„Wer motzt, der muss auch machen“, sagt Jochen Bergmann. Mit seiner Kandidatur für den Bundestag will der 35-jährige Polizeibeamte aus Neudrossenfeld der Gesellschaft etwas zurückgeben. Dafür, dass es ihm gut gehe. Bergmann ist Direktkandidat der Freien Wähler (FW) für den Wahlkreis Kulmbach, Lichtenfels, Bamberg.
Zum Gespräch hat er ins Cafè Roberts in Kulmbach eingeladen, denn seine Familie will er aus der Öffentlichkeit heraushalten. Glücklich verheiratet sei er, zwei Kinder habe er. Mehr verrät er nicht.

Mit der weißen Designerbrille und dem Vollbart könnte Jochen Bergmann als Hipster in Berlin durchgehen. Am Arm trägt er ein Bändchen mit einem Anker – Ausdruck seiner Liebe zum Wasser, zum Schwimmen und seines Anliegens, die Gewässer zu schützen. „Ein Anker erdet“, betont er. Und schwärmt von Oberfranken: „Meine Heimat ist total geil – wo andere Urlaub machen, darf ich wohnen.“ Er liebe den Ausblick vom Görauer Anger ebenso wie den Rokoko-Zauber von Vierzehnheiligen oder eine Wanderung mit seinem Havaneser-Hund Mäx durchs Kleinziegenfelder Tal. Natürlich mit Einkehr: „Schnitzel geht immer.“
Einsatz als Rettungsschwimmer
In Bayreuth geboren, ist er in Kulmbach aufgewachsen und nach dem Abschluss der Karl-von-Linde-Realschule fing er mit 17 Jahren bei der Polizei an. „Weil ich gerne mit Menschen arbeite und anderen helfen möchte.“ Er ist Streife gefahren, war bei der Bereitschaftspolizei in Eichstätt, bis er vor sieben Jahren zur Kripo Bayreuth wechselte, um zurück in die Heimat zu kommen. In der Drogenprävention an Schulen erfahre er auch viel über die Sorgen und Wünsche junger Menschen. Die sollten in der Politik mehr Gehör finden.
Daneben engagiert sich Bergmann bei der DLRG als Rettungsschwimmer und Ausbilder. In der Freizeit schwimmt er gerne und arbeitet mit Holz. Für das Familienhaus hat er eine Pergola gezimmert, Sitzgarnituren und Tischplatten und bekocht gerne die Familie.
Weil er sich in Neudrossenfeld einbringen wollte, kandidierte er für den Gemeinderat und wurde gewählt. Auch als Jugendbeauftragter engagiert er sich. Bei der Bundestagswahl 2021 war er mit acht Prozent der Stimmen der beste FW-Kandidat Oberfrankens. Anfangs CSU-Mitglied, wechselte er zu den FW, weil es bei ihnen keinen Fraktionszwang gebe und „ich meine Meinung sagen darf und gehört werde.“
Auf die Frage, zu welchem Thema er im Bundestag eine Rede halten möchte, sagt er: „Über Anstand und Moral.“ Der Umgang der Politiker miteinander ähnele oft dem im Kindergarten, dabei sollte die Maxime lauten: „Freiheit hört da auf, wo sie andere einengt.“ Ehrlichkeit sei wichtig, das helfe auch gegen Politikverdrossenheit. „Wohltaten wie in der Vergangenheit können wir uns in einer Welt, die täglich teurer wird, nicht leisten – das muss ich den Bürgern auch sagen“, betont er.
Für jedes neue Gesetz müssten zwei alte gestrichen werden.“
Jochen Bergmann

„Wir müssen vernünftige Rahmenbedingungen schaffen, innerhalb derer der Staat funktioniert und die Menschen sich bewegen können“, fordert Bergmann. Dazu gehöre Bürokratieabbau: „Für jedes neue Gesetz müssten zwei alte gestrichen werden.“ Etwa bei den Verkehrsregeln: Würde eine Null-Promille-Grenze eingeführt, könnten viele Ausnahmeregeln wegfallen. In Zeiten digitaler Kassen sei die Bon-Pflicht beim Bäcker oder in der Gastronomie überflüssig. „Der Gesetzgeber muss wieder mehr für die breite Masse der Menschen arbeiten, für die Arbeitnehmer, die sich morgens zum Job quälen, für Mittelständler und Einzelhändler“, fordert der 35-Jährige.
Die Stärkung des Wirtschaftsstandorts sei das beste Mittel, um die Abwanderung aus Oberfranken zu stoppen. Investitionen in die Infrastruktur und die Förderung von Startups, etwa durch günstige Räume, und der Ausbau von Stärken wie im Lebensmittelbereich könnten Arbeitsplätze schaffen. Anreize wollen die Freien Wähler durch einen Bonus für Firmen, die überdurchschnittliche Löhne und Weiterbildung bieten, schaffen. Oder durch einen Steuerfreibetrag von 2000 Euro für Arbeitnehmer, um Bürgergeldempfänger zu bewegen, einen Job anzunehmen, oder um Rentner zu entlasten.
Schwerpunkte möchte der Kandidat bei der Inneren Sicherheit, Verteidigung, Gesundheitspolitik und Forschung setzen. „Das geht nur über massive Einschnitte oder neue Schulden“, räumt er ein. Es gelte, Prioritäten zu setzen. Auch über eine Reform der Schuldenbremse könne nachgedacht werden, die als Gebot zur Sparsamkeit sinnvoll, aber durch Ausnahmen aufgeweicht worden sei.
Wasserstofftechnik als Chance
In der Klimapolitik wünscht sich Bergmann mehr Technikoffenheit. Entscheidend sei, dass eine bezahlbare Energieversorgung sichergestellt werde, die mit den Klimazielen übereinstimme. „Ich bin ein Fan der Wasserstofftechnik, auch wenn das noch Zukunftsmusik ist“, bekennt er. Bis dahin könne die Elektromobilität sinnvoll sein. Er fährt einen VW Golf mit Benzinmotor, ein Elektroauto käme in Frage, wenn er den Strom mit einer Photovoltaik-Anlage selbst produzieren könnte.

Für die weitere Unterstützung der Ukraine bei der Verteidigung ihrer Heimat gegen die Angriffe Russlands will Bergmann sich im Falle seiner Wahl stark machen.
Eine Zusammenarbeit mit der AfD kann sich der 35-Jährige nicht vorstellen, denn auch wenn deren Politiker Themen ansprechen, die die Menschen bewegten, sei das nur Schwarz-weiß-Malerei. Auf die Frage, ob FW-Vorsitzender Hubert Aiwanger mit populistischen Aussagen (etwa zum Heizungsgesetz: „Jetzt ist der Punkt erreicht, wo endlich die schweigende große Mehrheit dieses Landes sich die Demokratie wieder zurückholen muss.") der AfD nicht in die Karten spiele, betont Bergmann, dass er so etwas nicht sagen würde. „Wir müssen mit Sachlichkeit und Transparenz punkten, nicht mit populistischen Parolen“, fordert er. Sollte er gewählt werden, wäre die Union, auch mit der FDP, sein bevorzugter Koalitionspartner. Und falls nicht, bleibe die Kommunalpolitik und ein erfüllender Job.
Jochen Bergmann Geboren: Juni 1989 in Bayreuth Beruf: Polizeibeamter Familienstand: verheiratet, zwei Kinder Partei: Freie Wähler seit 2013 Ämter: Gemeinderat und Jugendbeauftrager in Neudrossenfeld, FW-Ortsvorsitzender Neudrossenfeld, 2. Vorsitzender FW-Kreisverband Hobbys: Schwimmen, Arbeiten mit Holz, in Haus und Garten, Wandern, Kochen Lieblingsessen: Schnitzel, Sauerbraten oder Bratwurst