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LICHTENFELS: Kreuzsteine vor Lichtenfelser Finazamt: zur Sühne errichtet

LICHTENFELS

Kreuzsteine vor Lichtenfelser Finazamt: zur Sühne errichtet

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    Baudenkmal und Sagenort. Eine Geschichte erzählt von zwei Kreuzsteinen vor dem Finanzamt Lichtenfels. Archivfoto: Jeanette Weisser
    Baudenkmal und Sagenort. Eine Geschichte erzählt von zwei Kreuzsteinen vor dem Finanzamt Lichtenfels. Archivfoto: Jeanette Weisser Foto: Jeanette Weisser

    Der Gang zum Finanzamt fällt nicht immer leicht. Ist meine Steuererklärung korrekt ausgefüllt? Auf dem Weg kommt man vor dem Eingang an zwei Kreuzsteinen aus Sandstein vorbei. Haben diese Steine ohne Inschrift aus spätmittelalterlicher Zeit etwas mit einer Schuld zu tun? Wenn ja, dann ist es sicher keine Steuerschuld. Welche Geschichte und welche Rechtsauffassung steckt dahinter?

    Im Buch „Sagen und Legenden des Lichtenfelser Landes“ von E. u. K. Radunz wird erzählt: Überall herrschte im 16. Jahrhundert große Unsicherheit. Mordgesindel trieb sein Unwesen, Räubereien waren an der Tagesordnung. Es heißt: Zwei Flößer hätten einen Einbruch in der Stadt verübt; ihre reiche Beute hatten sie an dieser Stelle hinter Sträuchern im Graben versteckt. Bei der Teilung seien sie in Streit geraten und hätten sich derart zugerichtet, dass man sie am nächsten Morgen tot gefunden habe. Das ungeteilte Diebesgut habe neben ihnen gelegen. Damit die Seele der Erschlagenen die Lebenden nicht erschrecke, habe man zwei Leichensteine errichtet. Mithilfe eines Steines oder Kreuzes wurde für Ruhe gesorgt.

    Mahnmal beim Bau versetzt

    Ursprünglich standen diese Steine am Stadtausgang in der Flur „Heiligenbeete“ und „an der Straß“. Als 1931 an diesem Platz das Finanzamt errichtet wurde, verlegte man dieses namenlose Mahnmal in den Hinterhof des Finanzamtes, später kam es an den heutigen Standort.

    Steinverlegungen waren selten: Im Volksmund hieß es, das Versetzen von Sühnekreuzen bringe Unglück. In Archiven findet man nichts über diese beiden Kreuzsteine; dennoch sind sie heute in der Liste der Baudenkmäler in Lichtenfels. Im Wanderführer von Ulrich Streng zu den Kreuzsteinen im Landkreis Lichtenfels findet man sie ebenso.

    Wieso wurden solche Steine aufgestellt? Kreuzsteine oder steinerne Wegkreuze sind oft ein Zeichen der Frömmigkeit in der Flur und verweisen oft auf ein historisches Ereignis. Die Steinkreuze, die man heute noch in Tausenden von Exemplaren erkennt, sind in der Mehrzahl mittelalterliche Rechtsmale. Sie stammen aus der Zeit des ausgehenden 13. Jahrhunderts bis zum Ende des 16. Jahrhunderts. Urkunden geben über diese Sühnemale Aufschluss.

    Wo ein Mensch eines zwar gewaltsamen, aber nicht beabsichtigten Todes durch einen Dritten starb, wurde üblicherweise ein steinernes Kreuz aufgestellt. Totschlag im Affekt war im Mittelalter eine Privatangelegenheit, Gerichte kümmerten sich nur bedingt darum.

    Konnte der Täter sich mit den Hinterbliebenen des Erschlagenen auf gütlichem Wege einigen, war er von jeder weltlichen Strafe frei. In Verträgen wurde festgelegt, was der Täter zur Sühne für den Totschlag zu erfüllen hatte, normalerweise die Setzung eines Sühnekreuzes. Diese Kreuze sollten Vorübergehende zum Gebet für einen Verstorbenen, der ohne Sterbesakramente gestorben war, anhalten.

    Viele Mahnmale am Obermain

    Texte findet man auf echten Sühnekreuzen dieser Zeit nicht. Der einfache Bauer hätte es ohnehin nicht lesen können, Bilddarstellungen dominierten. Mit Einführung der Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V. im Jahre 1533 wurden private Abmachungen nicht mehr geduldet: Ordentliche Gerichte verurteilten den Täter nach dem neuen Recht. Die Sühneverträge waren offiziell abgeschafft.

    Von den 7000 Stein- und Sühnekreuzen in Europa sind 4000 in Deutschland, vorwiegend in Franken, der Oberpfalz, Thüringen, Sachsen und im Nordosten Baden-Württemberg. Viele dieser Zeugnisse der Vergangenheit sind auch am Obermain zu finden. Der Spinnstein bei Serkendorf erinnert an die Volkssage von der „Schbinnera“. Ein Bildstock in der Nähe des Weilers Eichelsee im Staffelsteiner Land erinnert an eine Erzählung vom Markustag.

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