Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Obermain
Icon Pfeil nach unten
Lichtenfels
Icon Pfeil nach unten

LICHTENFELS: Beleidigungen bei der Verhandlung im Amtsgericht Lichtenfels

LICHTENFELS

Beleidigungen bei der Verhandlung im Amtsgericht Lichtenfels

    • |
    • |

    Hätte es der Mann mit der Sache mal lieber bewenden lassen. Doch er legte Einspruch gegen einen Strafbefehl ein und setzte in dem Verfahren um Nachstellung ganz auf Freispruch. Jetzt hat er die mehr als dreifache Quittung bekommen. Auch weil er vor Gericht ausfällig wurde.

    Es ging am Dienstag um manches. Um die weiße Weste des Angeklagten, um Geld und vor allem um die Wahrheit. Hatte der 69-jährige Mann aus der Landkreismitte seiner rund zehn Jahre jüngeren einstigen Lebensgefährtin nachgestellt oder nicht? Nach Sachlage erging gegen den Endsechziger ein Strafbefehl in Höhe von 1800 Euro, aber den akzeptierte er nicht, und so kam es zu einem Prozess unter Vorsitz von Richter Matthias Huber.

    130 uncharmante Whatsapp-Nachrichten

    Es ging um eine Beziehung, die der Rentner vier Jahre lang mit seiner Freundin, einer Witwe, hatte. Doch im Juli 2021 war Schluss, denn die Frau trennte sich von ihm. Das arbeitete in dem Verlassenen, und er schrieb im Verlauf von Monaten rund zehn Briefe, sandte 130 Whatsapp-Nachrichten, in denen er sich von uncharmanter Seite zeigte. Vor allem aber, auch das stand während des Prozesses im Raum, soll er am Grab des Mannes der Witwe zweimal Botschaften wie „Nach 60 Jahren bist du immer noch nicht weise“ hinterlassen haben.

    Was den durch Rechtsanwalt Manfred Hofmann vertretenen Angeklagten an seiner Ex-Lebensgefährtin besonders störte, war eine zu anderer Zeit von ihr getroffene Aussage, wonach es nie zu einer Verlobung zwischen ihm und ihr gekommen sei. Tatsächlich sollte sich dieser Punkt während der Verhandlung als etwas knifflig herausstellen.

    Waren die beiden nun verlobt oder nicht?

    Und wirklich war es so, dass der Angeklagte einst Ringe besorgte, einen Termin bei einem Pfarrer ausmachte und der die Ringe segnete. Aus all dem bezog der 69-Jährige offenbar das Zutrauen, in gerechter Sache unterwegs zu sein. Doch Huber hatte eine Bemerkung für ihn parat: „Ihnen ist ja sicher bekannt, dass man ein Verlöbnis auch wieder lösen kann.“

    Dann trat als Zeuge auch der Pfarrer selbst in den Saal, und der nahm das Wort Verlöbnis nicht in den Mund. Er habe „die Ringe gesegnet“ und mit den beiden Senioren mehr so über den Wert von Liebe und Beziehung gesprochen. Denn der Angeklagte selbst hatte ihm auch erzählt, dass er an eine Ehe gar nicht denken wolle, um seine Rente nicht zu gefährden. Nun ist aber ein Verlöbnis die Absichtserklärung zur Ehe.

    „Mir erschließt sich nicht so ganz, worauf der Einspruch hinaus will“, so Huber in Richtung des Angeklagten gerichtet. Es waren mehrere Momente, in welchen Huber signalisierte, dass die Beweislast gegen den Angeklagten eigentlich zu schwer ist. Doch im Verfahren sollte der Mann zweimal Angebote ausschlagen, es bei dem gegen ihn ergangenen Strafbefehl in Höhe von 1200 Euro zu belassen.

    Hat er bei dem Zeugen Fäkalien auf die Gartenbank geschüttet?

    Als ein guter Freund der einstigen Freundin des Angeklagten in den Zeugenstand trat, um von dessen Benehmen zu berichten, da musste sich dieser vom Angeklagten beschimpfen lassen: „Du Lügner, wenn du tot vom Stuhl bollern tätest.“

    Was der Zeuge zu Protokoll gab, war mitunter irritierend. Hatte der Angeklagte wirklich seine Fäkalien bei ihm auf die Gartenbank geschüttet? Für den Zeugen jedenfalls war der Fall klar, und er hatte eine Drohung parat: „Wenn er sagt, er war es nicht – ich mache ihn nur darauf aufmerksam – ich habe Beweise.“ Zudem berichtete er davon, dass der Angeklagte am Tag der Trennung den Kühlschrank seiner Nun-Ex-Freundin „runtergedreht“ hatte, damit der Inhalt Schaden nimmt.

    Von Zuneigung ist nicht mehr viel übrig

    Die Reaktion des Angeklagten: „Du Hammel, du geschorener.“ Die Antwort kam postwendend: „Ich glaub, du gehörst in die Psychiatrie.“ Auch Richter Huber hatte eine Meinung dazu, adressiert an beide Männer: „Bei Ihnen scheint die gegenseitige Zuneigung nicht groß.“

    Von einer Zuneigung des einstigen Paares zueinander war auch nichts mehr übrig. „Ich wollte ihn nicht mehr sehen, weil er mich schlecht behandelt hatte“, führte die Frau aus und schilderte den Endsechziger als wenig rücksichtsvoll angesichts ihres Wunsches, alleine zu sein. Anstatt die Wohnung zu verlassen, habe er für sich erst noch in Anspruch genommen, schlafen zu gehen, den Computer einzustellen, und da sei sie zu Freunden gegangen, weil sie es „daheim nicht mehr aushielt“.

    Beratungsresistent und derb ausfällig

    Ab und an wurde der Angeklagte auch von seinem eigenen Anwalt ins Gebet genommen, sich doch maßvoller auszudrücken und – wie es in Prozessen üblich und erlaubt ist – an Zeugen Fragen zu stellen, anstatt ihnen Vorhaltungen zu machen. Die Chance, ohne ein Urteil davonzukommen, sollte der Angeklagte verstreichen lassen. Denn aus einer von Huber angeregten Besprechung mit seinem Anwalt, wonach man den Strafbefehl besser akzeptiere, kehrte er mit dem Vorsatz in den Saal zurück, den Prozess bis zu einem Urteil durchzustehen.

    Das sollte fatal werden. Zwar nahm der Angeklagte für sich in Anspruch, auf Freispruch zu plädieren, doch entfuhr ihm dabei in Richtung eines Zeugen auch der Satz: „Du kleiner Drecksack.“

    5400 Euro Geldstrafe statt Strafbefehl in Höhe von 1800 Euro

    Für Staatsanwältin Sattler stand fest, dass es zu Nachstellungen kam. Sie plädierte auf eine Geldstrafe von 5400 Euro, dem Umstand geschuldet, dass beim Strafbefehl eine geringere Rentenhöhe des Angeklagten angenommen wurde. Doch wie sich zeigte, sind seine Einkünfte besser.

    Huber folgte dem in seinem Urteil. Er zeigte sich davon überzeugt, dass es zu Nachstellungen seitens des bis dato unbescholtenen Rentners kam und dass er es auch war, der ein Pamphlet am Grab hinterließ. Erstens darum, weil es dieselbe Diktion hatte wie andere Schriften des Angeklagten, zweitens darum, weil ein ähnlicher Vorfall vor der Trennung nie stattfand.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden