Der Klimaschutz ist eine der Herausforderungen der kommenden Jahre. Seit Mitte des Jahres arbeitet Anika Leimeister als Klimaschutz-Beauftragte am Landratsamt daran, diesen für den Landkreis Lichtenfels voranzutreiben. Wir sprachen mit ihr über einen Energienutzungsplan für den Landkreis, die Zusammenarbeit mit den Kommunen und das Potenzial von Regionalwerken.
OT: Welche Bilanz ziehen Sie nach einem guten halben Jahr als Klimaschutz-Beauftragte des Landkreises?
Anika Leimeister: Ich musste mich natürlich erst einmal einarbeiten. Dazu habe ich das Klimaschutzkonzept des Landkreises aus den Jahren 2012 und 2013 durchgearbeitet. Dann habe ich den Zustand beim Klimaschutz im Landkreis erfasst. Dabei habe ich mich bei den Kommunen im Landkreis persönlich vorgestellt, auch um herausfinden, welche Probleme es dort gibt, beziehungsweise welche Maßnahmen für den Klimaschutz dort angegangen werden.
Welche Projekte konnten Sie schon auf den Weg bringen?
Anika Leimeister: : Ich habe den Ist-Zustand analysiert und mit den Maßnahmen abgeglichen, die von den Kommunen angegangen worden sind. Nebenbei habe ich für die Sozialen Medien einige Beiträge über das Energiesparen, einen Umwelttipp und einen Leitfaden für PV Kleinanlagen erstellt. Für die Kommunen habe ich einen Energiespar-Leitfaden entwickelt, beispielsweise für Rathäuser. Beim Durcharbeiten des Klimaschutzkonzepts hat sich dann herausgestellt, dass uns da aktuelle Zahlen fehlen. Diese müssen also aktualisiert werden. Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten. Man könnte das bestehende Klimaschutzkonzept fortschreiben also lediglich neue Maßnahmen überlegen, und die Daten aktualisieren. Eine weitere Möglichkeit war, das von den Grünen vorgeschlagene Vorreiterkonzept zu erstellen.
Worum geht es in diesem Vorreiterkonzept?
Anika Leimeister: Darin sollen die Klimaschutzmaßnahmen aktualisiert und konkreter gestaltet werden. Außerdem soll darin das Ziel aufgenommen werden, im Landkreis bis 2040 klimaneutral zu werden. Schließlich sollen hier Strukturen geschaffen werden, den Klimaschutz voranzutreiben. Dann gibt es aber noch die spannende Möglichkeit stattdessen einen Energienutzungsplanaufzustellen. Bei diesem würde wie beim Vorreiterkonzept eine neue Ist- und Potenzialanalysedurchgeführt. Es würden also neue Zahlen berechnet und zusätzlich neue Maßnahmen entwickelt werden, die die Bürger und Kommunen umsetzen können. Aber hier gehen wir über das Vorreiterkonzept noch hinaus und erstellen auch Pläne. Oder anders gesagt: Ein Energienutzungsplan ist so etwas wie ein Flächennutzungsplan für Energie, im Prinzip das Klimaschutzkonzept 2.0. Den Kommunen würde dies übergeben werden, und diese können beispielsweise in ihrem Gebiet Wärme-Hotspots erkennen. Oder es gäbe ein Sanierungskataster, das zeigt, welche Gebäude saniert werden müssten. Zusätzlich wird analysiert, welche Energienetze und welche Energieerzeugungsanlagen es im Landkreis gibt. Außerdem würden Flächen aufgezeigt, die Potenzial für Windkraft- oder Photovoltaik-Freiflächenanlagen hätten. Des Weiteren soll die oberflächennahe und tiefe Geothermie untersucht werden. Auch zwei Schwerpunktprojekte: Erneuerbare Energien auf der Deponie Oberlangheim: PV Anlage mit Wasserstoffspeicher und ein Interkommunales Klärschlammkonzept sollen analysiert werden.
Wie sieht die Zusammenarbeit mit den elf Kommunen im Landkreis aus?
Anika Leimeister: Ich habe mich, wie gesagt, bei den Städten und Gemeinden persönlich vorgestellt. Manche Kommunen sind auch schon auf mich zukommen, haben nach Förderprogrammen gefragt oder baten um Vorschläge, den Klimaschutz voranzutreiben. Dann haben wir ein Treffen mit allen Bürgermeistern und den jeweils zuständigen Verwaltungsmitarbeitern für Energie und Klimaschutz organisiert. Hier habe ich meine Idee des Energienutzungsplans vorgestellt und angebotendie Erstellung zu koordinieren. Dafür gab es eine große Zustimmung. Anschließend wurde angesprochen, wie wir künftig zusammenarbeiten wollen, weil dies einfach Sinn macht. Ein weiteres großes Vorhaben ist unser Plan, erneuerbare Energieprojekte einfacher auf den Weg zu bringen. Hieraus ist die Idee der Regionalwerke entstanden. Mit diesen kann man Projekte vorantreiben zur Energieerzeugung oder zum Stromverkauf. Das würde den Ausbau der erneuerbaren Energien im Landkreis vereinfachen. All dies wurde in einem weiteren eigenen Treffen besprochen, und hierfür gab es große Zustimmung. Aktuell wird dieses Vorhaben ja auch in den Gremien der Städte und Gemeinden diskutiert. Letztlich lässt sich feststellen, dass der Landkreis und seine Kommunen enger zusammenarbeiten wollen. Eine weitere Idee ist, dass die Mitarbeiter der Verwaltung auch enger zusammenarbeiten. Dabei geht es nicht nur darum, jeweils einen Ansprechpartner in der Verwaltung zu haben, sondern das wir auch kooperieren, beispielsweise bei komplexeren Vorhaben, die ich nicht alleine bearbeiten kann. Hier können wir alle vom Wissen des anderen profitieren.
Kommen wir noch einmal zu den Regionalwerken. Kann man sich diese wie Stadtwerke vorstellen, die Strom erzeugen und verkaufen?
Anika Leimeister: Im Prinzip schon. So sind ja zum Beispiel die Lichtenfelser Stadtwerke ein Eigenbetrieb der Stadt, und mögliche Regionalwerke wären ein Eigenbetrieb der teilnehmenden Kommunen. Dieser wäre als Anstalt öffentlichen Rechts in einer Art Zweckverband zusammengeschlossen. Er könnte dann Tochterunternehmen als GmbH gründen, die sich dann um Geschäftsfelder wie Breitband, Stromvertrieb, Stromerzeugung oder ähnliche Bereiche kümmern. Die Idee hinter dem Ganzen ist, dass die die Kommunen im Landkreis Energie erzeugen und verkaufen und damit die Wertschöpfung in der Region bleibt. Damit bleibt das Geld ja auch im Endeffekt beim Bürger, denn wenn eine Gemeinde oder Stadt Geld verdient, kann sie damit ja beispielsweise einen Spielplatz bauen. Im Idealfall gibt es dann zehn oder 15 Windräder und dazu PV-Freiflächenanlagen, und den damit erzeugten Strom bietet er den Landkreisbürgern an. Das hätte den Vorteil, dass es kurze Wege gibt. Idealerweise wäre es gut, wenn wir irgendwann noch einen Stromspeicher hätten, exemplarisch soll im Zuge des Energienutzungsplan eine Möglichkeit hierfür am Beispiel der alten Deponie in Oberlangheim mit einer PV-Anlage i.V.m. Wasserstoffspeicher untersucht werden. Mit dem Argument, dass die Kommune die Wertschöpfung behält, findet man bei der Bevölkerung natürlich auch eine viel größere Akzeptanz. Denkbar wäre außerdem, dass in einer solchen GmbH der Grundstückseigentümer etwas von der Wertschöpfung erhält. Einfach gesagt: Eine Gemeinde kommt auf einen Landwirt zu, baut bei diesem im Wald oder auf dem Acker und beteiligt diesen am Gewinn.
Könnte ich beispielsweise als Bürger, in dessen Nähe nun ein Windrad gebaut wird, mich in irgendeiner Weise, sei es über das Grundstück oder über Gesellschaftsanteile daran beteiligen, um von dem in der Nachbarschaft erzeugten Strom zu profitieren?
Anika Leimeister: Ja klar, das soll die Grundlage bilden, um die Akzeptanz für die erneuerbaren Energien zu gewinnen. Prinzipiell könnten Genossenschaften bei Regionalwerken angeschlossen werden. Aber tatsächlichgehören kommunale Windräder oder PV-Freianlagen ja bereits indirekt dem Bürger, und dieser profitiert von diesen.
Welche Maßnahmen des integrierten Klimaschutzkonzepts von 2012 haben die Kommunen bislang umgesetzt?
Anika Leimeister: So pauschal lässt sich das nicht zusagen. Jede Maßnahme steht für sich, genauso wie jede Stadt und Gemeinde im Landkreis. Beim Themengebiet Kommunal im Klimaschutzkonzept ist jedenfalls schon sehr viel angegangen worden. Als Beispiel sei die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED genannt. Auch beim Komplex Mobilität wurde einiges umgesetzt. Es gibt aber auch Gebiete wie Bauen und Sanieren, hier wollen wir Lösungen mit den Kommunen zusammen erarbeiten. Und wie eben schon gesagt, wollen wir den Themenkomplex Energien ja mit den Regionalwerken und dem Energienutzungsplan massiv angehen.