Wegen des Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sollte am Dienstag im Amtsgericht ein Jugendschöffenprozess eröffnet werden. Angeklagt waren zwei junge Männer, die vor allem in Berlin „eingekauft“ hatten. Das, worum es ihnen ging, war vorwiegend Cannabis und dies wiederum zum Zwecke des Weiterverkaufs.
Als Staatsanwalt Tim Baum die Anklage gegen den 20-jährigen Angeklagten und seinen 21-jährigen Mitangeklagten verlas, da wurden auch im Saal 14 des Amtsgericht selten hohe Summen genannt. 600 Euro Verkaufserlös hier, 1200 Euro dort, 4000 Euro an jenem Datum 2021, 3000 Euro an diesem. Insgesamt sollte das im westlichen Landkreis wohnende Duo 2021 von seiner Berliner Bezugsquelle so viel Rauschgift bezogen haben, dass es einen eingenommenen Weiterverkaufswert von rund 30 000 Euro erreichte.
„Eigenen Kundenkreis“
Dass jeder der beiden Männer „einen eigenen Kundenkreis“ hatte, und es dadurch auch „keine gemeinsamen Kassen gab“, wie Rechtsanwalt Jochen Kaller erwähnte, war eine Voraussetzung dafür, weshalb es im Laufe des Prozesses zu einer Verfahrensabtrennung kommen sollte. Der 21-Jährige wird zu einem anderen Zeitpunkt verhandelt werden und so hatte der durch Kaller vertretene jüngere Angeklagte die volle Aufmerksamkeit des Gerichts.
Die Taten zu leugnen, fiel dem derzeit in Ausbildung befindlichen Mann nicht ein. Von dieser Seite aus machte er keine Umstände, legte Einsicht an den Tag und wusste diese gegen Ende des Prozesses auch zu formulieren: „Die U-Haft (Untersuchungshaft) hat mir schon die Einsicht ins Leben gezeigt (…) Ich möchte mit Drogen nichts mehr zu tun haben.“ Zwar sollte auch ein Polizist in den Zeugenstand treten, doch was er vorbrachte, sollte seitens des Angeklagten nicht in Abrede gestellt werden.
Doch es war interessant, was der Beamte zu erzählen wusste. Tatsächlich habe es zu dem Angeklagten schon einen Observationsbeschluss gegeben und Telefonüberwachung fand auch statt. Als Grund dafür nannte der Mann den Umstand, der schon einer Supermarkt-Mitarbeiterin im westlichen Landkreis verdächtig vorkam. Mehrmals nämlich überwiesen die beiden jungen Männer von dort mittels eines Online-Bezahldienstes Gelder in Richtung Berlin und immer jeweils in Höhe von 999 Euro.
„Das Ganze kam uns komisch vor“, zitierte der Beamte die besagte Supermarkt-Mitarbeiterin. Die Überwachungsmaßnahmen sollten letztlich zur Festnahme führen und im Falle des 20-jährigen Angeklagten womöglich auch zu einem Sinneswandel. Von Drogen habe er sich distanziert und pflege auch sonst ein eher solides Leben.
So geht er einer Ausbildung nach und hat auch keine Schulden. Einmal, mit 19, habe er Kokain probiert, doch dies „ohne Begeisterung“, wie Kaller es für seinen Mandanten ausdrückte. Alles in allem sei sein Mandant „eher der, der einem hilft, wenn man bewusstlos auf der Straße liegt“. Künftige Straftaten seien unwahrscheinlich und so empfahl Kaller eine Bewährungsstrafe.
Wie hoch diese im Jugendstrafrecht ausfallen könnte, das führte Staatsanwalt Baum in seinem Plädoyer aus: 18 Monate. Den Warnschuss der U-Haft, so Baum, habe der Angeklagte gehört und „der hat ihn veranlasst, das Leben umzukrempeln“. Jedoch empfahl Baum, die Höhe der Bewährungszeit auf drei Jahre lauten zu lassen, regelmäßige Abstinenznachweise und Suchtberatungstermine inklusive.
Ein Jahr Jugendstrafe erachtete Kaller für genügend, empfahl zwei Jahre Bewährungszeit, hielt Suchtberatung und Abstinenznachweise aber auch für geboten. Das Urteil sollte nach kurzer Beratungszeit auf 15 Monate Haft zur Bewährung lauten. Zugute hielt Richter Matthias Huber dem Verurteilten dabei, dass dieser „von Anfang an reinen Tisch gemacht“ und Aufklärungsarbeit geleistet habe.
Weiter Kontrolle notwendig
Jedoch: „Wir sind der Meinung, dass Sie nach wie vor Kontrolle benötigen.“ Deshalb wurde die Bewährungszeit auf drei Jahre festgelegt. So lange untersteht der Verurteilte, von dem alle durch Drogenverkauf eingenommenen Gelder einbezogen wurden, auch einem Bewährungshelfer.