Es kommt nicht oft vor, dass ein Richter und selbst ein Staatsanwalt einem Angeklagten bei Kinderpornografie viel zugutehalten. Doch im Falle eines 48-jährigen Handwerkers aus dem Raum Lichtenfels glaubte man diesem am Dienstag, dass er keine Neigung dazu hat. Schuldig war er dennoch. Der Besitz solcher Bilder sollte ihm eine 13-monatige Bewährungsstrafe nebst Geldauflage einbringen.
„Ich hab' niemals in meinem Leben solche Fotos angefragt“, beteuerte der Endvierziger. Ein Mann, der im Leben steht, einen einträglichen Beruf hat, verheiratet ist und bis dato im Leben völlig unbescholten war. „Ich bin ein ganz normaler Bürger“, erklärte er neben seinem Verteidiger Michael Linke sitzend und streifte damit den Umstand, wonach viele Menschen im Internet nach pornografischen Plattformen suchen.
Doch am 31. Oktober 2020 und am 7. September des Folgejahres war es mit der Normalität vorbei. Es seien ihm Bilderpakete zugeschickt worden, nach denen er nicht verlangt habe. „Das erste habe ich weitergeschickt ohne Absicht, das zweite gleich gelöscht.“
Erste Erklärung
Dass er erotische Bilder zu schätzen wisse, daraus machte der Mann keinen Hehl. Doch wieso sollten ihm von solch einer Plattform derartige Bilder zugeschickt werden. Der Angeklagte erklärte dies damit, dass auf dieser Internetseite auch die Möglichkeit zum Chatten bestanden habe, und dabei sei ihm etwas unverlangt zugesendet worden. „Man kann Nachrichten verschicken und bekommt Nachrichten – da war es dabei“, führte der Angeklagte gegenüber einer nachfragenden Schöffin aus.
Von Richter Matthias Huber erhielt er die Einschätzung, dass wohl tatsächlich „wenig dafür spricht“, dass er gezielt nach solchen Bildern gesucht habe. Denn dann hätte man auf seinem Computer mehr gefunden. Auch Staatsanwältin Melanie Edler hielt fest, dass er das erste Bilderpaket wohl weitergeschickt habe. Zudem hob sie hervor, dass er seinen Account löschte und vollauf geständig war.
Liebeserklärung
Diese Geständigkeit sollte während der Verhandlung sogar zu einer Liebeserklärung an seine Frau ausarten: „Meine Ehefrau steht hinter mir. Und da merke ich erst, wie wichtig eine Ehefrau ist. Ich will mit meiner Ehefrau Zeit verbringen, weiter will ich eigentlich nix.“
Auf ein Jahr und drei Monate Haft zur Bewährung plädierte Edler und zog dabei die günstige Sozialprognose des Handwerkers in Betracht, seine langjährige Unbescholtenheit, die feste Arbeit samt Ehefrau. Aber: „Damit der Angeklagte merkt, dass es eine Verurteilung ist“, plädierte Edler auch auf 2000 Euro Bewährungsauflage. Eines Bewährungshelfers bedürfe es in den kommenden drei Jahren der Bewährung nicht. Das sah Verteidiger Linke ähnlich, der ein Jahr Bewährungsstrafe und 1000 Euro für angemessen hielt.
Nochmals versichert
Letztlich war der Angeklagte wieder am Zug. Seine letzten Worte: „Ich will wirklich noch mal sagen, es war keine Absicht (…). Ich stehe nicht auf solche Sachen (…). Ich mache in dieser Hinsicht überhaupt nix mehr.“
Dann zog sich das Gericht zur Urteilsfindung zurück und kehrte wenige Minuten später wieder in den Saal 14 zurück. Wegen Verbreitung, Erwerbes und Besitzes von kinderpornografischen Schriften, verkündete Huber das Urteil in Höhe von einem Jahr und einem Monat Haft zur Bewährung. Dazu kommt noch die Bewährungsauflage von 2000 Euro.
Warum das Urteil so vergleichsweise milde ausfiel, sollte Huber so begründen: „Wenn jemand tatsächlich in dieser Welt zu Hause ist, findet man mehr Bilder, als bei Ihnen zu finden waren.“ Und weiter: „Es ist das erste Mal, dass Sie überhaupt vor Gericht stehen. Und wir haben keinen Zweifel daran, dass es das letzte Mal sein wird.“