Wie macht man den Beruf einer Krankenschwester beziehungsweise eines Krankenpflegers attraktiver? Und wie stärkt man die Qualifikation der Pflegenden, besonders im Intensivbereich? Gelingt beides, profitieren alle davon, die Krankenschwestern und -pfleger und als Konsequenz die Patienten. Mit der Lösung dieser Fragen beschäftigt sich Emmi Zeulner seit Langem. Nicht nur weil sie Bundestagsabgeordnete ist, sondern vor allem, weil sie den Beruf der Gesundheits- und Krankenpflegerin erlernt hat und ganz genau weiß, wie es in Kliniken und auch auf Intensivstationen aussieht.
„Mit dem Schwerpunkt Notfall- und Intensivpflege setzten wir uns zudem von anderen Hochschulen mit einem ähnlichen Angebot ab.“
Emmi Zeulner, Bundestagsabgeordnete
„Um diesen Job, der aus der Fürsorge kommt und früher vor allem von Frauen ausgeübt worden ist, optimal zu erledigen, muss die Gesellschaft verstehen, dass es für Krankenschwestern und -pfleger zwingend notwendig ist, auch Erfüllung in ihrer Tätigkeit zu finden“, sagt die CSU-Bundestagsabgeordnete mit Nachdruck.
Pflege heißt für sie vor allem auch, dass Beziehung gepflegt wird. Wenn der Beruf nur die Aussicht biete, die Arbeit wie am Fließband erledigen zu müssen, sei es schwierig, Menschen zu finden, die ihn erledigen wollen. „Eine Operation ist in ein paar Stunden vorbei. Aber um deren Folgen für den Patienten zu kompensieren und begreifbar zu machen, braucht es Zeit und Pflege“, betont Zeulner. Und natürlich die richtige Ausbildung, um diese kompetent leisten zu können.
Kritik am aktuellen Ausbildungssystem
Hier will die Lichtenfelserin ansetzen und bei der aktuellen Pflegeausbildung nachbessern. „Konnten sich die Berufsanfängerinnen und -anfänger früher noch die Fachrichtungen Krankenpflege, Kinderkrankenpflege und Altenpflege aussuchen, machen sie jetzt die Ausbildung zur Pflegefachfrau beziehungsweise zum Pflegefachmann. Dadurch ist die Ausbildung viel breiter und die Nachwuchsfindung beispielsweise für die Kinderkrankenpflege wird schwieriger “, beschreibt sie das seit 2020 geltende System.
Sie kritisiert zudem, dass es dadurch nicht mehr so leicht sei, beispielsweise in der Intensivpflege schon während der Ausbildung stärker Erfahrungen zu sammeln. Für viele Pflegerinnen und Pfleger sei der Übertritt auf eine Intensivstation dann noch schwieriger und dauere länger. Und das gerade in dem Bereich, in dem sowieso schon Personalmangel herrsche, was aktuell durch die Pandemie weiter beschleunigt werde.
Deswegen richtet Emmi Zeulner ihr Augenmerk auf die Akademisierung der Pflegeausbildung mit dem Schwerpunkt Intensivpflege. Ihr Ziel ist ein Studiengang in Oberfranken mit einem großen Praxisanteil, der durch Kooperationen mit allen Kliniken im Bezirk gewährleistet werden soll. „Es geht bei der Akademisierung darum, dass ein kleiner Teil des Pflegepersonals, Experten sprechen von zehn Prozent, akademisiert werden sollte. Dabei geht es nicht darum, Pflegekräfte vom Bett an den Schreibtisch zu bringen, sondern neuste wissenschaftliche Erkenntnisse direkt vom Hörsaal ans Bett.“
Vorbild soll Hebammen-Studiengang sein
Als Vorbild sieht die Bundestagsabgeordnete den von ihr mit initiierten Hebammen-Studiengang in der Region. So sollen die Intensivpflege-Studierenden eine ähnliche Vergütung in ihren drei Ausbildungsjahren erhalten – im ersten Jahr wären das aktuell 980 Euro. Mit diesem Anreiz will Zeulner es schaffen, dass der große Bedarf an Intensivpflegenden in Oberfranken besser gedeckt werden kann.

„Nicht erst die Pandemie hat mich zu dem Schluss kommen lassen, dass es einen Mehrwert bringt und als Ergänzung anzusehen ist, wenn ein kleiner Teil der Pflegenden eine akademische Ausbildung erhält“, fährt die Parlamentarierin fort. Als Beispiel nennt sie die in der Regel englischsprachigen Studien zu Covid-19, die durch entsprechendes wissenschaftliches Vorwissen leichter zu verstehen und in die Praxis umzusetzen seien.
„Deswegen ist ein wissenschaftlicher Hintergrund ein absoluter Mehrwert. Auch um sich als Pflege gegenüber den Ärzten zu emanzipieren.“ Der Studiengang Intensivpflege im Bezirk könnte da Abhilfe schaffen, weshalb Emmi Zeulner auch bei Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler vorstellig geworden ist. Denn die 34-Jährige will erreichen, dass er an der Hochschule Coburg angeboten wird, aber nicht in der Vestestadt, sondern in Lichtenfels.
„Neben Gesundheitsminister Klaus Holetschek hat auch Minister Bernd Sibler Wohlwollen signalisiert. Zudem haben wir mit der Hochschule Coburg und seiner Präsidentin Professor Dr. Christiane Fritze ein leistungsstarkes und zukunftsorientiertes Umfeld.“
In der Korbstadt könnten die Pflegekräfte ihren Abschluss als Bachelor, Master oder sogar Doktor ablegen und im Idealfall dann hier im Bezirk arbeiten. „Mit dem Schwerpunkt Notfall- und Intensivpflege setzten wir uns zudem von anderen Hochschulen mit einem ähnlichen Angebot ab.“
Ein Jahr keine Einkommenssteuer zahlen
Um den Beruf auch finanziell attraktiver zu gestalten, hat Emmi Zeulner folgenden Vorschlag: „Wir brauchen hier einen großen Wurf, um die Leistungen der Schwestern und Pfleger gerade in der Corona Pandemie zu würdigen, deswegen wäre ein Jahr Steuerfreiheit aufs Gehalt eine spürbare Anerkennung.“ Es müssten außerdem Dienste zu besonderen Zeiten, beispielsweise an Feiertagen, ganz grundsätzlich steuerfrei vergütet werden, so die Lichtenfelserin weiter. Des Weiteren sollten auch Altersteilzeitmodelle in der Zukunft für Pflegekräfte möglich sein.
Besonders freuen würde sich die 34-Jährige, wenn Frauen und Männer, die dem Beruf, vor allem in der Intensivpflege, in den vergangenen Jahren den Rücken gekehrt haben, durch den Studiengang in Lichtenfels wieder in den Bereich einsteigen. Letztlich wäre diese Hochschule ein Gewinn für alle – für die Profession der Pflege, die Patienten und nicht zuletzt für den Landkreis Lichtenfels, so Zeulner.