Die Abschlussfeier der Berufsausbildung des IHK-Gremiums Lichtenfels sollte im Kaisersaal beeindrucken. Nicht allein wegen des feierlichen Rahmens, sondern auch wegen persönlicher Geschichten von Ausbildungsabsolventen und den ein oder anderen Zahlen.
Voller als am Dienstagabend hat man den Kaisersaal seltener gesehen. Es stand eine Zeugnisvergabe an, und es bedeutete einen großer Bahnhof für so viele vorrangig junge Menschen, die ihre Berufsausbildung erfolgreich abschlossen und Grund zum Feiern hatten.

Landrat Christian Meißner war gekommen, die Bürgermeister der Gemeinden Michelau und Hochstadt, zudem weitere hochrangige Lokalpolitiker, Schulvertreter, Netzwerker oder DGB-Kreisvorsitzender Heinz Gärtner. Und in der ersten Reihe saßen auch die IHK-Gremiumsmitglieder, so wie Michael Möslein, Gerd Laatz oder Andreas Poth.
Doch der Mann, der als erstes das Wort ergreifen sollte, war Wilhelm Wasikowski, Vorsitzender dieses Gremiums. Und dann wurde es beunruhigend besinnlich. Denn in seiner Festrede sollte Wasikowski auf den Vormarsch der künstlichen Intelligenz eingehen. „Man kommt schon ins Grübeln, wenn man von Chat GPT auf die Frage 'Welche Vorteile hat die berufliche Bildung gegenüber einem Studium?' in nicht einmal einer Minute 1615 Zeichen präsentiert bekommt.“
Angst vor Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt

Vor diesem Hintergrund, so Wasikowski, sei die Angst vor den Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt verständlich. Doch bei allen Risiken habe man auch die Chancen der künstlichen Intelligenz im Blick zu behalten und diese Chancen seien gegeben, „aber nur dann, wenn Menschen wie Sie nach ihrem erfolgreichen Berufsabschluss an den Themen der Zukunft dran bleiben und den technischen Fortschritt nutzen, für sich, Ihren Beruf und Ihre Berufung.“ Und dann war sie wieder da, die altbekannte Weise von der Weiterbildung. Und das sei übrigens auch die Empfehlung der künstlichen Intelligenz selbst gewesen.
67 Damen und Herren traten zu Prüfungen an, 65 waren erfolgreich und mehr als die Hälfte mit einer Note 1 oder 2. Und weiter lautete es zur Statistik: 22 von ihnen kommen aus dem kaufmännischen Bereich, 45 aus dem technisch-gewerblichen. Von ihnen sollte auch jemand am Rednerpult stehen und eine Festrede halten. Es war Leo Schubert von der Karl Eugen Fischer GmbH aus Burgkunstadt, ein „Technischer Produktdesigner“ der Fachrichtung Maschinen- und Anlagenkonstruktion.

Seine dreieinhalb Jahre Ausbildung habe er in Vorbereitung auf seine Rede gedanklich Revue passieren lassen, dreieinhalb Jahre, die eigentlich schnell vorbei waren. Was ihm klar vor Augen stehe, sei, dass er mit der Ausbildung und den mit sich gebrachten vielfältigen Erfahrungen samt Wissensschatz eine persönliche Reife und ein Selbstbewusstsein entstanden sei, um auf das kommende Berufsleben zu schauen.
In seinem Fall dürfte das ganz besonders gelten, zählt er doch zu dem Kreis der Prüfungsbesten. In einem kleinen Gespräch etwas abseits des Geschehens, führte er das unserer Zeitung gegenüber noch klarer aus: „Durch das Zutrauen, Aufgaben zu bewältigen, habe ich einen besseren Blickwinkel auf mache Sachen bekommen und kann mir vorstellen, noch mehr Sachen zu schaffen – im Beruf oder darüber hinaus.“

Etwas schaffen und sich beweisen zu wollen, darin lag auch eine weitere Facette des Abends und die Zahl dazu lautete auf 10. Wer wüsste das besser als Peter Belina von der IHK Oberfranken in Bayreuth. Zehn externe beziehungsweise spätberufene Prüfungsteilnehmer erhielten ihre Zeugnisse. „Zwei von ihnen waren Prüfungsbeste“, ließ der im Bereich Kommunikation arbeitende IHK-Mann zu den Menschen, „die auf dem zweiten Bildungsweg ihre Ausbildung gemacht haben“, wissen. Oft seien sie angelernt worden und hätten sich dann gesagt, dass sie die Prüfung auch machen wollten.
„Riesenrespekt“ vor Spätberufenen
„Ich habe einen Riesenrespekt vor ihnen“, so Belina. Einer derer, vor denen er diesen Respekt hatte, war Alexander Henkel. In sechs Wochen Blockunterricht holte der 54-Jährige einen Wissensstand auf beziehungsweise vervollkommnete er diesen, den andere in zwei Jahren erwerben. Sein Ziel war es, Maschinen- und Anlagenführer zu werden. Schwerpunkt: Metall- und Kunststofftechnik. Doch nebenbei war der Mann noch im Schichtbetrieb tätig, hatte Überstunden zu machen und sich im Haushalt und in der Familie einzubringen. Gelernt habe er dann mitunter bis nachts um 2 Uhr.
Ist er stolz auf das Erreichte? „Ja, es war besser als erwartet.“ Doch mit langem Feiern wollte er sich nicht aufhalten. Er ging dann lieber heim, seine Frau unterstützen. Sie sei nämlich auch gerade dabei, zu lernen. Sie möchte Pflegefachkraft werden.