Christian Meißner bleibt für weitere sechs Jahre Landrat im Landkreis Lichtenfels. 54,5 Prozent der Stimmen entfielen auf den 53-jährigen Vater zweier Söhne. Susanne Freifrau Bock von Wülfingen brachte es als Erstunterlegene auf 17,0 Prozent.
Auf das Ergebnis der Landratswahl hieß es insgesamt lange warten, da in den insgesamt 134 Wahllokalen erst die Landtagswahl, dann Bezirkstagswahl (wenngleich es ab 21.43 Uhr und bis nach Mitternacht für den Kreis Lichtenfels hier keine weiteren Meldungen mehr gab, beim Auszählungsstand 20 von 134) und zuletzt die Voten für den Landkreis-Chef ausgezählt wurden.

Von Anfang an war das Resultat für Christian Meißner jenseits der 50-Prozent-Marke (weniger hätte zu einer Stichwahl in zwei Wochen geführt) und dessen dritte Amtszeit ungefährdet, wenngleich die 66,11 Prozent von 2017 bei weitem nicht zu erreichen waren. Da waren es aber auch nur drei Bewerbende, diesmal konnten die Wählerinnen und Wähler bei vier Kandidatinnen und Kandidaten ihr Kreuzchen machen. Doch je mehr die Uhr gen Mitternacht tickte, desto komfortabler der Vorsprung für den Amtsinhaber. Nach 101 Wahlbezirken waren es 55,0 Prozent.
Wahlbeteiligung: 66,6 Prozent
Rasch kristallisierte sich Susanne Bock von Wülfingen (FW) als aussichtsreichste Konkurrentin mit über 17 Prozent heraus. Lag Dr. Arnt-Uwe Schille (SPD) anfangs mit 13,4 Prozent an letzter Position, zog er rasch an Renate Gräbner vorbei.
Christian Meißners Wahlparty fand, gemeinsam mit dem ebenfalls wiedergewählten Landtagskandidaten Jürgen Baumgärtner, und etlichen Parteifreunden in der Lichtenfelser Braumanufaktur Lippert statt.
Christian Meißner, der sich 2017 mit 66,1 Prozent gegen zwei Mitbewerber durchgesetzt hatte, erreichte die meisten Stimmen in Modschiedel (71,9 Prozent) und Kleukheim 68,1 Prozent). Auch in Bad Staffelstein punktete er überdurchschnittlich mit 63,9 Prozent, davon vor allem in Frauendorf (67,3 Prozent) und Uetzing (59,2 Prozent).
Meißner bangt trotz Vorsprung
„Ich freue mich von Herzen, dass ich trotz drei Gegenkandidaten mit über 50 Prozent der Stimmen auf Anhieb wiedergewählt worden bin“, sagte Christian Meißner nach der langen Wahlnacht. Er habe zwar ein gutes Gefühl gehabt, aber dennoch bis zuletzt mit einer Stichwahl gerechnet.
Doch in die Freude mischten sich auch bittere Gefühle. Der Erfolg der AfD auf Landes- und Bezirksebene habe ihn als CSU-Kreisvorsitzenden schockiert: Das sind Ergebnisse, da stehen mir die Haare zu Berge.“ Auch dass eine so gut wie unbekannte Kandidatin, die sich einem Interview mit der Presse im Vorfeld der Wahl verweigert hatte und kaum öffentlich in Erscheinung getreten ist, einen vergleichsweise hohen Stimmenanteil von 12,7 Prozent (2017 erreichte Heike Kunzelmann lediglich 8,64 Prozent) erzielte, gebe zu denken. „Wir Demokraten müssen Stellung beziehen und die Leute darauf ansprechen, warum sie eine Kandidatin wählen, die sie nicht kennen“, betonte er.
Auch im Wahlkampf sei weder sie noch die AfD mit Kritik oder eigenen Themen in Erscheinung getreten. „Natürlich freut sich niemand darüber, wenn jemand sagt, das machst du falsch, aber damit kann ich mich wenigstens auseinandersetzen“, meinte der Landrat. Stattdessen sei das Thema „Flüchtlinge“ groß in den Vordergrund gestellt worden, das er als Landrat nicht beeinflussen könne, da die Asylbewerber dem Landkreis zugewiesen werden. Daher müsse deutlicher vermittelt werden, für welche Sachthemen der Landkreis oder Bezirkstag zuständig sei und was ihnen von der Bundespolitik auferlegt werde.
Erst in den letzten Wochen seien auch Themen wie der Öffentliche Nahverkehr angesprochen worden oder Regiomed. Wobei der Landrat betont, die von der Gesellschafterversammlung beschlossene Ausgliederung des Klinikums aus dem Verbund habe nichts mit dem Wahlkampf zu tun gehabt: „Das ist eine Riesen-Chance, die wir nutzen müssen.“ Umso erfreulicher die Stimmung beim letzten Infostand am Samstag, als viele Leute auf ihn zugekommen seien: „Die Stimmung war gut, das hat mir Rückenwind gegeben.“
Freifrau in Burgkunstadt stark
In ihrer Heimat Burgkunstadt besonders stark war Susanne Freifrau Bock von Wülfingen. Im Wahllokal katholisches Jugendheim vereinte die 50-Jährige stolze 46,0 Prozent der Stimmen auf sich und in der alten Schmiede Neuses am Main 43,1 Prozent. Bemerkenswerte 30,5 Prozent waren es für Burgkunstadts Zweite Bürgermeisterin im Feuerwehrhaus Isling. In Unterlangenstadt dagegen stimmten für die Groß- und Außenhandelskauffrau nur 8,2 Prozent, in Mannsgereuth 7,9, in Bad Staffelstein beim Kur- und Tourismus-Service 7,3 und in Trainau 5,6.
„Bei vier Kandidaten hatte ich mit Stichwahl gerechnet“, sagt Susanne Bock von Wülfingen im Gespräch. „Womit ich nicht gerechnet hatte, war das Abschneiden der AfD, das uns alle sehr nachdenklich macht. Da kam gestern keine richtige Freude auf, weder bei der Landtagswahl noch beim Bezirkstag noch bei der Landratswahl.“
AfD-Abschneiden erschreckt
Ihr Ergebnis von 17 Prozent bewertet sie trotz allem als großen Achtungserfolg. „Ich fühle als Gewinnerin und darf für Burgkunstadt weiterarbeiten, was mich sehr freut.“ Vor allem auf kommunaler Ebene, aber auch darüber hinaus müsse beim politischen Diskurs „das Parteibuch endlich weg. Der Bürger braucht anderes Gehör, wir müssen aufhören mit Schubladen- und Eckendenken, sondern müssen den Bürger in den Mittelpunkt stellen und gemeinsam Lösungen anbieten.“ Es gelte, die richtige Stellschraube zu finden, um den Wähler abzuholen und mitzunehmen. Erschreckend sei, wie viele Bürger sich mit einfachen Aussagen zufrieden gegeben hätten, ohne hinter die (hellblauen) Fassaden zu blicken. „Ich bin überzeugt davon, dass wir Freie Wähler Lösungen haben, doch wir haben es nicht geschafft, die Bürger davon zu überzeugen.“ Nicht zufrieden ist sie mit dem Auftreten ihres Partei-Chefs Hubert Aiwanger, der von ihr auch kurz vor der Wahl ein Schreiben erhalten hat. „Ich habe ihn aufgefordert, damit aufzuhören“, sagt sie mit Blick auf Flugblattaffäre und polemischen Festzeltreden.
Dass sie in Isling so gut abschnitt, war für sie ein großer Grund zu Freude: „Als Landrat muss man auch mal raus und für die Bürger da sein, das geht nicht vom Schreibtisch aus. Ich freue mich, dass dieses Engagement in Isling entsprechend honoriert wurde.“
Ob der Wirbel um Regiomed die Wahl beeinfluss hat? „Es kann durchaus sein, dass das entscheidend war. Selbst am Wahlabend war das Krankenhaus mehr Thema als die Ergebnisse selbst“, sagt sie. Und ärgert sich: „Im Kreisausschuss wurde zwei Wochen vorher noch gesagt, dass etwas kommen werde und dass der Landrat zeitnah berichten wolle, und dann hat die Presse im Nachbarkreis die Informationen schon eher als wir Kreisräte. Das ist kein faires Miteinander!“ Nun habe man „die Pistole am Kopf, aber letztlich keine Zahlen und Fakten.“ Dass Wählerinnen und Wähler mit einfachen, dumpfen Thesen ohne Substanz und Lösungsansätzen „gefangen“ werden können, frustriert sie. „Bei den demokratischen Parteien hinterfragt man alles, dort glaubt man einfach alles. Was haben wir in den vergangenen Jahren denn so falsch gemacht, dass sich der Bürger so vereinnahmen lässt?“, fragt sie. „Positiv allerdings war im Wahlkampf das Miteinander mit dem Bürger und auch das freundschaftliche Miteinander mit Arnt-Uwe Schille.“ Mit ihm habe sie sich gemeinsam auf den Weg gemacht.
Stichwahl erhofft
In 2017 hatte Dr. Arnt-Uwe Schille schon einmal für die SPD als Landrat kandidiert. 10.158 Personen votierten vor sechs Jahren für ihn (25,24 Prozent), diesmal entfielen 15,8 Prozent der Stimmen für den Tierarzt aus Lichtenfels. 35,4 Prozent waren es im Wahllokal der ehemaligen Synagoge Lichtenfels, 31 in der staatlichen Berufsschule, 29,1 in der Schule Schney – und in Maineck dagegen nur 6,4 Prozent, in Kleukheim 6,1 und in Meißners Hochburg Modschiedel gar nur 2,0 Prozent. „Es ist enttäuschend, dass es, trotz diesmal vier und damit mehr Kandidaten, nicht zur Stichwahl gekommen ist“, sagt Arnt-Uwe Schille dieser Redaktion. „Ebenso ist enttäuschend, dass eine letztlich unbekannte Person der AfD aus dem Stand heraus Stimmen bekommt, weil sie vom bayernweiten Hoch der Partei profitiert.“ Daran sehe man, dass für so manchen Wähler es nicht die Inhalte seien, die zählten. „Wir haben stets versucht, durch positive Ansätze und mit Vorschlägen zu punkten, was sich aber leider wenig ausgezahlt hat. Populistische Aussagen scheinen dem ein oder anderen lieber.“ Mit Blick auf die gesamten Wahlergebnisse im Freistaat sagt er: „Der Wahlausgang ist in ganz Bayern für alle Parteien enttäuschend, die konstruktiv an Lösungen arbeiten wollten und sich nicht einfach nur jammerten, dass alles schlecht sei, aber sie nichts machen könnten, weil sie in der Opposition sind.“ Ganz klar sei die Ampel-Regierung abgestraft worden, „weil es von Bayern aus so schön einfach ist zu sagen, dass die an allem Schuld sei.“
Die Sache mit Regiomed
Ob die jüngsten Entwicklungen um den Regiomed-Klinikverbund auch Einfluss auf den Wahlausgang hatten, vermag Schille nicht einzuschätzen. „Zumindest hat der Landrat, der ja auch Vorsitzender der Gesellschaftsversammlung ist, kurzerhand eine vermeintliche Lösung aus dem Hut gezaubert, die noch gar nicht mit Fakten und Zahlen hinterlegt ist, aber offensichtlich als Lösung gesehen wird.“ Die Kreistage hätten ja noch gar nicht zugestimmt. „Wir wissen doch noch gar nicht, wie es hinführt. Trotzdem ist es komisch, dass es plötzlich aufs Tablet kam.“

Dem Wahlkampf der vergangenen Wochen kann Schille trotz allem Positives abgewinnen. „Der Kontakt zu den Menschen und die Gespräche mit den Menschen sind immer positiv“, bekräftigt er. „Außerdem fand ich die es toll, sich den Kopf zu zerbrechen und Ideen zu erarbeiten, um den Landkreis voranzubringen.“ Sein Motto sei genau deswegen „Zusammen anpacken“ gewesen. In sechs Jahren aber will er nicht noch einmal antreten. „Nein, dann bin ich über 60 und zu alt“, meint er. Ziel müsse es sein, junge Leute zu aktivieren, auch wenn das nicht leicht sei.
Auf Anhieb 12,7 Prozent für AfD
Auch am Wahlabend gelang es dem Obermain-Tagblatt nicht, mit der AfD-Kandidatin Renate Gräbner zu sprechen. Als der Redakteur, die ihm vom AfD-Kreisverband übermittelte Handy-Nummer kurz nach Mitternacht wählte, war Kreisvorsitzender Theo Taubmann am Apparat. Die Landratskandidatin habe die Wahlparty im Schwürbitzer Gasthaus „Zum Hirschen“ bereits verlassen.
Die AfD habe ihr Wahlziel, den Landrat in eine Stichwahl zu zwingen, nicht erreicht, doch sei die Kandidatin mit dem Ergebnis von 12,7 Prozent zufrieden. Da sie das erste Mal kandidiert habe, sei dies ein beachtlicher Erfolg. Zumal die Landratswahl eine Persönlichkeitswahl sei. „Meinen Glückwunsch an Christian Meißner, jetzt muss er das Problem mit Regiomed selbst lösen“, sagte Taubmann. Ansonsten habe die AfD auf das Thema Migration gesetzt, das die Menschen am meisten bewege.
Renate Gräbner holte ihr bestes Ergebnis im Lichtenfelser Wahllokal im Bauhof (25,6 Prozent), während sie im gesamten Stadtgebiet immerhin auf 15,1 Prozent kam. Auch in Michelau wurde sie mit 16,2 Prozent stark gewählt, vor allem im Wahllokal Johann-Puppert-Schule (25,1 Prozent). Ebenso viele Stimmen holt sie in Woffendorf.

Erfreulich für die AfD seien auch die Zuwächse auf Landes- und Bezirksebene. Spürbar sei dieser Stimmungsumschwung im Vergleich zur Bundestagswahl vor zwei Jahren auch bei den Infoständen gewesen: „Damals haben die Leute noch einen Bogen um uns gemacht, jetzt kommen sie von selbst und sprechen uns an.“ Angesichts der zahlreichen Krisen und der wirtschaftlichen Probleme Deutschlands rechne er mit einem anhaltendenden Zulauf. Ob Renate Gräbner bei weiteren Wahlen kandidieren werde, müsse man erst noch sehen.