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LICHTENFELS: Ein Blick in die Geschichte: über Seuchen am Obermain

LICHTENFELS

Ein Blick in die Geschichte: über Seuchen am Obermain

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    Lichtenfelser „Cholerastempel“ von 1832.
    Lichtenfelser „Cholerastempel“ von 1832. Foto: Repro: Andreas Motschmann

    Seuchen und Pandemien gab es seit Menschengedenken, so berichten Forscher, auch schon in der Jungsteinzeit. Die erste schriftliche Darstellung der „Pest“ ist der Bericht von Thukydides von der Belagerung Athens, 430 vor Christus. Seuchen bedrohen bis heute in unregelmäßigen Abständen immer wieder die Menschen. Auch die Region am Obermain blieb in der Vergangenheit nicht verschont und ist seit einigen Wochen hautnah betroffen.

    Nicht in Afrika oder Asien ist die Seuche, sie ist direkt vor der Haustür und in den Häusern. Die Menschen erleben die größte Durchwirbelung ihres Alltagslebens seit dem Pestausbruch im 17. Jahrhundert. Ist ds Gesundheitssystem diesen großen Herausforderungen gewachsen? Angst und Verunsicherung machen sich breit. Da lohnt es, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen.

    Aus dem 13. Jahrhundert stammen erste Berichte aus Oberfranken

    Von Pesterkrankungen in Franken und dem Auftreten der Lepra gibt es Berichte aus dem zwölften und 13. Jahrhundert. Widmann schrieb in seiner „Hofer Chronik“ von großem Hunger und der schrecklichen Pest, die sich 1350 über die Region ausbreitete und mehrere Jahre wütete. Der sehr kalte Winter 1365 führte zu einer Hungersnot, harter Teuerung und einer „geschwinden Pestilenz“. Hungerwinter führten in den folgenden Jahrhunderten oft zu Massensterben. Der Dreißigjährige Krieg tat ein Übriges, auch am Obermain.

    Aberglaube und Anrufung der Heiligen versprachen Heilung

    In früheren Jahrhunderten gab es kein leistungsfähiges Medizinwesen. Unter Krankheiten litten besonders die Menschen auf dem Land. Aberglaube und Zauberei versprachen Heilung und Linderung des Leidens, wenn der Kranke nur fest an die Wirkung des Mittels glaubte. Viele Kranke – vor allem Katholiken – suchten und fanden Trost und Heilung mit Hilfe der Religion. In unzähligen Litaneien wurden Heilige, auch die 14 Nothelfer, zum Schutz vor bestimmten Krankheiten angerufen.

    Am Obermain waren vor allem im 19. und im frühen 20. Jahrhundert hygienische Missstände die Grundlage und Ursache vieler seuchenartiger Krankheiten. So erkannte man auch in Staffelstein schon vor Jahrhunderten, welch große Rolle Sauberkeit für ein gesundes Leben spielte. In der neuen Staffelsteiner Stadtverordnung von 1577 gab es Verordnungen zur Reinhaltung der Straßen, Abortanlagen und Ausgüsse. Alle Aborte, die ihren Inhalt in das Mühlwasser oder direkt auf die Gasse abgaben, waren abzubrechen. Alle Misthaufen oder sonstiger Unrat von den Häusern mussten rechtzeitig vor dem Jahrmarkt abgeführt werden. Zuwiderhandlungen wurden mit hohen Strafen belegt.

    Auch in den Häusern fand man üble Zustände. Dunggruben waren direkt neben Brunnen und Kellerräumen angelegt. Die davon ausgehenden Gefahren waren der Bevölkerung überhaupt nicht bekannt. Erst Bezirksärzte machten am Obermain auf etwaige gesundheitliche Konsequenzen aufmerksam.

    Buch am Forst war Grenze zur drohenden Cholera-Epidemie

    Eine drohende Cholera-Epidemie vor fast 200 Jahren im Obermainkreis zwang die Obrigkeit zu einschneidenden Maßnahmen, um ein Übergreifen der Krankheit abzuwehren. Im Herbst 1831 grassierte in Norddeutschland die Cholera. Vom Ausgreifen der Krankheit stark bedroht war der Obermainkreis wegen der verkehrsreichen Straßen aus den von der Cholera betroffenen Gebieten Polen, Preußen, Russland und Nordböhmen.

    Zunächst riegelten die bayerischen Behörden mit Hilfe von Truppen die Grenze völlig ab, wofür in Lichtenfels das dritte bayerische Jägerbataillon einquartiert wurde. Die Soldaten sperrten alle Wege und Straßen an der Grenze zum Herzogtum Coburg, und das eingesetzte Bataillon verhinderte auch das Eindringen von Personen an der grünen Grenze.

    Briefe und Pakete aus den Choleragebiete wurden desinfiziert

    Der aufgestellte Cholera- oder Sanitätsbarrikade wurde von September 1831 bis Januar 1832 aufrechterhalten. Auch Briefe und Pakete, die aus Choleragebieten kamen, wurden desinfiziert. Die Behörden richteten hierzu an der bayerischen Grenze vier Kontumazanstalten, also Quarantäneeinrichtungen, ein, eine in Buch am Forst an der Grenze zum Herzogtum Coburg. Bei der Post von Lichtenfels wurden in einer eigens installierten Sanitärstelle mittels Durchlöcherung und Räucherung der Postsendungen die Choleraerreger abgetötet. Nur mit dem Stempel „Gereinigt in Lichtenfels“ versehene Postsendungen wurden weiterbefördert.

    Die Maßnahmen hatten Erfolg: Die Cholera machte an den Grenzen halt. In Lichtenfels wurde kein einziger Krankheitsfall bekannt. In den Lichtenfelser Sterbematrikeln von 1832 heißt es: „Obgleich die Cholera in allen Seiten angrenzender Reiche wütete, blieb doch ganz Bayern verschont.“

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