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LICHTENFELS: Hildburghausen: Kühlraum war voll

LICHTENFELS

Hildburghausen: Kühlraum war voll

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    Die vierte Welle der Corona-Pandemie schlägt mit voller Wucht zu und sorgt in den Regiomed-Kliniken für eine teilweise dramatische Lage. So war in der vergangenen Woche in Hildburghausen (Thüringen) der Leichenkühlraum voll, sodass die Toten im Vorraum liegen mussten. Symbolfoto: Julian Stratenschulte/dpa
    Die vierte Welle der Corona-Pandemie schlägt mit voller Wucht zu und sorgt in den Regiomed-Kliniken für eine teilweise dramatische Lage. So war in der vergangenen Woche in Hildburghausen (Thüringen) der Leichenkühlraum voll, sodass die Toten im Vorraum liegen mussten. Symbolfoto: Julian Stratenschulte/dpa Foto: Julian Stratenschulte (dpa)

    Betagte Corona-Patienten mit schlechten Lebensaussichten werden nicht mehr intensiv versorgt, weil jüngere länger durchhalten. Auch sind alle Kühlfächer im Leichenraum voll, sodass die Toten im Vorraum abgestellt werden müssen. Dieses tragische Szenario spielte sich nicht zu Beginn der Pandemie vor 15 Monaten in Bergamo in Norditalien ab, es ist die aktuelle Realität am Regiomed-Klinikum im thüringischen Hildburghausen, gerade einmal 45 Minuten mit dem Auto von Lichtenfels entfernt.

    Geschildert werden diese bitteren Eindrücke von Chefarzt Dr. Robert Koburg beim Pressecall der Regiomed-Kliniken am Mittwochvormittag. Dabei zeichnen alle Ärzte und die Regiomed-Geschäftsführung ein dramatisches Bild der Covid-19-Pandemie, deren vierte Welle die Region mit voller Wucht getroffen hat; die Landkreise Hildburghausen und Sonneberg noch wesentlich stärker als Lichtenfels und Coburg.

    Glaubt man den Medizinern, drohen in Oberfranken die gleichen Szenen wie in Südthüringen. Hier beklagt Dr. Koburg, dass viele Nicht-Covid-Patienten, die eigentlich stationär betreut werden müssten, aufgrund der Pandemie-bedingt deutlich reduzierten Kapazität des Krankenhauses viel schneller in die ambulante Versorgung geschoben werden. „Das wird zu weiteren Opfern führen“, lautet seine pessimistische Vorhersage.

    Dabei sind die aktuellen Zahlen, die Regiomed-Hauptgeschäftsführer Alexander Schmidtke präsentiert, schlimm genug. In den Standorten werden 206 Covid-19-Patienten versorgt, davon 167 normal, 25 intensiv und davon 17 beatmet. Der Rest befindet sich auf Überwachungsstationen. Diese Kranken sind zu 90 Prozent nicht gegen Corona geimpft.

    Durchschnittsalter in Lichtenfels bei 61 Jahren

    Am Regiomed-Klinikum Lichtenfels liegen aktuell vier Personen mit Covid-19 auf der Intensivstation, von denen drei mit einer Herz-Lungen-Maschine am Leben erhalten werden. Deren Durchschnittsalter beträgt 61 Jahre. Das Pflegepersonal betreut 23 weitere Frauen und Männer auf der normalen Corona-Station – jeweils in Einzelzimmern, um die Virenlast nicht zu groß werden zu lassen. Laut Schmidtke nimmt die Klinik jetzt zwei weitere Intensivbetten in Betrieb, insgesamt sind 49 Betten gesperrt. Versorgt werden auf Anordnung der Regierung von Oberfranken in Lichtenfels seit dem 1. Dezember nur noch Corona-Patienten sowie Notfallpatienten und solche Patienten, deren elektive Behandlung aus medizinischen Gründen nicht verschoben werden kann.

    „Unser Personal ist maximal belastet, sowohl im Normal- als auch im Intensivbereich“, schildert Chefarzt Dr. Christoph Sommer die Situation im Klinikum der Korbstadt, in dem jetzt auch Soldaten der Bundeswehr die Pflegerinnen und Pfleger unterstützen. Dr. Sommer wirbt deutlich für die Impfung und berichtet davon, dass selbst Hochrisiko-Patienten dank ihres Impfschutzes mit einem günstigeren Krankheitsverlauf rechnen dürfen. Im Übrigen seien 90 Prozent des Klinikpersonals geimpft, trotzdem werde regelmäßig getestet, die Ungeimpften jeden Tag. Apropos impfen: Hauptgeschäftsführer Schmidtke ist aktuell am Überlegen, ob die Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) beim Impfen helfen könnten, doch dafür brauche es Impfstoffe.

    Jeweils zwei Injektionen eines Covid-19-Vakzins hätten vermutlich auch jenen beiden Patienten geholfen, von denen Dr. Claus Steppert, Chefarzt des Regiomed-Lungenzentrums in Coburg, berichtet. Die 33 und 43 Jahre alten Personen werden derzeit von einer Herz-Lungen-Maschine am Leben erhalten, die ältere ist bereits seit drei Wochen in dieser Therapie. „Diese Fälle zeigen, dass Corona nicht nur Ältere betrifft, sondern auch junge Menschen.“

    Leidtragende sind nicht selten diejenigen Nicht-Covid-19-Patienten, die eigentlich auf die Intensivstation gehören. So berichtet der Coburger Chefarzt Dr. Georg Breuer von zwei Personen in den 40-er und 50-er Jahren, denen jeweils ein Karzinom entfernt worden ist. Bei beiden war eine nachoperative Intensiv-Versorgung notwendig. Die Abwägung, wer wo und wie versorgt wird, erreiche mittlerweile eine „ethische Dimension“.

    Einen weiteren Aspekt im Zwiespalt Covid-19- und Nicht-Covid-19-Patient führt der Hildburghausener Chefarzt Dr. Koburg an. Er sagt, dass es zwar oft freie Intensivbetten gebe, diese aber teilweise nicht genutzt werden können, da in Mehrbett-Zimmern Covid-19- und Nicht-Covid-19-Patienten nicht gleichzeitig betreut werden können.

    Derweil wächst die Belastung für das Personal, und auch wenn die Hospitalisierungsquote vielleicht leicht zurückgehen mag, so steige doch die Zahl der Intensivpatienten, malt Dr. Koburg ein düsteres Bild.

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