Da war es wieder, das Gemeinschaftserlebnis an einem lauen Sommerabend bei Musik der Extraklasse auf dem Lichtenfelser Marktplatz, der mit Stühlen unter weißen Hussen in einem Konzertsaal verwandelt worden war. Das Klassik-Open-Air zog am Donnerstagabend wohl an die 500 Besucher an. Und auch in einen Bann. Klar, wer auf dem Klassik-Open-Air auftritt, der muss sein Handwerk beherrschen. Aber nicht jeder könnte behaupten, schon Weltstar Lang Lang aufgefallen zu sein. Kaan Baysal und Jan Čmejla können das.
Spenden für die „Stiftung unser Lichtenfels“
Im Grunde war es eines dieser unbemerkten Jubiläen. Fünf Jahre sind eine halbe Dekade und fast schon ein bisschen Jubiläum, wenngleich nicht rund. Zum fünften Mal zog es Ausnahmepianisten zu einem Konzert nach Lichtenfels, um durch ihr Können auch dazu beizutragen, der „Stiftung unser Lichtenfels“ ihr hilfreiches Wirken zu ermöglichen. Denn der Eintritt war frei und Spenden willkommen.

Es waren schöne Szenen, die sich vor Konzertbeginn ereigneten und auch so etwas wie Verbundenheit mit dem Ereignis demonstrierten. Da gab es Besucher, die nicht auf den weiß bezogenen Stühlen vor der Bühne Platz nahmen, sondern in der Annahme, dass diese vermutlich besetzt sein würden, ihre eigenen Sitzgelegenheiten mitbrachten.
Unter der Moderation von Roberto Bauer betraten dann Jan Čmejla und Kaan Baysal die Bühne. Der europäischen Fachwelt sind die beiden jungen Männer, der eine ein Tscheche, der andere ein Türke, wohlbekannt. Vor allem der 19-jährige Baysal gilt als einer der großen Pianisten von Morgen. Doch so etwas sagt man dem gleichaltrigen Čmejla auch nach. Im Alter von fünf beziehungsweise sechs Jahren erlernten sie das Klavierspiel, befassten sie sich mit Komposition und gewannen in der folge zahlreiche Preise und Goldmedaillen. Sie glänzten bei Festivals, beeindruckten sogar den großen Lang Lang.
Aufgrund seiner Erfolge arbeitete Čmejla schon mit namhaften Orchestern zusammen, so auch mit den Prager Symphonikern. Er schlug den ersten Akkord des Abends an und seine Wahl fiel dazu auf Robert Schumanns „Carnaval.“ Mit erstaunlich sanftem Anschlag, der Teil von Čmejlas Wesen zu sein scheint, meisterte er die Préambule. Er beeindruckte nicht nur durch sein außergewöhnlich präzises Spiel, sondern auch durch bewusst lang ausgekostete Pausen. Und doch war in seinem Spiel auch eine Nüchternheit zu finden, die nicht Abgeklärtheit war, sondern noble Reduzierung. In dieser Weise meisterte der Könner auch Schumanns „Arabeske.“ Nach seinem Auftritt sah man den jungen Mann, offenbar in Gedanken über seinen Auftritt, über den Marktplatz gehen und seinem Mitstreiter zusehen.
Die Töne perlen, während sich das Abendrot in den Fenstern spiegelt

Passend zum bald heraufziehenden Vollmond und noch während sich das Abendrot in den Fenstern umliegender Häuser spiegelte, stellte sich Kaan Baysal der „Mondscheinsonate“, wie die in Cis-Moll gehaltene Klaviersonate Nr. 14 op. 27 von Beethoven bezeichnet wird. Und auch er beeindruckte mit einem gefühlvollen Anschlag, der dem Adagio eine besondere Innerlichkeit verlieh. Vieles ist an der „Mondscheinsonate“ besonders, etwa die an eine Kompositionstechnik vor dem 18. Jahrhunderts angelehnten Passagen.

Unter freiem Himmel und von der Kulisse des schönen Marktplatzes umrahmt, wirkt „Mondscheinsonate“ besonders stimmungsvoll. Und macht den Charme des Klassik-Open-Airs aus. Auch die ungezwungene Atmosphäre trägt dazu bei. Das Publikum holt sich ein Glas Wein oder einen Snack vom Stand des Bäckerfachvereins Lichtenfels und genießt den Sommerabend mit der Kultur und dem Legeren.
Unter Baysals Händen sollte noch viel passieren. Erfrischend etwa die „Tritsch-Tratsch-Polka“ von Johann Strauss. Dann, nach gut zwei Stunden und einer Pause, war der Abend vorüber. Baysal und Čmejla werden in guter Erinnerung bleiben.