Es ist kurz vor 0 Uhr, und danach ist Montag. Der Montag, ab dem die FFP2-Maskenpflicht gilt. Noch hat der Mitarbeiter von der OMV-Tankstelle (Name der Redaktion bekannt) eine ganz übliche Maske gegen das Corona-Virus auf, doch in wenigen Minuten wäre er angehalten, sie gegen eine FFP2-Maske zu tauschen. Wenn er dann nicht schon Feierabend hätte.

An dieser rund um die Uhr geöffneten Tankstelle tritt die Verordnung sofort und ab der ersten Sekunde nach 0 Uhr in Kraft. Theoretisch. Praktisch ist auch hier durch die Ausgangsbeschränkung bis 21 Uhr wenig los. Doch der Mitarbeiter hat dennoch etwas zu erzählen.
„Ich merke es, ich kriege Kopfschmerzen.“
ein Tankstellen-Mitarbeiter
„Ich merke es, ich kriege Kopfschmerzen“, sagt er zu den nun verbindlicher gewordenen Masken. Sie liegen enger an, sie lassen weniger Seitenluft rein oder raus. Zumindest beschreibt er so das Tragegefühl. Als sich seine Kollegin nähert, tut sie es höchst vorbildlich. Der Preis, den sie dafür zahlt, ist, dass ihre Brille bei diesem Maskenmodell mehr denn je beschlägt. Das sagt sie jedenfalls. Und das mit dem Kopfweh könne sie bestätigen. Ihr sei, so die junge Frau, aber auch eine Person bekannt, die aus gesundheitlichen Gründen eine solche Maske besser nicht trägt: wegen Kurzatmigkeit, hervorgerufen durch eine schwere Erkrankung.
Es ist leer hier, auch weil sich das Geschäft auf die hellen Zeiten des Tages verlagert hat. Draußen fährt kein Auto, kein Trucker sucht aufzutanken oder Kaffee. Dann schlägt die Uhr um, und es ist Montag. Er wechselt die Maskenart nicht mehr. Er hat Feierabend und geht.
Die meisten halten sich an die neue Vorgabe

Es ist 9.45 Uhr in der Mainau. Viel Einkaufszentrum ist nicht übrig nach all den Corona-Maßgaben und -Beschränkungen. Supermärkte, Optiker und Apotheken aber doch. Hier darf noch eingekauft werden, und also stehen hier auch geparkte Autos, und zwischen ihnen gehen Menschen. Sie holen sich die Einkaufswagen und steuern auf den Supermarkt zu. Zwei, drei, vier, fünf Personen hier, vier, fünf, sechs Personen dort.
Statistisch gesehen herrscht in diesem Moment ein 10:1 für die neuen Masken. Der Mann, der noch ein altes und weniger empfohlenes Modell trägt, hat aber nichts zu befürchten. Bis zum 24. Januar ist „Kulanzwoche“, denn Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat für die ersten Tage einen Verzicht auf Strafen angekündigt. Doch auch wenn die Menschen nichts zu befürchten haben, lassen sie sich nicht in ein Gespräch ziehen. Sie wollen nicht reden, sie winken ab.
Eine gewisse „Idiotie“ bei manchen Regularien
Christian Werner ist anders. Er ist Edeka-Geschäftsführer und spricht auch über das, was ihn am heutigen Tag mit seinen Regularien verwundert. Die Maske, die er trägt, nennt sich N 95, und auch wenn das eher nach einem Schützenpanzer klingt, handelt es sich dabei doch um ein gültiges chinesisches Modell. Werner sieht eine gewisse „Idiotie“ bei manchen der Regularien. Denn der „Kunde muss eine Maske tragen“, der Mitarbeiter kann davon ausgenommen werden – und das „kann man dem Kunden gar nicht erklären“.

Er gibt ein Beispiel an, das für Unfrieden sorgen kann. Ein Mitarbeiter trägt keine Maske, und das erweckt Anstoß bei einem Kunden. Der startet eine Beschwerde und verlangt Aufklärung, aber weil ein gesundheitlicher Grund dahinter steckt, berührt das schon wieder den Datenschutz, und somit bleiben Werners Lippen gegenüber dem Kunden verschlossen.
Maskenpause heißt nicht gleich Arbeitspause
Der Geschäftsführer steht in der Mitte seines Ladens, dort, wo zwischen den Regalen eine Lichtung samt Vorführkochinsel besteht. Ja, auf dem gesamten Parkplatzgelände gelte Maskenpflicht, versichert er ernst. Aber er schmunzelt auch. Über einen Umstand, den er ausführlich erklärt. Es gibt nämlich Branchen, da stehen einem Maskenträger auch Pausenzeiten zu. Eben weil das Maskentragen durchaus beanspruchend sein könne.
Diese Zeiten aber seien seiner Kenntnis nach aus Arbeitsschutzregelungen des Baugewerbes übernommen worden. Nur die Pausen, die dort gelten, seien im Laden nicht immer so einzuhalten. Sie seien auch keine arbeitsfreien Pausen. Stattdessen erhalten die Beschäftigten die Möglichkeit eingeräumt, im rückwärtigen Teil des Hauses zu arbeiten, also im Lager, ohne Kundenkontakt, mit genügend Abstand zu Kollegen und dann auch mal ohne Maske. Man habe diese Regelung intern getroffen.
„Nicht immer muss man die Leute als Corona-Leugner hinstellen, die Leute kommen oft einfach nicht mehr mit – alles ist so undurchsichtig.“
Christian Werner, Edeka-Geschäftsführer
Und noch etwas lässt Werner nicht unerwähnt: Auf den Parkplätzen in der Mainau sei das Tragen von Masken Pflicht, in der Innenstadt nicht. Zwar weiß auch Werner, dass es in der Mainau auch darum ein höheres Aufkommen an Menschen gibt, weil ein solcher Supermarkt in der Innenstadt selbst kaum vorhanden ist und der Einzelhandel bis auf wenige Ausnahmen geschlossen hat. Aber er will eh auf etwas Anderes hinaus. Seiner Meinung nach ist der Bürger mit all den uneinheitlichen Bestimmungen langsam überfordert. „Nicht immer muss man die Leute als Corona-Leugner hinstellen, die Leute kommen oft einfach nicht mehr mit – alles ist so undurchsichtig.“
Wie er das sagt, macht er sich auf den Weg, auf den Vorplatz hinauszutreten. Wieder bietet sich das gleiche Bild wie zuvor: vier, fünf, sechs Leute auf der linken Seite des Parkplatzes, vier, fünf, sechs Leute auf seiner rechten Seite. Die Statistik fällt jetzt eindeutig aus, denn in diesem Moment haben alle diese neuartig wirkenden Masken auf. Bis auf eine junge Mutter. Sie schiebt ihren Einkaufswagen samt Kind vorüber und setzt sich die Maske erst jetzt auf. Dann spricht sie zu ihrem Kind: „Oh, die Mama sieht nix mehr.“