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Rolle. Die Bauern mussten in der NS-Zeit nochmals Flachs anbauen. 1937 wurde in Staffelstein die Maintal-Flachsröste gegründet, aber 17 Jahre später stellte die Firma die Produktion ein.

    In der Fastnacht dachte der Bauer an das Gedeihen des Flachses. Lange Eiszapfen an Fastnacht bedeuteten, dass der Flachs lang wird. Einen Zweig mit der gewünschten Länge des Flachses steckte man auf das Feld und sprach dazu: „Reis, da steck ich dich her; Flachs, so lang sollst du wern“. In der Fastnacht spann in aller Frühe ein Mädchen nackt und ungesehen auf dem Misthaufen drei Haspellängen Flachs für eine bessere Flachsernte.

    Die Alten mussten in der Nacht zum Aschermittwoch tüchtig tanzen

    In der Fastnacht sollte man nicht waschen und spinnen, damit der Flachs gut gedeiht. Die Alten des Dorfes mussten in der Nacht zum Aschermittwoch tüchtig tanzen und dabei möglichst große Sprünge machen. Je höher die Sprünge und je länger der Tanz, desto länger wurde der Flachs. Hatte man aber das Pech, beim Tanzen zu fallen, so hatte man außer dem Spott der Zuschauer zu fürchten, dass sich im künftigen Sommer der Flachs auf dem Felde infolge Hagelschlags oder heftigen Platzregens legen würde.

    Viele Bräuche sind vergessen, aber einige passende Bauernregeln kennen wir noch: „Soviel Sonne am Fastnachtssonntag scheint, wird sie jeden Tag in die Fasten scheinen“ und „Wie sich Aschermittwoch stellt, die ganze Fasten sich verhält.“

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