Viele Orte slawischen Ursprungs gibt es am Obermain. Von der „slawischen Kammer“ zwischen Schwürbitz und Zettlitz und von den slawischen Siedlungen auf Terrassen südlich des Maintals hat das Obermain-Tagblatt berichtet. Ortsnamen, Flurnamen und Bergnamen wie Külmitz, Kreibitzen und Kordigast weisen auf slawische Herkunft. Die Slawen waren Bauern, Handwerker, Fischer und Händler.
In den Schriftquellen heißen die slawischen Siedler im achten Jahrhundert Main- und Regnitzwenden. Sie leisteten einen wichtigen Beitrag im Rahmen des karolingischen Landesausbaus. Es waren viele slawische Wenden und Sorben, die bei den Franken arbeiteten. Man schätzt ihren Anteil auf 20 bis 25 Prozent der Bevölkerung.
Wie lebten die Slawen am Obermain und welche Spuren hinterließen sie?
Leider gibt es über die Lebensweise der Slawen am Obermain keine konkreten Hinweise; wir müssen Berichte anderer Regionen heranziehen. Slawen lebten in Dorfgemeinden und waren vor allem Ackerbauern und Viehzüchter, aber auch Jäger und Fischer. Handel und Handwerk waren weit entwickelt. Sie waren Meister in der Holzverarbeitung und geübte Bootsbauer. Obwohl sie nur Äxte und Beile hatten, gestalteten sie ihre Häuser in Blockbauweise. Der große Holzverbrauch führte zu einer starken Lichtung der Wälder. Sie bauten ebenso kleine Schiffe für die langen Fahrten auf ihren Handelswegen; Flüsse waren für den Handel wichtig und nützlich. So verlängerten sie die ersten Handelsstraßen in Teilen des heutigen Nordbayerns.

Handelsprodukte waren unter anderem Pelze. Slawischer Honig war ebenso ein wichtiges und begehrtes Handelsgut. Die Siedlungsgebiete der Slawen lagen an Seen, Flüssen und Talrändern. Unser Obermaingebiet mit den Zuflüssen von Steinach und Rodach bot für eine Besiedelung gute Voraussetzungen.
Keramikfunde aus Burgkunstadt und Bestattungsfunde aus Weismain
Aus dem siebeten Jahrhundert gibt es Keramikfunde: westslawische Tonwaren aus Burgkunstadt. Sie wurden bei Grabungen auf der ehemaligen Burganlage gefunden. Johann Baptist Müller vermutete ein slawisches Dorf namens Tüschnitz vor dem Bau der ersten Burg nach 800. Slawische Tonwaren waren einfach und unterscheiden sich von der zeitgleichen „germanisch-deutschen“ Ware. Es handelt sich um eine aufgewülstete, grob gemagerte, erdfarbene Keramik. Bei Bestattungsfunden aus dem Jahr 1972 wurden in Weismain silberne slawische Gehängeringe und goldene Bommelanhänger ausgegraben. Weitere Silberringe wurden bei Ausgrabungen in der katholische Kirche in Altenkunstadt gefunden. Deren Kopien sind dort im Rathaus zu sehen.
Die letzten sogenannten Heiden in Franken mit vielen Göttern
Slawen besaßen keine eigene Schriftsprache; sie stützten sich auf ihr Erfahrungswissen. Wir kennen slawische Gebete und Mythen und wissen einiges über ihre Götter. Dieses Wissen stammt von christlichen Chronisten. Die Slawen vertrauten ihren nicht wenigen Göttern. Der oberste Gott war der Donnergott Perun. An Naturgeister und Dämonen glaubten sie auch; diese nahmen in der vor- und außerchristlichen slawischen Religion einen breiten Raum ein. Die Götterkulte verschwanden mit der Christianisierung, der Glaube an die niederen Wesen, welche die Naturkräfte verkörpern, hielt sich bis in die Neuzeit. Viele der ursprünglichen Naturgeister wurden dabei im Volksglauben zu Gespenstern. Obwohl die Slawen kein Reitervolk waren, hatten Pferde eine bedeutende Stellung. Das Pferdeorakel war ein wichtiger Bestandteil bei der Religionsausübung.
14 Missionskirchen für die Slawen
Dass die missionierten Slawen keine Kirchen haben, erkannte Karl der Große. Ab 793 gab er 14 Missionskirchen an Main und Regnitz in Auftrag – eine davon in Altenbanz. Dort wurde eine Kirche über slawischen Gräbern errichtet. Ob zu diesen Slawenkirchen auch Staffelstein und Altenkunstadt gehören, ist nicht gesichert. Ihre genaue Lokalisierung ist, da keine Ortsnamen überliefert sind, schwierig.

Kaiser Heinrich III. erteilte den Auftrag, heidnische Slawen im Bistum Bamberg zum christlichen Glauben zu bekehren. Zusätzlich wurde auf einer Synode beschlossen, diejenigen Slawen, die sich nicht ein- oder unterordneten, des Landes zu verweisen. Das Gebiet um Banz und Schney sowie die Region um Kulmbach und Bayreuth war von dieser Anordnung betroffen. Fast ein Drittel aller Orte waren hier von slawischen Siedlern bewohnt.
Einige Juradörfer haben slawisch-deutsche Mischnamen
Auf der Bamberger Synode von 1087 werden Slawen nicht mehr erwähnt. Die Experten vermuten, dass die Sprache der Slawen in Nordbayern erst im 10./11. Jahrhundert erloschen ist. Sie gehen davon aus, dass sich die slawische Bevölkerung im Verlauf des Mittelalters nach und nach mit den fränkischen Siedlern vermischt hat. So gibt es Siedlungen, die slawisch-deutsche Mischnamen aufweisen: Görau, Modschiedel, Niesten, Köttel und Lahm bei Lichtenfels. Hinzu kommen in höheren Tallagen Siedamsdorf und Tauschendorf und in den Tälern Strössendorf, Obersdorf und Schönsreuth.
Leider wissen wir von den Slawen wesentlich weniger als von den Franken. Übrig geblieben sind die Orts- und Flurnamen. Die Slawen haben wesentlich zum Entstehen des mittelalterlichen Frankens beigetragen. In Deutschland haben von den 82 Millionen Einwohnern etwa sechs bis acht Millionen einen polnischen oder tschechischen Familiennamen; das sind slawische Personennamen. Im 21. Jahrhundert gibt es zwischen Bautzen und Cottbus das Volk der Sorben; sie sind eine slawische Minderheit.