Wann haben Sie zum letzten Mal geflucht? Geflucht wurde schon immer, zu allen Zeiten und in jeder Kultur. Früher wurde verwünscht, heute wird beschimpft: Das verbale „Dampf ablassen“ hat sich gewandelt.
Auf Wörter und Begriffe aus Tabu-Bereichen greifen Menschen beim Fluchen seit eh und je zurück. Sex und Religion sind die ergiebigsten Quellen. Natürlich sind Flüche auch in unseren Volkssagen anzutreffen, wie etwa in der folgenden Erzählung von einem verwünschten Bauern bei Schwabthal. Sie wurde 1958 von Hermann Mauer unter dem Titel „Die erzieherische Absicht der Heimatsage“ veröffentlicht.
Wer hört das Peitschenschlagen vom verwünschten Bauern?
Vor langer, langer Zeit soll sich im Schlöckensteinwald auf dem Jura Folgendes zugetragen haben: Ein Bauer aus Schwabthal hatte sich neben seiner Arbeit auf seinem eigenen Hofe eine zusätzliche Einnahmequelle durch das Abfahren von Langholz beschafft, eine beschwerliche Arbeit. Der Bauer hatte keine Pferde, die er vor sein Fuhrwerk spannen konnte. Mit einem Ochsengespann musste er die schweren Stämme abtransportieren.
Manchmal hatte er fleißige Helfer dabei. Als der Bauer an einem denkwürdigen Tag mit großer Mühe ganz allein seinen Wagen vollgeladen hatte, brach die Nacht herein. Die Heimfahrt ging nur sehr langsam vonstatten. Immer wieder hemmten Wurzeln, Steine und Schlaglöcher den Weg. Schließlich blieb das Gefährt in einer Vertiefung hängen. Kein Reißen an der Leine, kein Schlagen mit dem Peitschenstiel, kein hastiges Schieben mit der Hand und mit der Schulter konnte helfen.
Der Grimm des Mannes entlud sich in wilden Flüchen. Er schrie wie unsinnig: „Und wenn mich und meine Fuhr der Teufel holt, raus müssen wir!“ Sogleich kam der Wagen ins Rollen, aber sein Fluch bewahrheitete sich: Ins Dorf fand der Bauer nicht mehr zurück. Heutzutage noch soll man das Peitschenschlagen und das Fluchen um die Zeit des abendlichen Gebetsläutens vom Schlöckenstein her hören. Niemand vermochte den Fuhrmann, der sich selbst verwünscht hatte, zu erlösen.
Das geschah vermutlich auf dem Schlockenstein auf 544 Meter Höhe, nördlich des Kemnitzensteins mit dem bekannten Hohlen Stein. Der von Bad Staffelstein aus ausgewiesene Keltenweg führt dorthin.
Ochsengespanne sind in unserer Gegend verschwunden
Ochsengespanne findet man heutzutage äußerst selten. Vor ein paar Jahren gab es in Oberösterreich noch einen Ochsenbauern, der im Winter mit seinen beiden Ochsen das Holz aus dem Wald holte. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden die Ochsen von den Pferden verdrängt.
Der Autor dieser Zeilen kann sich daran erinnern, wie er als Kind, vor allem im Winter, mit seinem Vater und den beiden Pferden im nahen Wald gearbeitet hat. Baumstämme wurden aus unwegsamem Gelände mit einem Pferd herausgezogen. Dass bei der harten Arbeit nicht das Schimpfen mit den Pferden ausblieb, ist nachvollziehbar. Ab und zu kamen auch Flüche über die Lippen. Doch es blieb bei diesem verbalen „Dampf ablassen“, die Tiere wurden nie schlecht behandelt.
Einsatz von Rückepferden wird aktuell gefördert
Im 21. Jahrhundert werden im Wald immer noch Pferde eingesetzt, die Rü-ckepferde. Sie ziehen die gefällten und entasteten Baumstämme zum nächsten Waldweg. Für das Holzrücken werden überwiegend Kaltblüter verwendet. Nach weitgehender Verdrängung seit den 1960-er Jahren durch den Einsatz landwirtschaftlicher Traktoren und spezieller Forstschlepper werden Rückepferde derzeit im Zuge einer naturnahen Forstwirtschaft zunehmend populärer.

Im aktuellen Koalitionsvertrag ist die Förderung des Einsatzes von Rückepferden sogar festgeschrieben. Pferde benötigen in unwegsamem Gelände, zum Beispiel im Gebirge, keine Rückegasse, sondern sie können die Stämme durch das stehende Holz ziehen. Ein weiterer erheblicher Vorteil ist, dass Pferde im Gegensatz zu schweren Forstmaschinen praktisch keine Bodenschäden verursachen.
Fluchen wird seit Jahrhunderten bis heute praktiziert
Kommen wir zum Fluchen in unsere heimischen Sagen zurück. Warum gibt es Geschichten von verwünschten Personen? Viele kennen die Sage vom Steinernen Brautzug am nahe gelegenen Dornig. Die gleiche Geschichte gibt es am Kordigast. Auch in unseren deutschen Volksmärchen finden wir Verwünschte. Der Begriff Fluchen bezeichnet offiziell das Aussprechen oder Auferlegen eines schlechten Zaubers.
Heute verbinden wir das Fluchen mit heftigem oder derbem Schimpfen. Was steckt hinter dem Fluchen, welches die Menschen seit Jahrhunderten bis heute praktizieren? Der Ethnologe Thomas Hausschild erforscht seit Jahren die Fluchpraktiken verschiedener Kulturen. Seine Erkenntnis: Der Glaube an Magie existiert heute genauso wie vor tausend Jahren, und mit ihm die Möglichkeit, verflucht zu werden oder selbst zu verfluchen – vollkommen unabhängig von Aufklärung, Bildungsgrad oder Status. Das magische Denken hat, so Hausschild, einzig und allein etwas mit dem sozialen Umfeld zu tun, in dem man lebt: ob in Großstädten, in kleinen Dörfern oder in grauer Anonymität.